Es ist nicht alles Gold was glänzt
bereitgestellt worden war. Er ließ sich auf seinen Stuhl fallen.
»Daddy, fehlt dir etwas?« fragte sein älterer Sohn William.
»Nein, nein – es geht mir gut. Kommt, laßt uns jetzt ein Eis essen und Coca-Cola trinken.«
Beide Jungen waren wie verwandelt: Eis und Coca-Cola lösten ganz andere Gefühle aus als die Tatsache, die Schleppe dieser komischen Robe tragen zu müssen.
Adrian entledigte sich seiner Kostümierung – des Talars, des Baretts, des weißen Querbinders und der Beffchen – und legte alles in einen Koffer. Als er auf die Straße trat, sah er gerade, wie der echte Vizekanzler, Mr. Habakkuk, auf der anderen Straßenseite aus Jesus College heraustrat und sich offensichtlich auf den Weg zur Garden Party machte. Adrian schaute auf seine Uhr: Wären sie nur fünf Minuten später dran gewesen, hätte der ganze Plan mit einem Fiasko geendet.
In der Zwischenzeit hatte Stephen einen großen Bogen geschlagen und steuerte auf Shepherd & Woodward zu, das Ausstattungsgeschäft, das die Universitätsgarderobe für offizielle Anlässe liefert. In Gedanken war er damit beschäftigt, wie er James am besten eine Botschaft zukommen lassen könnte. Vor dem Schaufenster des Ladens machten Stephen und Harvey halt.
»Was für herrliche Roben!«
»Das ist der Talar eines Doktors der Literatur. Würden Sie ihn gern anprobieren, um zu sehen, wie er Ihnen steht?«
»Das wäre großartig. Aber werden die da drin das erlauben?« fragte Harvey.
»Ich bin sicher, sie haben nichts dagegen.«
Sie betraten das Geschäft, Stephen noch in seiner vollen akademischen Aufmachung, als Doktor der Philosophie.
»Mein Freund möchte gern den Talar eines Doktors der Literatur sehen.«
»Selbstverständlich, Sir«, sagte der Verkäufer, dem nicht daran gelegen war, sich mit einem Fellow der Universität auf eine Diskussion einzulassen.
Er verschwand im Hintergrund des Ladens und kam mit einem herrlichen roten Talar mit grauem Besatz und einem schwarzen, weichen Samtbarett zurück. Mit Todesverachtung wagte sich Stephen noch weiter vor.
»Probieren Sie es doch einmal an, Mr. Metcalfe, damit wir sehen, wie die akademische Amtstracht Sie kleidet.«
Der Verkäufer blickte leicht verstört drein. Er wünschte, Mr. Venables käme von seiner Mittagspause zurück.
»Bitte kommen Sie mit in die Kabine, Sir.«
Harvey entschwand. Stephen eilte hinaus auf die Straße.
»James, kannst du mich hören …? Zum Teufel, gib doch endlich Antwort … James!«
»Reg dich ab, alter Knabe. Ich habe verfluchte Schwierigkeiten, diese lächerliche Robe anzuziehen, und außerdem sind es ja noch siebzehn Minuten bis zu unserem vereinbarten Termin.«
»Streich ihn.«
»Ihn streichen?«
»Ja, und sag es auch Jean-Pierre. Meldet euch beide per Funk bei Adrian und kommt so schnell wie möglich zusammen. Er wird euch den neuen Plan mitteilen.«
»Neuen Plan! Stephen – ist was schiefgegangen?«
»Nein, nein – alles läuft bestens, besser als ich zu hoffen gewagt habe.«
Stephen schaltete sein Funkgerät ab und sauste in den Laden zurück.
Harvey – als Doktor der Literatur gewandet – kam gerade aus der Kabine. Ein groteskerer Anblick hatte sich Stephen seit Jahren nicht geboten.
»Sie sehen prächtig aus!«
»Was kosten die?«
»Ungefähr 100 Pfund, glaube ich.«
»Nicht doch. Ich meine, wieviel würde ich geben müssen …?«
»Keine Ahnung. Das müßten Sie mit dem Vizekanzler nach der Garden Party besprechen.«
Nach einem langen sehnsüchtigen Blick auf sein Spiegelbild ging Harvey wieder in die Umkleidekabine zurück, während sich Stephen bei dem Verkäufer bedankte und ihn beauftragte, Talar und Barett einzupacken, zum Clarendon Building zu schicken und es dort beim Portier auf den Namen von Sir John Betjeman abgeben zu lassen. Er zahlte in bar. Der Verkäufer sah noch verstörter drein.
»Ja, Sir.«
Er wußte nicht, was er tun sollte, außer zu beten, Mr. Venables möge zurückkommen. Etwa zehn Minuten später wurden seine Gebete auch erhört; aber da waren Stephen und Harvey längst auf dem Weg ins Trinity College zur Garden Party.
»Mr. Venables, ich wurde gerade beauftragt, die D.Lit.-Amtstracht Sir John Betjeman ins Clarendon Building zu schicken.«
»Komisch. Wir haben ihn doch für die Zeremonie von heute morgen schon vor Wochen ausgestattet – wozu braucht er wohl noch eine zweite Garnitur?«
»Er hat bar bezahlt.«
»Dann schicken Sie sie 'rüber ins Clarendon, aber vergewissern Sie sich, daß sie auch
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