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Es ist nicht alles Gold...

Es ist nicht alles Gold...

Titel: Es ist nicht alles Gold... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ich
muß mir Ihren Dreck nicht ansehen.«
    »Das ist eine ziemlich kalt berechnende
Einstellung.«
    Sie kniff die Augen zu. Sie waren von
einem ungewöhnlichen reinen Bernstein und verstärkten für mich noch den
Eindruck des Katzenhaften, der von ihr ausging.
    »Miss McCone, sparen wir uns diese
kindischen liberalen Gefühlsduseleien. Die Welt ist hart und rücksichtslos. Es
wundert mich, daß Sie bei Ihrem Beruf...«
    »Ich bemühe mich, an meinen Idealen
festzuhalten. Sicher geht es hart zu — «
    Cara Ingalls lachte wieder, voll
Bitterkeit diesmal.
    »Ich will Ihnen mal eine Geschichte
über Ideale erzählen«, sagte sie mit gesenkter Stimme und beugte sich über den
Tisch zu mir. »Ich war in unserer Familie die Jüngste, das einzige Mädchen.
Mein Vater war Architekt, und wir wurden alle zur Selbständigkeit erzogen. Wir
sollten alle einmal studieren. Mein ältester Bruder wurde Rechtsanwalt, der
zweite Mediziner, der dritte Zahnarzt, und ich sollte einmal in die Fußstapfen
meines Vaters treten und Architektin werden — glaubte ich jedenfalls.«
    Ihre gelben Augen ließen mich nicht
los. Es wunderte mich, daß sie mir das erzählte, aber ich wollte sie auch nicht
unterbrechen.
    »Mein Vater starb, als ich sechzehn
war. An einem Herzinfarkt auf dem Golfplatz. Der Bruder, der mir im Alter am
nächsten war, hatte zwei Monate vorher sein Studium als Zahnmediziner
abgeschlossen. Nach der Beerdigung stellten meine Mutter und ich fest, daß mein
Vater an dem Tag, als mein Bruder promovierte, seine Lebensversicherung
aufgelöst hatte. Seine Söhne hatten jeder einen Beruf, also war die
Lebensversicherung nicht mehr nötig; meine Mutter und ich zählten nicht.«
    Ich fand die Geschichte schrecklich.
    »Da haben Sie sich Ihr Studium selbst
finanziert.«
    »Nicht bis zum Ende.« Mit verzerrtem
Mund schüttelte sie den Kopf. »Drei Jahre hab ich durchgehalten. Abends habe
ich gearbeitet, und gelernt habe ich an den Wochenenden, wenn ich in leeren
Häusern hockte und auf Interessenten wartete, die sie besichtigen wollten. Aber
eines Tages erwachte ich und sagte mir: ›Was zum Teufel soll das eigentlich? Da
mach ich mich fix und fertig, um meinem Alten ein Denkmal zu setzen, obwohl
dieses Schwein mich nur als minderwertig betrachtet hat! Bin ich verrückt
geworden?‹ Ich hängte das Studium an den Nagel und ging ins Immobiliengeschäft.
Und da hab ich’s geschafft. Ich hab jetzt schon mehr Geld verdient, als mein
Vater in seinem ganzen Leben. Ich wünschte nur, der gemeine Hund könnte es
sehen.«
    Ich mußte die Augen schließen, so sehr
ging mir Cara Ingalls’ Haß unter die Haut. Es war, als wollte sie mir die ganze
Last ihrer brodelnden Emotionen aufbürden, und dagegen mußte ich mich
abgrenzen.
    »Wir kommen vom Thema ab«, sagte sich.
»Ich wollte Ihnen über Ihr Angebot für den Grund in der Salem Street noch
einige andere Fragen stellen.«
    Cara Ingalls sah in ihren Salat
hinunter und stocherte mit der Gabel darin herum, als hoffte sie unter Krabben
und Salatblättern etwas zu finden, was den Schmerz ihrer immer noch offenen
Wunde lindem könnte. Als sie wieder aufblickte, waren ihre Augen ruhig, von
einem Hauch müder Resignation umschattet.
    »Und die wären?«
    »Sind Sie mit Joan Albritton noch ein
zweites Mal zusammengekommen, nachdem Sie das Bild von ihr gekauft hatten?«
    Sie machte große Augen. »Was für ein
Bild?«
    »Sie kamen doch im vergangenen Oktober
in ihren Laden und kauften ein billiges Gemälde. Ich dachte damals, Sie wollten
sich vor allem ein Bild von ihrer Person machen.«
    »Das dachten Sie ?« Bedächtig
legte sie ihre Gabel aus der Hand.
    »Ja. Ich war an dem Tag im Laden.«
    »Ach so.« Die gelben Augen musterten
mich aufmerksam. »Nein, ich habe sie danach nicht wiedergesehen. Aber das Geld
war gut angelegt, auch wenn das Bild in den Müll wanderte. Ich wollte sehen,
mit wem ich es zu tun hatte, ehe ich mein Angebot unterbreitete. Ich konnte um
einiges tiefer einsteigen, als ich das getan hätte, wenn ich nicht gesehen
hätte, wie — töricht und exzentrisch Joan Albritton war.« Alle Sympathie, die
ich Cara Ingalls entgegengebracht hatte, verflog mit ihrer kaltherzigen
Beurteilung Joan Albrittons. Statt dessen wurde ich mißtrauisch. Wieso hatte
Cara Ingalls gerade zu dem damaligen Zeitpunkt die Zeit für reif gehalten, ein
Angebot zu machen? Ihr Besuch in Joans Laden hatte Wochen vor der amtlichen
Freigabe der Gebäude zum Abriß stattgefunden, zu einer Zeit, als die Leute

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