Es ist nicht alles Gold...
Tüte aßen. Die sonst so graue Schlucht der
Montgomery Street war in warmes Licht getaucht, und ich war ziemlich sicher,
daß an diesem Tage viele verspätet an ihre Schreibtische zurückkehren würden.
Schon als ich mich dem ausgemachten
Treffpunkt näherte, sah ich Cara Ingalls, groß, schlank und schön, auf dem
Bürgersteig stehen. Ich sah auf meine Uhr und lächelte. Ich hatte ganz
entschieden ihr Interesse geweckt; sie war fünf Minuten vor der Zeit da.
Ich überquerte die Straße und nahm mir
dabei die Zeit, Cara Ingalls’ Kaschmirkleid zu bewundern, zu dem sie sehr
elegante braune Stiefel trug. Und auch der verrückte Hut fehlte nicht — eine
burgunderfarbene kleine Geschichte, die keß über einem Auge saß. Ich kam mir in
meiner einfachen Hose und der Cordjacke wie ein Armeleutekind vor.
Ich ging direkt auf Cara Ingalls zu,
begrüßte sie und stellte mich vor. Sie musterte mich mit einem Blick, der mir
sagte, daß ich so aussah wie ich mich fühlte.
»Wir müssen uns beeilen«, sagte sie.
»Ich habe einen Tisch reservieren lassen.« Und schon ging sie mir in das
Restaurant voraus.
Innerhalb von Minuten saßen wir an
unserem Platz, und der Kellner stand bereit, unsere Bestellungen
entgegenzunehmen. Es war ein italienisches Restaurant, also bestellte ich
Cannelloni und Weißwein. Cara Ingalls machte offenbar eine Hungerkur; sie nahm
nur Grapefruitsaft und einen Krabbensalat ohne Dressing. Ich hatte mich mein
Leben lang nie um meine Figur kümmern müssen; während ich mit Genuß an meinem
Pizzabrot kaute, sagte ich mir, daß das die Rache dafür war, daß sie mir das
Gefühl gegeben hatte, ein kleines dummes Ding und höchst unelegant dazu zu
sein. Bis das Essen gebracht wurde, führten wir ein ziemlich langweiliges
Gespräch über das Wetter. Dann sagte ich: »Sprechen wir doch jetzt einmal über
den Grund in der Salem Street. Hat Ihr Angebot noch Gültigkeit?«
Cara Ingalls nickte. »Ich habe erst
heute morgen mit Mr. Cornish gesprochen. Er übernimmt die Verantwortung für die
Entscheidung, obwohl natürlich jetzt die ganze Sache etwas in Verzug gerät,
weil der Nachlaß von Mrs. Albritton zunächst geregelt werden muß.«
Charlie hielt sie sich also warm. Das
ließ darauf schließen, daß er Harmons Anspruch vielleicht nicht würdigen würde.
»Was haben Sie über Gegenangebote
gehört?« fragte ich. Sie zuckte die Achseln.
»Meinen Informationen zufolge ist mein
Angebot weit und breit das beste. Ich möchte den Grund haben und bin bereit, so
hoch wie nötig zu gehen.«
»Was ist an der Salem Street so
erstrebenswert?«
»Die Lage«, antwortete sie prompt. »Nähe
zum Civic Center. Die Leute, die dort arbeiten, warten doch nur auf Wohnungen
in nächster Nähe, ganz zu schweigen von Läden und Restaurants. Da läßt sich
unerhört viel machen.«
»Das haben andere Leute sicher auch
schon erkannt.«
»Natürlich. Aber ich habe die Mittel,
diese Möglichkeiten zu verwirklichen.«
Das Gespräch mit Cara Ingalls fing
langsam an, mir Spaß zu machen. Sie war eine Frau, wie sie mir gefiel; eine
Frau, die aus eigener Kraft ihren Weg machte und sich dabei von nichts hatte
aufhalten lassen. So hatte ich es auch immer gehalten, wenn auch bei weitem
nicht mit dem gleichen finanziellen Erfolg wie sie.
»Mit wem haben Sie denn Ihren
Informationen zufolge zu konkurrieren?« fragte ich.
Sie lächelte. »Nur mit einer
Organisation, der Western Addition Credit Union.«
Harmons Angebot war also nicht
allgemein bekannt.
»Das scheint Sie zu freuen.«
»O ja. Diese Leute können mit meinem
Angebot nicht mithalten. Und das ist gut so. San Francisco braucht wirklich
keine weiteren Billigwohnungen, die nur das Stadtbild verschandeln.«
Ich hatte die Pläne der Credit Union im
Herbst gesehen, und so häßlich hatte ich die Entwürfe gar nicht gefunden.
»Wie ich höre, sind die Entwürfe ganz
gut. Und Wohnungen zu erschwinglichen Preisen können wir in San Francisco ganz
sicher gebrauchen.« Ich dachte an die sündteure Miete, die ich für meine
altmodische kleine Wohnung bezahlte. Cara Ingalls lachte kurz.
»Aber hören Sie! Schauen Sie sich doch
das Gesindel an, das in diese Häuser zieht. Jede Familie mit einem halben
Dutzend verwahrloster Kinder, die die Wände beschmieren und alles verschmutzen.
Man sollte es diesen Leuten gar nicht erlauben, hier zu wohnen.«
Ihr kalt sachlicher Ton erschreckte
mich.
»Und wohin sollen diese Leute Ihrer
Meinung nach gehen?«
»Das ist mir gleich. Hauptsache,
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