Es ist nicht alles Gold...
dem
Scherbenhaufen auf dem Bürgersteig stehen, dann bückte er sich und hob etwas
vom Boden auf. Es sah aus wie ein Ziegelstein.
Die Anschläge hatten also wieder
begönnen.
Immer noch zitternd, ging ich zur Tür,
sperrte auf und trat auf die Straße. Jetzt war alles still. Nur Charlies
erbittertes Geschimpfe war zu hören. Ich wollte schon zu ihm hinübergehen, da
hielt ich an. Ich hatte die Ladentür offengelassen, eine Einladung für jeden,
der heimlich in den Laden wollte, für den Unbekannten, der eingebrochen war,
während ich geschlafen hatte. Angenommen, er hatte noch nicht gefunden, was er
suchte... Ich kehrte hastig um.
War das vielleicht überhaupt der Zweck
des Anschlags auf den gegenüberliegenden Trödelladen gewesen? Hatte der Täter
gehofft, mich damit aus dem Laden zu locken? Wenn ja, so war ihm das beinahe
gelungen.
Und was hatte ich auf der Straße
gesehen, als ich durch das Fenster geschaut hatte? Ein klares Bild war es nicht
gewesen, eher der Eindruck einer untersetzten, kräftigen Gestalt, die den
Bürgersteig entlanglief und mit den Schatten verschmolz. Es konnte derselbe
Mensch gewesen sein, mit dem ich wenige Minuten vorher zusammengestoßen war.
Das Herz schlug mir bis zum Hals, als
ich zum Sofa zurückkehrte und mich in die Wolldecke kuschelte, wobei ich voll
Sehnsucht an mein warmes, weiches Bett zu Hause dachte. Aber jetzt nach Hause
fahren, das kam nicht in Frage. Wenn der Eindringling nicht gefunden hatte, was
er suchte, dann war es meine Aufgabe zu bleiben und den Laden zu hüten. Ich
konnte mich wenigstens damit trösten, daß er mich, als ich ihn verfolgt hatte,
nur weggestoßen, aber nicht angegriffen hatte.
Zum erstenmal seit der vergangenen
Nacht, als ich die Blutflecken und die Kreideskizze auf dem Boden gesehen
hatte, die in aller Deutlichkeit von dem schrecklichen Schicksal Joan
Albrittons sprachen, wurde der Mord für mich wieder ganz real und berührte mich
hautnah.
In die Wolldecke gehüllt hockte ich auf
dem Sofa, zum Trost an Clotilde gelehnt, und wartete auf den Morgen.
10
Es wurde nur langsam hell. Nach einer
Weile, als der Schreck über die nächtlichen Ereignisse nachließ, döste ich ein
und fiel dann, als es zu tagen begann, in einen tiefen Schlaf, der mich, wenn auch
nur von kurzer Dauer, erfrischte. Gegen neun Uhr erwachte ich von
Hammerschlägen auf der Straße.
Ich ging zum Fenster und sah in einen
sachte fallenden Nieselregen hinaus. Drüben war Charlie dabei, die
eingeschlagene Schaufensterscheibe zu verbrettern. Der feine Regen strömte auf
ihn herab und machte sein langes graues Haar naß.
Ein wenig gedrückt von dem grauen
Morgen ging ich in das kleine Badezimmer hinter dem Laden, um mich frisch zu
machen. Ich glättete meine zerknitterten Sachen so gut es ging und band mir das
Haar zurück, damit es mich nicht störte, wenn ich nachher zwischen verstaubten
Möbeln herumrobbte. Dann kramte ich aus meiner Tasche eine der
Schokoladentafeln, die ich immer bei mir hatte, und verspeiste sie. Das war
mein Frühstück.
Im Laden war es kühl und klamm. Ich
drehte die Heizung auf, krempelte die Ärmel hoch und machte mich mit meiner
Liste in der Hand wieder an die Arbeit. Ich war entschlossen, möglichst schnell
fertig zu werden und eine Theorie zu prüfen, die ich mir zurechtgelegt hatte,
während ich fröstelnd im Dunklen gesessen hatte.
Meiner Ansicht nach gab es zwei
Möglichkeiten: Entweder der nächtliche Eindringling war ein echter Einbrecher
gewesen, der, da er von Joans Tod wußte, die Absicht gehabt hatte, sich zu
bereichern, oder es war Joan Albrittons Mörder gewesen. Wenn es der Mörder
gewesen war, dann mußte er zurückgekommen sein, um etwas zu holen, was er in
der Nacht davor mitzunehmen vergessen hatte. Wenn ich herausbekommen konnte,
was dieses Etwas war, würde es mir vielleicht möglich sein, den Mörder zu
identifizieren. Ich arbeitete wie besessen.
Ungefähr eine Stunde später, als ich
gerade auf allen vieren unter einem Tisch herumkroch, um ein Teeservice aus
Zinn zu inspizieren, das aus unerklärlichem Grund dort versteckt war, hörte ich
die Ladentür gehen und dann rasche Schritte im Laden.
»Wer ist da?« rief ich.
Die Schritte hielten an. »Wo sind Sie?«
Es war eine Männerstimme.
Ich wollte aufstehen, schlug mir den
Kopf an und sagte sehr laut: »Verdammt!«
Der Mann lachte, und gleich darauf
tauchte ein Paar Schuhe neben dem Tisch auf. Eine Hand bot sich mir, ich nahm
sie und kroch staubbedeckt und
Weitere Kostenlose Bücher