Es ist ja so einfach
aber Augen von überraschend hellem Grau und einen beunruhigend forschenden Blick. Sein Mund war energisch, ziemlich hart, aber besonders attraktiv sah er nicht aus. Mein erster Gedanke war >wie scheußlich sich die Farmer doch anziehen<, denn er trug Manchesterhosen, ein graues, halsfreies Hemd und schwere plumpe Stiefel. Das brachte mich gleich gegen ihn auf, denn ich konnte weder dunkelgraue Hemden leiden noch Stiefel, die vielleicht manchmal eingefettet, aber bestimmt nicht oft blankgeputzt werden.
Ich sagte: »Guten Morgen. Ich bin Helen Napier, Ihre neue Nachbarin; wir hätten Sie gern kennengelernt.«
Er lächelte nicht und bot mir nicht die Hand, sondern maß mich nur mit einem langsamen Blick, der durchaus nicht von Bewunderung sprach. Das kränkte mich, da ich sicher war, einwandfrei gekleidet zu sein, wie die meisten Männer es liebten. Freilich, ich trug weite Strandhosen, aber sie waren tadellos nach Maß gearbeitet, und meine Hemdbluse ebenso, eine rote, die genau zu meiner Lippenfarbe paßte. Mein Haar war adrett frisiert und mein Make-up dementsprechend. Weshalb also dieser mißbilligende Blick? Doch gewiß nicht, weil ich gerade rauchte? So ein altmodischer Spießer konnte er eigentlich nicht sein, und doch lag in seinem Blick etwas, das auf mich wirkte, als hätte ich eine unsaubere Nase.
»Guten Morgen«, sagte er zwar auch ganz höflich, aber widerwillig. Angenehm erstaunt war ich über seine wohlklingende Stimme. Bei einem Mann mit solchen Stiefeln war ich auf ein böses Organ gefaßt. Dann erinnerte ich mich, daß er Mrs. Catos Neffe war und er eigentlich, selbst wenn er sich als harter, erdverwurzelter Bursche gab, noch Spuren von guter Erziehung und Bildung aufweisen müsse.
»Ein wunderbarer Platz, den sich Mrs. Cato für ihr Haus ausgesucht hatte«, sagte ich, fand mich aber bereits zu überschwenglich und war ärgerlich darüber. »Eine wirklich schöne Landschaft.«
»Ja. Schöner Strand und guter Ausblick«, gab er kurz und bündig zurück, und ich schwatzte unklug weiter: »Ich frage mich, ob Ihnen die Trennung von dem Land nicht schwer geworden ist.«
Er warf mir einen kalten, beinahe feindseligen Blick zu. »Das Land hatte schon mein Vater Mrs. Cato geschenkt, mich ging das nichts an.«
Also war er böse, daß Fremde es bekommen hatten. Das mag verständlich sein, und doch hätte er bei der ersten Begegnung ein wenig freundlicher sein können. Ich sagte: »Gewiß, es war sehr bedauerlich, daß das Haus so lange leer und ungenutzt blieb. Da freut es Sie hoffentlich, daß jetzt jemand darin wohnt.« Idiotisch von mir, so zu reden, da er doch offensichtlich nicht erfreut war.
»Freunde meiner Tante kamen im Sommer gelegentlich her. Ich habe mit ihnen allerdings keinen Kontakt gehabt.« Die Andeutung war klar: >So wenig wie ich mit Ihnen Kontakt aufzunehmen gedenke.< Gerade weil mich das ärgerte, lächelte ich ganz liebenswürdig. Wenn er diesen Ton beibehielt, wollte ich’s ihm ordentlich geben.
»Nun«, sagte ich, »von jetzt ab werden Sie ständig mehr als genug Nachbarn haben. Nicht bloß uns. Wir werden hier nämlich ein Autocamp eröffnen.«
Das saß! Einen Moment schwieg er wie vor den Kopf geschlagen, doch sein Gesicht verriet nichts, abgesehen vom leichten Einkneifen der Lippen. Behutsam sagte er: »Sie werden gute Geschäfte machen. Solche Camps sind an dieser Küste zur Zeit höchste Mode.«
»Das hoffe ich. Wir wollen es auch so reizvoll wie möglich einrichten. Unser Plan ist, unten am Strand Zeltplätze abzustecken und weiter oben ein Küchenhaus und andere Bequemlichkeiten zu bauen. Mein Bruder ist heute nach Thurston gefahren, um einen Zimmermann zu suchen.«
»Sie haben’s ja recht eilig.«
»Nein. Wir wollen aber noch von der Weihnachtszeit profitieren.« Das war häßlich von mir, aber er hatte mich doch so gereizt.
Er nickte wie beiläufig und schickte sich an, weiterzugehen. Da mich noch kein Mann so behandelt hatte, beschloß ich, einen weiteren Treffer zu landen.
»Es wird ein Zeltplatz ganz eigener Art«, sagte ich heiter, »weil wir unseren Gästen gestatten, ihre Lieblingstiere mitzubringen. Sie brauchen sich keine Sorgen um ihre Hunde oder Katzen zu machen, weil sie sie auf ihre Ferienreisen mitnehmen können. Es wird also nicht nur ein Camp für Menschen, sondern auch für Haustiere.«
Wie ihn das erschütterte! Er wandte sich mir ganz zu, seine grauen Augen blitzten. »Soll das heißen, daß hier überall Viecher herumrennen werden? Ich bin
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