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Es ist nicht alles Gold...

Es ist nicht alles Gold...

Titel: Es ist nicht alles Gold... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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beide nicht, was, altes
Mädchen?«
    Mir kam der Gedanke, daß ich vielleicht
Clotilde fragen sollte, was sie in der Mordnacht gesehen hatte. Aber sie hätte
mir sowieso nicht antworten können, da sie kopflos war. Sharon McCone, ich
glaube, du drehst langsam durch, sagte ich mir, während ich mich auf dem
schmalen Sofa hin und her wälzte, um eine halbwegs bequeme Lage zu finden.
Vielleicht kam es daher, daß die Umgebung mir fremd war, vielleicht hatte
dieser Schauplatz eines Mordes doch etwas Unheimliches für mich — ich konnte
auf jeden Fall nicht einschlafen. Jedesmal riß mich das plötzliche Bewußtsein,
daß ich gleich in Schlaf fallen würde, ruckartig in die Höhe, und ich war
prompt wieder hellwach. Mein Körper zuckte, und ich fuhr in dem Gefühl zu
fallen vom Sofa hoch. Als ich auch noch anfing, merkwürdige Geräusche zu hören
und mir darüber Gedanken zu machen, wie isoliert ich hier war, zwischen lauter
leerstehenden und ausgebrannten Häusern, wurde ich richtig zornig auf mich selbst
und rettete mich ins Schäfchenzählen. Das wirkte wie immer.
    Ich träumte, ich jagte Edwin, die
kleine Schaufensterpuppe mit den Eisenschuhen, durch ein Labyrinth, das sich
unter dem Verkaufsraum des Antiquitätenladens aufgetan hatte. Er rannte mit
klappernden, klirrenden Schritten vor mir her, und ich erwischte ihn nie.
Überall in dem Labyrinth hingen Spinnweben, denen ich auszuweichen versuchte,
indem ich Haken schlug, aber es fruchtete nichts. Eine der Spinnweben streifte
mein Gesicht mit böser, spottender Liebkosung. Ich schrie vor Entsetzen laut
auf.
    Und fuhr aus dem Schlaf, sicher und
wohlbehalten zurück im Laden. Nur war ich nicht allein. Es war jemand hier; die
Person, die mich berührt hatte und jetzt zum Hinterzimmer lief, wo eine Tür ins
Freie führte.
    Ich warf die Decke ab, sprang auf und
rannte dem Fremden nach, ohne mir zu überlegen, was ich tun wollte, falls ich
ihn erwischte. Unterwegs griff ich einen Hammer, der auf der Werkbank lag,
rannte weiter, prallte unversehens mit einer dunklen Gestalt zusammen.
    Ich schwang den Hammer, aber da
wirbelte der Fremde herum, packte mich, und der Hammer flog in hohem Bogen
durch die Luft. Ich folgte nach und landete krachend auf einem, wie ich später
entdeckte, echten nachempfundenen Schirmständer, circa 1900. Der Eindringling
riß unterdessen die Tür auf und floh. Ich hörte nur noch das Hallen seiner
Schritte auf dem Pflaster.
    Ich blieb erst einmal auf dem Boden
liegen. Ich bekam kaum Luft, und Tränen des Schmerzes schossen mir in die
Augen. Nach einer Weile stand ich auf und schaltete das Licht ein, um zu sehen,
was ich abbekommen hatte. Am linken Arm war eine lange Schramme, und am Bein
zeigten diverse Beulen, daß sie sich bald verfärben würden, aber ansonsten
hatte ich offenbar keinen ernsten Schaden davongetragen. Der gebrechliche
Schirmständer war hinüber.
    In diesem Laden gab es etwas — oder
hatte es etwas gegeben — , was jemandem so wichtig war, daß er um halb vier Uhr
morgens durch die Hintertür eingebrochen war. Wer war dieser Jemand? Ganz gewiß
nicht Charlies alter Freund, der Sensenmann. Der brauchte keine Schlösser
aufzubrechen.
    Nachdem ich die Tür zugemacht und
abgesperrt hatte, räumte ich die Sachen weg, die dort herumstanden, damit sie
die Verfolgung nicht behinderten, falls er zurückkommen sollte. Wenn der
Einbrecher wirklich wiederkam, dann hatte ich ihn. Aber ich war ziemlich
sicher, daß er nicht so leichtsinnig war. Ich ging wieder nach vom und
überlegte, ob ich mich noch einmal hinlegen oder, was das Vernünftigste gewesen
wäre, nach Hause fahren sollte. Mir saß der Schreck immer noch in den Gliedern,
und mir war klar, daß dieses verlassene Haus mitten in der Nacht, wenn in der
Salem Street nichts mehr los war, ein gefährlicher Ort war. Joan Albritton
hatte hier den Tod gefunden.
    In lautloser Hast packte ich meine
Tasche und meine Jacke. Das Klirren splitternden Glases tönte auf der Straße,
und ich warf mich zu Boden. Es mußte noch ein paarmal knallen, bis ich merkte,
daß der Angriff nicht dem Haus galt, in dem ich mich befand. Während der Krach
draußen weiterging, kroch ich zum Fenster und sah vorsichtig zur Straße hinaus.
    Im Licht der Straßenlampe an der Ecke
sah ich, daß das große Schaufenster des Trödelladens eingeschlagen war. Und
gleich darauf kam Charlie herausgestürzt und schaute erregt erst in die eine,
dann in die andere Straßenrichtung. Ein paar Sekunden blieb er in

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