Es ist nicht alles Gold was glänzt
lachte.
»Harvard ist nicht sehr zimperlich in der Wahl seiner Geldgeber, hm? Dieser Knabe kennt mehr legale Schliche, um zu Geld zu kommen, als das Finanzamt.«
»Was Sie nicht sagen!« erwiderte Stephen unschuldig.
Die ›New York Times‹-Akte über Harvey Metcalfe war sehr umfangreich. ›Metcalfes Aufstieg vom Botenjungen zum Millionär‹, wie eine Schlagzeile lautete, war bewundernswert dokumentiert. Stephen machte sich sorgfältige Notizen. Fasziniert studierte er die Einzelheiten über die Firma Sharpley & Sohn, ebenso über den Waffenhandel und die paar Daten über Metcalfes Frau Arlene und seine Tochter Rosalie. Beide waren auf einem Foto abgebildet, aber zu einer Zeit, als die Tochter erst fünfzehn gewesen war. Da gab es auch lange Berichte über zwei Gerichtsverhandlungen vor etwa fünfundzwanzig Jahren, in denen Harvey belastet, aber niemals überführt worden war, und über eine jüngere Verhandlung im Jahre 1956, eine Aktientransaktion in Boston betreffend; Harvey war zwar wieder dem Zugriff des Gesetzes entronnen, aber der Staatsanwalt hatte den Geschworenen ziemlich deutlich seine Meinung über Mr. Metcalfe gesagt. Die jüngsten Pressenotizen fanden sich in den Klatschspalten: Metcalfes Gemälde, seine Pferde, seine Orchideen, seine Tochter, die Vassar erfolgreich absolvierte, und seine Reisen nach Europa. Kein Wort über die Prospecta Oil. Stephen bewunderte Harveys Fähigkeit, die zweifelhafteren seiner Aktivitäten in späteren Jahren vor der Presse geheimzuhalten.
Terry lud seinen Landsmann zum Lunch ein. Reporter sind stets auf neue Kontakte erpicht, und Terry fand, daß Stephen in dieser Beziehung recht vielversprechend aussah. Während sie aus der City ins West End hinüberkrochen, hoffte Stephen, daß das Essen die strapaziöse Autofahrt rechtfertigen würde. Er wurde nicht enttäuscht.
›Lacy's Restaurant‹ war angenehm durchlüftet, und auf den sauber gedeckten Tischen standen Osterglocken. Terry erklärte, das Lokal sei bei den Leuten von der Presse sehr beliebt.
Margaret Costa, die bekannte Kochbuchverfasserin, und ihr Mann Bill Lacy, der Küchenchef, verstanden wirklich etwas von ihrem Fach. Über herrlicher Brunnenkresse-Suppe, gefolgt von Médaillons de veau à la creme au calvados und einer Flasche Château de Peronne 1972 wurde Terry recht gesprächig. Er hatte Harvey Metcalfe bei der Eröffnung der Metcalfe Hall, zu der eine Turnhalle und vier überdachte Tennisplätze gehörten, in Harvard interviewt.
»Gibt sich der Hoffnung hin, eines Tages einen Ehrendoktorhut zu bekommen«, bemerkte Terry zynisch. »Aber da ist nicht viel drin, selbst wenn er eine Milliarde lockermacht.«
Stephen nahm diese Worte nachdenklich zur Kenntnis.
»Ich nehme an, Sie könnten bei der Amerikanischen Botschaft noch mehr Informationen über den Knaben bekommen«, sagte Terry. Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Oh verdammt, die Bibliothek schließt um 16 Uhr. Zu spät für heute. Es wird Zeit, daß ich in die Redaktion zurückgehe, um mein Nachmittagspensum zu erledigen.«
Stephen fragte sich, ob die Leute von der Presse jeden Tag so aßen und tranken. Und wenn ja –, wie sie dann überhaupt jemals eine Zeitung zustande brachten.
Er kämpfte sich durch das Gewühl hindurch zum 17.15-Uhr-Pendlerzug zurück nach Oxford. Aber erst, als er allein in seinem Zimmer war, machte er sich daran, die Ergebnisse der Recherchen dieses Tages durchzugehen. Trotz seiner Erschöpfung zwang er sich, am Schreibtisch sitzenzubleiben, bis der erste saubere Entwurf eines Dossiers über Harvey Metcalfe fertig war.
Am nächsten Tag nahm Stephen erneut den 8.17-Uhr-Zug nach London, diesmal jedoch mit einer Fahrkarte Zweiter Klasse. Der Schaffner betete wieder seinen Vers herunter, daß er den Speisewagen verlassen müsse, sobald er sein Frühstück beendet habe.
»Gewiß«, sagte Stephen, aber er trödelte über dem Kaffeerest in seiner Tasse bis zum Ende der einstündigen Fahrt herum und rührte sich nicht vom Fleck. Er war mit sich selbst zufrieden: auf diese Weise hatte er 2 Pfund gespart, und genauso hätte sich Harvey Metcalfe verhalten.
In Paddington angekommen, folgte er Terry Robards Rat und nahm ein Taxi zur Amerikanischen Botschaft, einem riesigen neunstöckigen Klotz von Gebäude, das eine ganze Seite von Grosvenor Square einnimmt. Es erschien ihm nicht ganz so elegant wie die prächtige offizielle Residenz des amerikanischen Botschafters in Regent's Park, die er im vergangenen Jahr anläßlich
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