Es ist nicht alles Gold was glänzt
sie ihm zu – »obgleich ich sicher bin, daß wir irgendeinen Weg finden werden, Sir.«
Zwischen seinen Ausflügen kreuz und quer durch die Universitätsstadt verbrachte Stephen viel Zeit mit Nachdenken in seinem großen Ledersessel und noch mehr mit Schreiben an seinem Arbeitstisch. Am vierzehnten Tag war sein Plan fertig und konnte nun den drei anderen Mitverschworenen unterbreitet werden. Um mit Harvey Metcalfe zu sprechen: Stephen hatte die Show auf die Beine gestellt, und er war fest entschlossen, dafür zu sorgen, daß sie lange genug lief.
Adrian stand am Morgen nach dem Oxford-Dinner früh auf, um unangenehmen Fragen seiner Frau über seine Erlebnisse am Vorabend beim Frühstück zu entgehen. Sobald er sich davonmachen konnte, fuhr er nach London, wo er bei seiner Ankunft in der Harley Street von seiner tüchtigen Sekretärin und Empfangsdame, Miß Meikle, begrüßt wurde.
Elspeth Meikle war eine pflichtbewußte, herbe Schottin, die ihre Arbeit als Berufung empfand. Ihre Ergebenheit Adrian gegenüber – nicht, daß sie ihn jemals auch nur in Gedanken so genannt hätte – war offenkundig für jedermann.
»Innerhalb der nächsten vierzehn Tage wünsche ich so wenig Termine wie möglich, Miß Meikle.«
»Ich verstehe, Doktor.«
»Ich habe einige Forschungsarbeiten zu erledigen, und ich will nicht gestört werden, wenn ich allein in meinem Zimmer bin.«
Miß Meikle war etwas erstaunt. Zwar hatte sie keinen Moment daran gezweifelt, daß Dr. Tryner ein guter Arzt war, aber sie hatte es in der Vergangenheit noch nie erlebt, daß er sich Forschungsarbeiten hingab. Lautlos trottete sie auf ihren weißbeschuhten Füßen hinaus, um die erste einer Schar beneidenswert gesunder Ladys für Dr. Tryners Sprechstunde hereinzulassen.
Adrian betrat sein Sprechzimmer. Er begann den Morgen damit, mehrere Telefonate zu führen, unter anderem zwei Übersee-Gespräche mit dem Bostoner Krankenhaus und einige mit einem führenden Gastroenterologen, dessen Famulus er in Cambridge gewesen war. Dann drückte er auf den Summer, um Miß Meikle hereinzurufen.
»Gehen Sie doch bitte zu K.H. Lewis hinüber, Miß Meikle, und holen Sie mir zwei Bücher auf mein Kreditkonto. Ich möchte die neueste Ausgabe von Poison und Tattersalls ›Klinischer Toxikologie‹ und das Buch von Harding Rain über Unterleib und Blase.«
»Ja, Sir«, sagte sie, ohne mit der Wimper zu zucken und fand nichts dabei, ihr Mittagssandwich auf später zu verschieben, um die Bücher rechtzeitig zu holen, damit Adrian sie bei seiner Rückkehr von seinem üblichen Club-Lunch vorfände.
Sie lagen auf seinem Schreibtisch, als er zurückkam, und er begann, sie sorgfältig zu studieren. Den nächsten Tag verbrachte er im St. Thomas Hospital; er hatte seine Morgensprechstunde ausfallen lassen und sah statt dessen zweien seiner Kollegen mit konzentrierter Aufmerksamkeit bei der Arbeit zu. Sein Vertrauen in den Plan, den zu entwerfen er begonnen hatte, wuchs. Er ging zur Harley Street zurück und machte sich, wie in seinen Studententagen, einige Notizen über die Techniken, die er beobachtet hatte. Dabei erinnerte er sich an Stephens Worte: »Denken Sie, wie Harvey Metcalfe denken würde. Denken Sie nicht wie ein umsichtiger Fachmann, sondern wie ein risikofreudiger Spekulant.«
Adrian lag schon beinah auf gleicher Wellenlänge wie Harvey Metcalfe – er würde es mit dem Amerikaner, dem Franzosen und dem Lord durchaus aufnehmen können, wenn er an der Reihe war, seinen Plan darzulegen.
Jean-Pierre kehrte am nächsten Tag aus Oxford zurück. Keiner der jungen Künstler hatte ihn besonders beeindruckt, obgleich seiner Ansicht nach Anthony Bambers Aquarelle recht vielversprechend aussahen; er nahm sich vor, dessen künftige Arbeiten im Auge zu behalten. Nach seiner Ankunft in London begann er – gleich Adrian und Stephen – mit seinen Nachforschungen. Der vage Einfall, der ihm im Eastgate Hotel gekommen war, nahm allmählich Form an. Mit Hilfe seiner zahlreichen Verbindungen auf dem Kunstmarkt überprüfte er sämtliche Käufe und Verkäufe impressionistischer Gemälde größerer Künstler während der letzten zwanzig Jahre und fertigte eine Liste der Gemälde an, von denen anzunehmen war, daß sie sich augenblicklich auf dem Markt befanden. Dann trat Jean-Pierre mit dem einzigen Menschen in Verbindung, in dessen Macht es lag, seinem Plan zur Umsetzung in die Tat zu verhelfen. Der Mann, dessen Hilfe er so nötig brauchte, David Stein, war glücklicherweise in
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