Es ist ja so einfach
reden, wenn es uns je gelang, die Hypothek abzuzahlen. Einstweilen nicht.
Nachdem Trina uns ihren richtigen Namen enthüllt hatte, sagte Peter grübelnd zu mir: »Komisch, wie dieses Mädchen jeder Anspielung auf den lieben Verstorbenen ausweicht. Mir will es nicht einleuchten, daß sie den sonderlich geliebt haben soll.«
»Unsinn. Daß sie kaum von ihm spricht, ist ganz natürlich. Viele Menschen können es nicht ertragen, über Angehörige, die sie verloren haben, zu reden. Eben weil es ihr so nahegeht, kann sie es vermutlich nicht.«
»Nanu, das ist aber der >Tante Maudie< nicht würdig, die über so tiefgründiges Wissen von ihren Geschlechtsgenossinnen verfügt. Du weißt genau, daß alles, was sie überhaupt zu der Sache gesagt hat, sehr lauwarm klang. Sie merkt es, bricht ab und bekommt eine schuldbewußte Miene. Der Mann muß ein langweiliger Kerl gewesen sein, und das hat sie natürlich gemeint, als sie sagte, kein anderer habe sie Catriona genannt, und ihn als ernsten Schotten mit düsterem gälischem Gemüt hinstellte. Und das paßt absolut nicht zu ihr, diesem armen kleinen Karnickel.«
»Ich glaube, du willst es romantisch verbrämen, und ich fände es viel richtiger, du brächtest das alles in einem Buch, anstatt über Trina zu spekulieren.«
Gleich am letzten Schultag packte Trina ihre Sachen zusammen und verließ das Haus Morris. »Lieber Peter«, hatte sie gesagt, »komm mich abholen, ehe es dunkel wird. Es wäre mir unerträglich, dort nur noch eine Nacht zu logieren oder an einer dieser greulichen Mahlzeiten teilzunehmen. Der Salat im Garten wächst wie toll, ebenso die ekligen Radieschen, von denen ich immer den Schluckauf kriege. Und morgens zum Tee gibt’s neuerdings Schwarzwurzeln auf die Sandwiches! Ich komme mir vor wie ein Huhn mit Drehwurm. Komm nicht so spät, Süßer, nein?«
»Ich werde überhaupt nicht kommen, wenn du weiter so widerlich Süßer zu mir sagst! Da hört sich doch alles auf. Als wäre ich ein Kanarienvogel! Ihr Mädels nennt ja heutzutage jeden Mann puppig, oder Liebling. Zum Übelwerden.«
»Zum Krankwerden, Liebling. Versuche mal, etwas moderner zu sein. Na, auf jeden Fall kommst du, nicht wahr? Dann wird mir das Verabschieden leichter. Nicht, daß Mrs. Morris etwa Tränen vergießen würde. Sie liebt Zitate aus Shakespeare, und ihr könnt euch darauf verlassen, daß sie zu ihrem Mann sagen wird, welch >süßer Kummer das Scheiden< doch sei.«
»Alle Achtung, daß du das kennst! Tja, vielleicht bist du doch keine Analphabetin. Also schön, ich werde um fünf dort sein.«
Sonderbar war — wie er mir nachher erzählte — , daß Phyllis Morris keineswegs froh war, Trina zu verlieren. »Mir tut die Frau leid, sie ist vereinsamt und langweilt sich. Ist dir überhaupt schon aufgefallen, daß sie recht gut aussieht, zumindest aussehen könnte, wenn sie, wie du, den Sinn für die richtige Pflege hätte, liebe Schwester?«
»Ja, am ersten Tag hatte ich auch diesen Eindruck, aber ich beabsichtige nicht, in ihrem Fall zu missionieren. Morris ließe sich wahrscheinlich scheiden, wenn sie meinen Ratschlag, ihr Haar zu pflegen, ihre Lippen zu schminken und die Augenbrauen nachzuziehen, befolgte.«
»Er ist ein stumpfsinniger Banause. Kein Wunder, daß Trina rebellisch wurde. Zum Abschied hielt er eine grausliche Rede, die mehr kummervoll als ärgerlich klang. Aber hast du gehört, wohin sie in ihrer Ferienzeit wollen? Eine tolle >Orgie< wollen sie feiern, kann ich dir flüstern. Auf irgendeiner todernsten Konferenz. Vermutlich ist das seine Art, seiner kleinen Frau etwas Schönes zu bieten.«
»Oh! Na, wenn sie zurück ist, geh doch lieber hin und bitte sie, in unser Camp zu kommen, dann kann sie bei dir ja ihren ganzen geheimen Kummer auspacken. Und du wirst dann entschädigt für deinen Mißerfolg bei Trina, nicht wahr? Die sagt dir doch nicht, was du wissen möchtest, und ich merke wohl, daß dich das in deiner Eitelkeit kränkt.«
Davon gab er noch am selben Abend ein treffendes Beispiel. Als wir spät zu Abend aßen und Andy sich mit Venedig schon empfohlen hatte, sagte Trina plötzlich: »Liebe Leutchen, ich muß etwas beichten. Ich hätte es euch wohl schon eher erzählen sollen, aber ich finde immer, daß Vertraulichkeiten bloß alles komplizieren, nicht wahr?«
Ich wußte genau, was sie meinte. Manchmal gehen Menschen zu sehr aus sich heraus, und man bedauert hinterher für ewig, ihnen zugehört zu haben. Deshalb sagte ich rasch: »Liebe Trina, erzähle uns
Weitere Kostenlose Bücher