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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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der Monotonie einer Hymne der Erweckungsbewegung wiederholt, daß die Sowjetunion nur in Ruhe gelassen werden wollte, daß sie keine kriegerischen Absichten hatte, daß sie, wie Lincoln es über den bescheidenen Farmer gesagt hatte, nur auf das Land aus war, das „an meines grenzt“. Die Territorien der beiden Nationen berührten sich an keiner Stelle.
    Agitatoren wurden prompt ins Gefängnis geworfen, weil sie verkündeten, die Sowjetunion sei kein sozialistisches Land – wenn sie es überhaupt jemals gewesen sei; ihr Imperialismus entstamme unmittelbar aus ihrer Ablehnung der sozialistischen Idee. Als große imperialistische Macht, vor natürlichen Ressourcen strotzend, müßte sie unausweichlich mit der anderen großen imperialistischen Macht in Konflikt kommen. Mit aller Kraft hatten wir die russischen Ambitionen, soweit es ging, vereitelt; jetzt ergriffen sie die Gelegenheit, einen Rivalen auszustechen.
    Kongreßabgeordnete und Senatoren zerrissen in ihren jeweiligen Kammern die Luft mit wilden Zornesausbrüchen. In jeder Rede fand der Begriff „Dolchstoß in den Rücken“ seinen Platz. Zhadanov, seit dem Tode des geheiligten Stalin Chef der Sowjetunion, antwortete barsch: „Krieg ist kein Menuett. Wir warten nicht auf die kapitalistischen Schweine, um uns vor ihnen höflich zu verbeugen, bevor wir uns erheben, das Erbe Zar Iwans und unseres ruhmreichen, mitreißenden, verehrten Stalins zu verteidigen! Dolchstoß in den Rücken! Wir werden den Lakaien von Morgan, Rockefeller, Jack und Heinze den Dolch in jeden Teil ihrer Anatomie stoßen, den sie uns präsentieren!“
    Wie gewöhnlich wurden die immer wieder auftauchenden Propheten widerlegt, die ihre Seancen vor Ausbruch der Feindseligkeiten abhalten und stets voraussagen, es werde einen kurzen, entscheidenden Krieg geben – 1861 halten sie sechs Wochen erwartet; 1914 hatten sie sechs Wochen erwartet; 1941 hatten sie sechs Wochen erwartet. Diesmal waren sie sich ihrer Sache mehr als sicher; Raketen, Fernlenkgeschosse oder große Flugzeugflotten würden durch den Himmel jagen und die kriegführenden Parteien drei Stunden nach der Kriegserklärung zerstören – wobei man auf die Kriegserklärung natürlich verzichten könnte. In den großen Städten blieb kein Gebäude unbeschädigt und kaum ein Zivilist am Leben.
    Aber drei Stunden, nachdem Elmer Davis – der ein sofort neu-belebtes Kriegsinformationsministerium leitete – die Neuigkeiten in seiner bekannt monotonen Sprechweise verkündet hatte, standen New York, Chicago und Seattle immer noch, und das galt, drei Tage später, auch für Moskau, Leningrad und Wladiwostok.
    Erstaunen und Ungläubigkeit herrschten landweit. Das Empire State Building, das Palmolive Building, das Mark Hopkins – alle noch unbeschädigt? Erst als die Kommentatoren, nachdem sie nervös in alten Manuskripten gestöbert hatten, an die feierliche Absprache erinnerten, im Falle des eigentlich undenkbaren Kriegs niemals irgendwelche Luftfahrzeuge einzusetzen, die schwerer als die Luft waren, seufzte die Öffentlichkeit von Herzen erleichtert auf. Natürlich! Sowohl die Sowjetunion als auch die Vereinigten Staaten waren Nationen von unbefleckter Ehre, und bevor sie ein Versprechen zurücknahmen, würden sie lieber ein Dutzend Kriege verlieren. Jeder atmete leichter, keiner mußte mehr seinen Nacken überanstrengen, um in den Himmel zu spähen; in diesem Krieg würde es weder Bomben noch Raketen, noch Fernlenkgeschosse geben.
    Sobald die Überzeugung Platz gegriffen hatte, daß das Land vor dem Schicksal Hiroshimas sicher war, machte sich Erleichterung anstelle der panischen Angst breit, und zum ersten Mal war wieder etwas von dem alten Geist zu spüren. Es gab zwar keinen Ansturm auf die Rekrutierungsbüros, aber die Musterungsbehörden, die außer im äußersten Westen reibungslos arbeiteten, nahmen die Mobilisierung in die Hand; der Krieg wurde akzeptiert, vielleicht nicht mit Begeisterung, aber als unvermeidlicher Schicksalsschlag.
    Das Gras hatte die Ressourcen des Lands nicht so erschöpft oder ins Ungleichgewicht gebracht, daß sie nicht wieder ins Lot gebracht werden konnten, aber es hatte den empfindlichen Ablauf der Volkswirtschaft durcheinandergebracht. Das war auch in einem kranken Land – und das Gras hatte die Nation krank gemacht – in Friedenszeiten erträglich; aber „Krieg ist der Gesundheitszustand des Landes“, und der Präsident handelte schnell.
    Alle großen Industriezweige wurden auf der Stelle unter

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