Es ist nicht alles Gold...
Ashland im Staat Oregon wegen Brandstiftung und
Mord unter Anklage gestellt. Zu einer Verurteilung kam es mangels Beweisen
nicht. Unmittelbar nachdem das Verfahren eingestellt worden war, ging Cornish
von dort weg, zog vermutlich hierher.«
So argwöhnisch ich Charlie gegenüber
war, ich nahm ihn jetzt in Schutz.
»Und aufgrund einer Beschuldigung, die
nicht zu halten war, sind Sie jetzt bereit, ihm die Brandanschläge in der Salem
Street und den Mord an Joan Albritton zuzutrauen.« Marcus hob abwehrend eine
Hand.
»Nicht so schnell. Werden Sie nicht
gleich wieder wütend auf mich. Ich sage lediglich, daß das Wissen um seine
Vergangenheit gewisse Aspekte seines Wesens beleuchtet.«
»Zum Beispiel seine Neigung, Häuser in
Brand zu setzen.« Marcus verdrehte verzweifelt die Augen.
»Was soll ich nur mit ihr tun?« fragte
er in hoffnungslosem Ton einen der Rembrandts.
Ich lachte laut heraus. Er erinnerte
mich an Joan Albritton, wenn sie mit Edwin gesprochen hatte.
Marcus sah mich erleichtert an.
»Na, wenigstens haben Sie Ihren Humor
wiedergefunden. Eine Zeitlang wußte ich nicht mal, ob Sie überhaupt welchen
haben. Im Ernst, Sharon, die Anklage lautete auf Brandstiftung und Mord.
Charlies Frau und einziges Kind kamen bei dem Brand ums Leben.«
»O Gott!« sagte ich leise. »Kein
Wunder, daß er die Vergangenheit am liebsten begraben sein lassen möchte.«
»Richtig. Ob es nun für den
vorliegenden Fall von Bedeutung ist oder nicht, es sagt uns einiges darüber,
warum Charlie Cornish so ist wie er ist.«
Ich dachte an Charlies kleines
Hinterzimmer, das so viel Einsamkeit barg und vielleicht eine alte Schuld? Ob
er Joan sein Geheimnis anvertraut hatte? Jetzt verstand ich auch Charlies Lüge
über die letzte Sitzung der Händlergenossenschaft.
»Wie dem auch sei«, sagte Marcus
abschließend, »ich muß in einer halben Stunde in einer Besprechung sein. Da Sie
nun schon so weit vorangekommen sind, sagen Sie mir vielleicht, was Sie als
nächstes vorhaben.«
Ich war also ganz offiziell wieder als
Rechercheurin zugelassen.
»Ich werde versuchen, aus Charlie die
Wahrheit herauszubekommen. Sie haben recht, ich glaube auch, daß er etwas
verheimlicht. Aber ich glaube nicht, daß er Joan getötet hat. Jetzt, wo ich das
weiß, was Sie mir erzählt haben, kann ich ihn sicher zum Sprechen bringen.«
»Gut. Halten Sie mich auf dem
laufenden.«
»Ich möchte Joans Laden auch noch
einmal durchsehen. Ich hatte die Bestandsaufnahme vor dem zweiten Einbruch
abgeschlossen. Vielleicht kann ich anhand meiner Listen feststellen, was fehlt.
Das könnte aufschlußreich sein.«
Er nickte. »Okay, aber bitte seien Sie
vorsichtig. Wenn Sie wollen, laß ich diesen Frankie abholen.«
»Noch nicht«, unterbrach ich. »Das
würde Harmon aufmerksam machen.«
»Da haben Sie wahrscheinlich recht.« Er
stand auf. »Rufen Sie mich jederzeit an, im Dienst oder zu Hause. Und gehen Sie
Harmon aus dem Weg. Sie wissen, was für ein unfreundlicher Zeitgenosse er ist.«
Wir gingen zusammen ins große Foyer
hinaus und trafen dort Paula, die gerade durch eine Tür mit der Aufschrift
»Privat« kam. Ich sah, wie Marcus sie musterte, und verspürte einen kleinen
Stich der Eifersucht. Er sah Paula als Frau; mich hatte er noch nie so
angesehen.
Marcus ging weiter, durch die Glastür
hinaus, hob noch einmal grüßend die Hand. Ich sah ihm nach, wie er die Stufen
hinunterlief. Die Sonne lag hell auf seinem blonden Haar. Blödsinn, sich für
diesen Mann zu interessieren, sagte ich mir beinahe zornig.
»Wer war denn das?« erkundigte sich
Paula neugierig. »Du schaffst es wirklich, alles in deinen Tag hineinzupacken.«
»Das ist ein Bulle«, antwortete ich,
nicht bereit zuzugeben, was mir durch den Sinn ging. »Bis heute nachmittag hab
ich ihn gründlich verachtet, und ich bin sicher, er wird, noch ehe der Tag um
ist, wieder etwas tun, worauf ich nur mit Verachtung reagieren kann. Komm,
sehen wir uns die Bilder an.« i8
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Paula wollte erst mit mir Tee trinken,
aber ich sagte, ich hätte keine Zeit. Dennoch warf ich einen sehnsüchtigen
Blick in den japanischen Teegarten, an dem unser Weg vorüberführte. Unter
grünen Bäumen und steinernen Laternen blühten Fuchsien und andere Blumen von
einem helleren Rot, und in einem kleinen Teich schwammen weiße und rote
Goldfische. Ich wünschte, ich könnte mir ein paar Minuten gönnen, um mich in
das Teehaus zu setzen und aus einer weißen Porzellantasse zu trinken.
»Das scheint ja ein ganz
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