Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Es ist nicht alles Gold was glänzt

Titel: Es ist nicht alles Gold was glänzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
Vom Netzwerk:
Stephen konnte nichts weiter tun, als der festgesetzten Stunde gefaßt entgegenzusehen.
    Auf die Minute pünktlich um 19.30 Uhr am Donnerstag kam Jean-Pierre. Stephen bewunderte das elegante Dinner-Jackett und die lässig gebundene Fliege, die sein Gast trug, während er an seinem kleinen, mit einer Klammer befestigten Konfektionsbinder herumfingerte, überrascht, daß Jean-Pierre Lamanns mit all seinem offenkundigen Savoir-faire ein Opfer der Prospecta Oil hatte werden können. Stephen stürzte sich in einen Monolog über die Bedeutung des gleichschenkligen Dreiecks in der modernen Kunst – nicht gerade ein Thema, über das er normalerweise ununterbrochen fünf Minuten lang freiwillig gesprochen haben würde. Aber von den mit Sicherheit zu erwartenden Fragen Jean-Pierre Lamanns' blieb er gottlob durch die Ankunft von Dr. Adrian Tryner verschont. Dieser hatte in den letzten Tagen ein paar Pfund abgenommen. Stephen erkannte sofort, weshalb seine Praxis in der Harley Street so gut ging: er war, um mit H.H. Monroe zu sprechen, ein Mann, dessen Aussehen Frauen in die Lage versetzte, über jegliche anderen Unzulänglichkeiten hinwegzusehen. Adrian maß seinen ungelenken Gastgeber mit prüfendem Blick und überlegte sich, ob er es wagen könne, sogleich mit der Frage, ob sie sich jemals begegnet seien, herauszurücken. Nein, lieber noch etwas warten – vielleicht würde sich des Rätsels Lösung beim Abendessen ergeben.
    Stephen stellte ihn Jean-Pierre vor, und die beiden unterhielten sich, während ihr Gastgeber den Abendbrottisch noch einmal einer kritischen Prüfung unterzog. Wieder öffnete sich die Tür, und eine Spur respektvoller als zuvor kündigte der Pedell ›Lord Brigsley‹ an. Stephen begrüßte ihn, plötzlich unsicher, ob er sich lediglich verbeugen oder ihm die Hand geben sollte. Obgleich James keinen der Anwesenden kannte – eine seltsame Versammlung, dachte er –, zeigte er keine Spur von Befangenheit und beteiligte sich ohne Umschweife am Gespräch.
    Selbst Stephen war platt über James' ungezwungenes Konversationstalent, aber er konnte nicht umhin, sich dessen akademische Leistungen im Christ Church College ins Gedächtnis zurückzurufen und sich im Hinblick darauf zu fragen, ob die Mitwirkung des edlen Lords wohl ein Plus für seine Pläne sein würde.
    Das Menü übte den beabsichtigten Zauber aus. Kein Gast hätte auch nur im entferntesten daran denken können, seinen Gastgeber zu fragen, warum das Abendessen überhaupt stattfände, wenn solch delikat mit Knoblauch gewürztes Lamm, solch zartes Mandelgebäck aufgetragen wurde.
    Als die Bediensteten schließlich abgeräumt hatten und der Portwein zum zweiten Mal herumgereicht wurde, konnte Adrian nicht mehr länger an sich halten. »Gestatten Sie mir die unhöfliche Frage, Dr. Bradley …«
    »O bitte, nennen Sie mich Stephen.«
    »Stephen – was um alles in der Welt ist der Zweck dieser exklusiven Versammlung?«
    Sechs Augen waren mit der gleichen bohrenden Frage auf ihn gerichtet.
    Stephen erhob sich und musterte seine Gäste. Er begann mit einer Berichterstattung sämtlicher Ereignisse, die sich in den letzten paar Wochen zugetragen hatten. Er erzählte ihnen von seinem Zusammentreffen mit David Kesler, seiner Anlage bei der Prospecta Oil und von dem Besuch des Betrugsdezernats und schloß seine sorgfältig vorbereitete Rede mit den Worten: »Gentlemen, die Wahrheit ist ganz einfach die, daß wir alle vier in der gleichen Patsche sitzen.«
    Jean-Pierres Reaktion kam noch, bevor Stephen zu Ende gesprochen hatte: »Mich dürfen Sie nicht mitzählen. Ich würde mich niemals in eine solch alberne Sache wie diese hineinziehen lassen. Ich bin ein bescheidener Kunsthändler, kein Spekulant.«
    Adrian Tryner antwortete ebenfalls wie aus der Pistole geschossen: »Noch nie etwas so Absurdes gehört! Mit mir haben Sie den falschen Mann erwischt. Ich bin ein Harley-Street-Arzt – von Öl habe ich keine Ahnung.«
    Stephen begriff nun, weshalb die Leute vom Betrugsdezernat Schwierigkeiten mit den beiden gehabt hatten und warum sie für seine kooperative Haltung so dankbar gewesen waren. Aller Augen fixierten nun Lord Brigsley, der aufblickte und ganz ruhig sagte:
    »Völlig richtig bis ins kleinste Detail, Mr. Bradley, und ich stecke noch tiefer im Sumpf als Sie. Ich habe für den Kauf der Aktien 150.000 Pfund auf meine kleine Farm in Hampshire aufgenommen, und ich glaube kaum, daß es lange dauern wird, bis die Bank darauf drängt, daß ich sie

Weitere Kostenlose Bücher