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Es ist ja so einfach

Es ist ja so einfach

Titel: Es ist ja so einfach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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Tatsächlich war der Junge zum erstenmal im Leben ein bißchen verliebt. Sicher nicht >Hals über Kopf<, aber doch, wie jemand es so schön ausgedrückt hat — >knöcheltief<. Vielleicht war das ein unangenehmes und auch etwas schmerzhaftes Erlebnis, doch auf lange Sicht konnte es ihm nicht schaden.
    Abgesehen von dem Problem mit Peter mußte ich ja auch die Bestellungen ausrichten und kam deshalb häufiger als sonst zu Melly und Alf, wobei ich schamlos neugierig nach der Ursache ihrer geheimnisvollen Fehde forschte. Der Sache mußte ich unbedingt auf den Grund gehen. Mein Interesse an menschlichen Schicksalen, das zu Weihnachten so betrüblich erloschen war, hatte sich wieder belebt, und so wollte ich erfahren, was eigentlich normale und gutmütige Leute wie diese beiden zu so unerhörtem Benehmen trieb.
    Beide waren von ihren persönlichen Leidenschaften geradezu besessen: Melly liebte die stachligen Kakteen, die ihr, wenn sie über Alf redete, so ähnelten, und ihr Mann schwärmte für recht lüsterne Bilder von weiblichen Filmsternen. Lagen hierin etwa die Gründe für ihr Verhalten?
    Melly jedenfalls war richtig vernarrt in ihre Pflanzen, vor allem in die eine, deren Blüte jeden Moment aufgehen sollte. Unsere nervöse Unruhe um die Hündin Venedig war gar nichts im Vergleich zu der Erregung, mit der sie dieses lange, spindlige und häßliche Ding hütete.
    »Aber, hat er denn noch nie geblüht?« fragte ich, mir den Anschein gebend, als begeisterten mich die drei oder vier dicken Knospen, die so aussahen, als würde ihr Aufplatzen unerfreuliche Folgen haben.
    »Es ist eine neue Art, eine ganz besondere«, erwiderte Melly. »Habe sie selbst gezüchtet, und die Leute sagen alle, daß sie prachtvoll ist. Manche machen sich ja nichts draus« — das kam mit einem unheilvollen Blick über den Fahrdamm heraus — , »Leute ohne Geschmack. Aber Ihnen würde es Freude machen, die Blume zu sehen. Kommen Sie doch her, sobald sie auf ist, ja?«
    Ich versprach das mit gespielter Begeisterung, wie meistens bei Dingen, die noch in unbestimmter Ferne liegen, und sie fuhr fort: »Ihr Bruder hoffentlich auch, sobald er wieder gesund ist, denn dem wird es Freude machen. Er ist ja auf Kakteen ganz erpicht.«
    Als ich heimkam und Peter dieser nicht zu ihm passenden Leidenschaft wegen verulkte, sagte er: »Nun ja, ich bin daran interessiert, weil ich als sicher annehme, daß diese elenden Pflanzen etwas mit dem Dauerstreit der beiden zu tun haben. Alf macht jedesmal, wenn Nelly verzückt vor ihnen steht, den Eindruck, als möchte er die Dinger alle kaputthauen. Bestimmt sind sie ihm ebenso zuwider wie dir.«
    »Na, der soll nur ruhig sein. Von seinem Geschmack in puncto Kunst halte ich nicht viel. Ich würde lieber über einem Kaktus tiefsinnig brüten als über diesen furchtbaren Bildern grienender Filmschauspielerinnen, mit denen er seine Wände bekleistert hat.«
    Peter erholte sich besser, als wir für möglich gehalten hatten. Der Arzt kam noch zweimal, sagte uns, der Virus sei durch die Arznei ausgetrieben, und Peter dürfe, wenn er vorsichtig bliebe, am Ende der Woche aufstehen. »Langsam angehen lassen und sich mit den Bronchien gut in acht nehmen«, sagte der nette vernünftige Arzt, der an dem allgemeinen Feiertag extra schnell zu einem nicht einmal gefährlich kranken Patienten gekommen war. Obendrein war das Honorar, das er für seine Leistung verlangte, viel zu gering.
    »An dem Mann gibt es aber wirklich nichts auszusetzen«, sagte ich zu Trina. »Redet kein unnötiges Wort und spielt sich nicht auf. Und von seiner Art gibt es viele.«
    »Ja, ich weiß. Auch der alte Doktor, den Angus damals vertreten hat, war so. Er soll seit Jahren schwer gearbeitet und nie einen Patienten im Stich gelassen haben. Manche freilich tun mächtig dicke und ihre Frauen nicht minder, die ständig reden, wie >fürchterlich viel< ihr Mann zu tun hat.«
    »Dann mußt du Pech gehabt haben. Mir sind Ärztefrauen von dieser Sorte noch nicht begegnet.«
    »Vielleicht lag’s ja zum Teil an mir. Ich glaube, Angus mochte sie auch nicht sonderlich leiden, nahm aber immer für sie Partei. Vielleicht ist er jetzt schon genauso einer geworden.«
    »Wenn es nur eine Stellvertretung war, ist er doch gewiß jetzt woanders?« fragte ich.
    »Kann sein, aber dieser alte Arzt war krank und Angus sollte bleiben, bis er wieder gesund wurde. Wer weiß, wo er nun ist!«
    Ihre Stimme klang traurig, und für einen Moment hatte auch ihr Gesicht einen traurigen

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