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Es ist ja so einfach

Es ist ja so einfach

Titel: Es ist ja so einfach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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ihr Mann aufstand und sagte, er müsse wieder in die Schule, da seine Hilfslehrerin auf ihren Tee warte. Ich fragte: »Sind Sie zu zweit an dieser Schule? Das Dorf kommt mir so klein vor. Ist doch fein, daß Sie Unterstützung haben, nicht wahr, obwohl es gerade jetzt sowenig Lehrer gibt?«
    Er kniff mißbilligend seine schmalen Lippen zusammen. »Was die Hilfe betrifft — diese jungen Leute haben kein Gefühl für ihre Mission, für ihre Berufung. Sie füllen bloß ihre Zeit aus und sind im höheren Sinne keine Lehrer.«
    Das zu hören, dachte ich, ist mir eine Wohltat. Wenn er ein Lehrer >im höheren Sinne< war, wollte ich keinen von der Sorte mehr kennenlernen. Ich habe Leute, die mit so heiliger Miene von einer Berufung reden, nie leiden können. Vielleicht war der Umgang mit der jungen Lehrerin netter. Ich war bereit, sie gernzuhaben, selbst wenn sie nur aus einer großen Brille und Pubertätspickeln bestand.
    Mr. Morris verließ uns, indem er mit einer resignierten Miene, die alles andere als ein Kompliment war, sagte, er werde mich ja wahrscheinlich noch oft sehen, und drei Minuten später wurde ich so überrascht wie selten im Leben. Ich hörte auf dem Weg draußen leichte schnelle Schritte, einen Hopser und einen Sprung auf der Veranda, und ins Zimmer stürmte ein Mädchen, bei dessen Anblick ich mir verwundert die Augen rieb. War es möglich, daß ein so junges, fröhliches und ganz entzückendes Menschenkind aus dem stumpfsinnigen Gebäude nebenan hervorkam?
    »Hallo! Ich bin Trina Macleod, und Sie sind Helen Napier. Ich traf Mr. Morris am Tor und habe Ihren Namen geradezu aus ihm herausgequetscht. Und Sie wollen wirklich und wahrhaftig hierherkommen?«
    Sie freute sich. Tatsächlich freute sich jemand, daß wir kamen! Ich strahlte sie an. Aber schon mischte Mrs. Morris sich ein, indem sie mißbilligend sagte: »Ich hatte Sie gerade miteinander bekannt machen wollen.« Offenbar wurde die formelle Vorstellung hierzulande sehr wichtig genommen. »Dies«, fuhr sie fort, »ist die Hilfslehrerin Mrs. Macleod, und das ist Miss Napier.«
    Mrs. Macleod?« Bestimmt habe ich unziemlich den Mund aufgesperrt, doch es gelang mir, wenigstens in meinen Worten die Verblüffung nicht zu zeigen. Es erschien mir unmöglich, dieses Mädchen als Ehefrau zu sehen. Sie war so niedlich und sah aus wie neunzehn. Einerlei, ich verstand jedenfalls, was Mr. Morris gemeint hatte. Trina Macleod sah nicht aus wie eine Lehrerin.
    Sie nahm ihren Tee von Mrs. Morris höflich entgegen, machte aber zu mir rasch eine kleine Fratze, als sie angewidert auf die matte und lauwarme Flüssigkeit blickte, und wiederholte ihre Frage: »Sagen Sie, ist es wahr — ziehen Sie wirklich hierher?«
    »Ja, das ist unsere Absicht. Für eine Weile wenigstens. Es ist ja furchtbar nett hier für Leute, die das Landleben schätzen. Ein privater Strand sogar. Vermutlich hat man sich dergleichen vor dreißig oder vierzig Jahren leisten können.«
    Mrs. Morris fiel mit der Bemerkung ein, daß die Kapitalisten leider noch immer in der Lage seien, Das Volk — sie sprach das Wort in großen Buchstaben aus — von seinem natürlichen Erbe auszuschließen. »Mr. Muir, Ihr Nachbar, besitzt einen schönen Strand und erlaubt mir nicht, dort zu zelten.« Das klang recht grimmig, und für einen Moment dachte ich, daß Mrs. Catos Neffe vielleicht nicht gerade freundlich zu den Fremden sei. Aber dann überlegte ich mir, daß man ihm das nach allem, was ich von Zeltenden, an vielen Stränden, gesehen hatte, kaum übelnehmen könnte. Trina empfand offenbar dasselbe, denn sie schnitt, als Mrs. Morris aus dem Zimmer gegangen war, wieder die komische kleine Grimasse und sagte: »Ewig die Rechte des Volkes! Ganz krank macht mich das! Sie haben furchtbares Glück, daß Sie unten am Strand wohnen und nicht in dem Dorf. Sagen Sie mir doch, wann Sie einziehen, dann habe ich etwas, worauf ich mich freuen kann.«
    »Sehr bald schon. Ich berichte nur meinem Bruder, wie’s hier ist, und dann packen wir und erscheinen. Ich bin nicht sehr erpicht auf das Landleben, aber nachdem ich das Haus gesehen habe, könnte ich mir denken...«
    In dem Augenblick rief Mrs. Morris von der Küche her: »Die Glocke, Mrs. Macleod. Haben Sie’s nicht gehört?«
    Schuldbewußt sprang Trina vom Stuhl. »Die verflixte Schulglocke!« Und flüsternd fügte sie hinzu: »Nein, mit dem Tee, das macht nichts. Den schütte ich einfach in den Blumentopf hier. Das mache ich oft, und die Blume gedeiht dabei, was man

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