Es grünt so grün
Ich spreche nur von Möglichkeiten. Zweitens wissen wir nicht genau, was die Nachwirkungen der damaligen Bomben waren, weil man nicht in der Lage war, Ursache und Wirkung in Korrelation zu bringen. Ich weiß nur, daß in jedem Fall dem Einsatz der Atombombe in längeren oder kürzeren Abständen Flutwellen, Erdbeben und andere „Naturphänomene“ gefolgt sind. Und jetzt zitieren Sie nicht, ich hätte gesagt, die Hilo-Flutwelle sei das Resultat der Nagasakibombe oder das Erdbeben von Chicagku sei vom Bikini-Versuch ausgelöst worden; denn das habe ich nicht gesagt. Ich weise nur darauf hin, daß diese Erscheinungen in einigermaßen gleichen Zeitabständen auftreten.
Sie sind also gegen die Bombe?
Der gesunde Menschenverstand ist dagegen. Aber das wird wohl keine Abschreckung sein.
Was würden Sie statt dessen vorschlagen?
Hätte ich ein Gegenmittel gegen das Gras, würde ich meine Zeit nicht damit vertun, mit Reportern zu reden. Ich arbeite daran. Wenn es entdeckt wird, von mir oder von jemand anderes, wird es ein wirkliches Gegenmittel sein, das die Struktur und das Verhalten des Cynodon dactylon verändert, so wie der Metamorpher es anfangs verändert hat. Äußerliche Waffen können bestenfalls – ich betone: bestenfalls – das Gras aufhalten, nicht aber es unschädlich machen. Der Kampf von Gleich gegen Gleich führt nur zum Patt.
Und so weiter. Die wenigen angesehenen Wissenschaftler, die sich überhaupt dazu herabließen, ihr zu antworten, und ihre Interviews nicht mit erhabenem Schweigen abtaten, belegten schnell die Absurdität ihrer Einwände. Kettenreaktionen und radioaktive Vorhut! Das gehörte auf die Unterhaltungsseiten der Wochenendausgaben, es hatte keinerlei wissenschaftliche Grundlagen; es gab keine mathematischen Symbole oder Laborexperimente, um diese erfundenen Gruselgeschichten experimentell zu stützen. Und keine äußerlichen Waffen anwenden, also wirklich! Sollte das Gras etwa hypnotisiert werden? Oder sollte man seine Verhaltensstrukturen ändern, indem man Psychoanalytiker entlang seiner Peripherie einsetzte und es in gruppendynamischen Sitzungen mit schlauen Worten überredete?
Ob nun wegen Miss Francis’ Prophezeiungen oder nicht, es ist nicht zu leugnen, daß ein gewisses Maß Angst die Entscheidung, die Bombe einzusetzen, begleitete. Bewohner von Arizona wollten, daß sie in Kalifornien abgeworfen wurde; San Fransisco pochte auf die Gerechtigkeit und betonte, wie nützlich es sei, sie dort zu zünden, wo das Gewächs ursprünglich entstanden war; alle wollten die Verheerungen in möglichst weiter Entfernung von sich selbst stattfinden lassen.
Zum Teil als Reaktion auf diesen Druck, zum Teil in Erwägung anderer Faktoren (einschließlich der Möglichkeil internationaler Auswirkungen), entschied die Kommission zur Bekämpfung gefährlicher Pflanzen sich für eine der am wenigsten schrecklichen Bomben auf der Liste. Nur eine kleine Bombe – kaum mehr als ein Spielzeug – sollte alle Ängste beschwichtigen und jedermann beruhigen. Wenn sie erfolgreich wirkte, könnte man eine größere oder eine Anzahl von kleineren einsetzen.
Als das abgeklärt war, blieb immer noch die Frage, wo man den Angriff starten sollte. Am Rand oder im Zentrum? Erneut kam es zu Kontroversen, aber ihnen fehlte der Enthusiasmus, an den sich die Veteranen des Salzstreits erinnerten; eine gewisse Müdigkeit in den Diskussionen war unübersehbar, als hätte man zuviel Erregung auf frühere Hoffnungen verschwendet und für diese nichts übriggelassen. Es gab wenig Groll und Ärger, als schließlich die Entscheidung bekräftigt wurde, die Bombe dort abzuwerfen, wo früher Long Beach gewesen war.
Als ich von den sorgfältigen Vorbereitungen las, die gemacht wurden, um das große Ereignis publizistisch abzudecken, von den Sonderkorrespondenten, Experten, Rundfunkleuten und Kameramännern, war ich aufrichtig dankbar dafür, kein Zeitungsmann mehr zu sein, den man willkürlich in die Luft oder an Bord eines schwankenden Küstenschiffs beordern konnte, und das auf die vage Chance hin, ich könnte genug von dem ganzen Vorgang sehen und verstehen, um einem Herausgeber für die mir bereiteten Unbequemlichkeiten auch noch etwas zu erstatten. Stattdessen saß ich zufrieden in meinem Apartment und hörte Radio.
Sei es, daß unsere Erwartungen zu hochgeschraubt gewesen waren, sei es, daß alle Augenzeugen gleichzeitig versagten: Rundfunkübertragungen und die später erscheinenden Zeitungen berichteten alle in
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