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Es ist ja so einfach

Es ist ja so einfach

Titel: Es ist ja so einfach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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von mir nicht sagen kann. Der Tee ist jedesmal scheußlich. Er bekommt den besten und ich nur den letzten Aufguß. Ich werde die Tage zählen...« Und schon war sie weg, sprang mit einem Satz von der Veranda und rannte hasenschnell über den Weg zum Schulhaus.
    Ich schaute ihr nach, noch etwas benommen, ging dann wieder zu Mrs. Morris, die die Tassen abräumte und bedankte mich für ihre Gastlichkeit. Dann konnte ich es nicht lassen, zu sagen: »Kaum vorstellbar, daß das junge Ding verheiratet ist! Sieht noch ganz wie ein Kind aus.«
    »Eine Witwe«, entgegnete meine Gastgeberin kurz. Es war zu merken, daß sie Witwentum tadelnswert fand. »Ist älter als sie aussieht, wenn auch noch viel zu jung für ihre Tätigkeit. Für jeden Beruf. Äußerst frivoles Geschöpf.«
    »Na, zumindest ist sie sehr hübsch.«
    »Nicht, wenn Sie ihr Gesicht richtig analysieren. Es macht nur den Eindruck, weil ihr Haar so lockig ist und die Art, wie bei ihr alles aufwärtsgebogen ist.«
    In den Worten lag keine Eifersucht, sondern Mrs. Morris spürte einfach nichts von Trinas wahrem Liebreiz, ihrer ungeheuren Anziehungskraft. Es war nicht bloß das lockige Haar, und die Aufwärtsbiegung der kleinen Nase, oder der Mund, wenn sie lächelte — es waren die großen grauen Augen mit den schwarzen Wimpern, ihr goldbrauner Teint, und vor allem ihr freundliches, vertrauensvolles Wesen. Gewiß war sie strenggenommen keine Schönheit. Ihr Mund war ziemlich groß, und etwas unordentlich war sie auch, hatte einen Fleck von bunter Kreide auf der Wange und trug ihr Lockenhaar ziemlich wild. Aber entzückend war sie, hatte etwas Leuchtendes und einen schwer zu beschreibenden Nimbus, der sicher viele Frauen und die meisten Männer faszinierte. Mit ihrer kleinen Gestalt und ihrem Temperament machte sie den Eindruck, als genieße sie das Leben in vollen Zügen, sogar in Edgesea.
    Aber Witwe? Nie hätte ich sie für eine Witwe gehalten. Witwen waren zwar oft schön, doch sie hatten ein Fluidum von Würde und Trauer um sich. Beides traf bei Trina nicht im mindesten zu. Sie sah sehr munter und ein bißchen töricht aus. Als ich abfuhr, dachte ich über sie nach, wie auch sonst über ungewöhnliche Menschen, die mir begegnen, und kam zu dem Schluß, daß entweder ihr Mann sehr bald nach der Heirat gestorben oder die Ehe unglücklich gewesen sein mußte. Den Eindruck, daß sie ernstlich — oder überhaupt — trauerte, hatte ich nicht. Und nachsichtiger folgerte ich, daß sie vielleicht ihren Kummer still und mit gewaltiger Courage in sich trug. Und dann, muß ich gestehen, lachte ich laut.
    Auf jeden Fall — Gott sei Dank, daß sie da war. Für uns, dachte ich, wird das sehr, sehr viel ausmachen, selbst wenn sie kein großes Licht sein sollte und eine Meile weit von uns wohnt. Peter wird Freude an ihr haben und wird — was sogar besser wäre — sich nicht in sie verlieben. Er hat sich ja bisher noch in keins der reizenden und klugen Mädels verliebt, mit denen ich ihn bekannt gemacht habe. Nett wird er zu Trina sein, wie ein Bruder — weiter nichts.
     

3
     
    Zehn Tage später standen Peter und ich auf der Veranda seines Hauses und genossen die Aussicht. Wieder hatten wir Glück, denn es war ein herrlicher Frühlingstag, an dem Peter sein Besitztum zum erstenmal sah. Es gefiel ihm sofort, das fühlte ich. Aber auch, daß er todmüde war. Thorny hatte ihn erst vor einer Woche aufstehen lassen und ihm nur zögernd erlaubt, so bald schon mit mir zu reisen. Er gab nur nach, weil Peter in fieberhafter Ungeduld darauf drang, aus der Stadt zu verschwinden und sein neues Heim kennenzulernen.
    Er tat einen tiefen Atemzug und sagte: »Es ist schön hier. Aber das wußte ich schon vorher. Wenn Mrs. Cato etwas gern hatte, durfte ich mich darauf verlassen, daß es gut war.«
    »Ja, mir gefällt’s ebenso. Aber willst du jetzt nicht lieber ‘reinkommen und dich hinlegen? In einer Stunde soll der Möbelwagen hier sein, dann werden wir zu tun haben.«
    »Ich werde mich hier in diesem Liegestuhl niederlassen. Ein Segen, daß schon einige Möbelstücke da sind.«
    Da es zwecklos war, ihm viel zuzureden, sorgte ich dafür, daß er wenigstens behaglich saß. Plötzlich schaute er hoch und sagte: »Das wäre ein guter Platz zum Schreiben, meinst du nicht auch?«
    Ich nickte, ohne weiter darauf einzugehen, weil Peter über seinen großen Wunsch, einen Roman zu verfassen, nur ungern sprach. Einmal hatte er zu mir gesagt: »Glaub nur nicht, daß ich mir einbilde, ich

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