Es muss nicht immer Grappa sein
mit zwei Anwälten auf. An denen hat sich Kleist die Zähne ausgebissen. Aber er hat es nicht schlecht gemacht. War sehr sachlich und knallhart. Streckenweise ironisch. Er hat Blut geleckt, denke ich.«
»Und was hat Gogol gesagt?«
»Er weiß von gar nichts. Er kennt Carstens nicht und weiß auch nicht, dass Frau Moreno ihm Modell gestanden hat. Außerdem sei sie eine von mehreren Freundinnen, die er sich hält. Und Frau Schöderlapp hat er auch nie kennengelernt. Allerdings gehört ihm das Haus, in dem sie gewohnt hat. Und er hat zugegeben, dass er mit Peter Silius bekannt ist. Angeblich beliefert ihn Silius mit Kaviar.«
»Lächerlich!«, entfuhr es mir. »Gogol hat doch genug Kaviar, den er selber schmuggelt.«
»Nun, er braucht ja sicher Rechnungen über legalen Kaviar. Die kann er von Silius wohl auf jeden Fall bekommen.«
»Und wenn Silius Gogols Kunde ist und nicht umgekehrt?«, grübelte ich.
»Wir müssen wohl neu nachdenken. Bisher können wir nicht einmal beweisen, dass Gogol illegal Kaviar einführt. Was wir ja auch nicht brauchen – wir sind nur für die Morde zuständig. Um den Rest kümmern sich die Zollbehörden und die Steuerfahndung. Die sind schon dabei, die Geschäftsunterlagen von Peter Silius zu überprüfen.«
»Hat sich der Enkel von Frau Schöderlapp bei Ihnen gemeldet?«
»Nachdem Sie ihn so in die Zange genommen haben, blieb ihm ja nichts anderes übrig.«
»Konnte er Ihnen helfen?«
»Nicht besonders. Er hatte keinen Kontakt mehr zu seiner Großmutter.«
»Sie wollte ihm was vererben.«
»Da hat sie ihn wohl verschaukelt. Es sind nur ein paar hundert Euro in der Wohnung gefunden worden. Und das Konto ist leer.«
»Dann hat sich der Kleine zu früh gefreut«, bedauerte ich. »Aber im Grunde müsste doch Geld da sein, wenn sie bei dem Schmuggel involviert war.«
»Ja, das ist auch noch ein Rätsel. Übrigens: Gogol ist verheiratet. Während der Vernehmung klingelte sein Handy. Kleist erlaubte ihm, den Anruf anzunehmen. Es wurde russisch gesprochen. Gogol ist von dem Anrufer anscheinend ziemlich runtergemacht worden. Es war ihm sichtlich peinlich. Aber unser verehrter Dr. Kleist ist selbstverständlich mehrsprachig.«
»Der Klugscheißer konnte das Gespräch verstehen?«
»Sie sagen es. Frau Gogol kündigte ihren Besuch an. Sie hat von Schwierigkeiten gehört, in die ihr Mann verwickelt sein soll. Er stritt natürlich alles ab, doch sie ließ sich nicht abwimmeln.«
Das war eine gute Nachricht. Eifersüchtige Ehefrauen können Lawinen auslösen, Vulkanausbrüche verursachen und Flutwellen bewirken. Es dürften keine guten, sondern eher schlechte Tage für Kiki Moreno anbrechen, dachte ich.
Herpes brutal und die geheimnisvolle Pflanze
Es wurde Zeit, den Bluthund abzuholen und nach Köln zu fahren. Wir brauchten für die hundert Kilometer zweieinhalb Stunden: die üblichen Dauerbaustellen und die üblichen Staus, Spanngurte auf der Fahrbahn und Aufräumarbeiten nach einem Lkw-Unfall.
Das Produktionsgelände befand sich am Stadtrand. Die Außenaufnahmen wurden, je nach Tageszeit, vor oder nach den Studioaufnahmen gedreht.
Das Gelände war von einem hohen Zaun umgeben, der besonders gesichert schien. Überall Überwachungskameras – vermutlich, um gleichermaßen die teuren elektronischen Geräte zu schützen und lästige Fans abzuwehren.
In einem modernen kleinen Glashaus saß ein Kerl von einer Wachfirma. Ich meldete uns an und er telefonierte.
Der Praktikant trabte an, er hatte brav auf uns gewartet. Er war eifrig und sah mit seiner großen, eckigen Brille aus wie ein erstauntes Insekt. Auf seiner Brust prangte ein Namensschild: Kay Leopold.
»Gerade wird die Szene 24 abgedreht, sie müsste gleich im Kasten sein«, erklärte er.
»Worum geht es in der Szene?«
»Dialog zwischen Graf und Gräfin von Liechtenstein. Wir mussten wiederholen, weil der Graf mit Herpes labialis geschlagen ist und die Kamera ihn nur von links nehmen kann. Wenn wir uns beeilen, kriegen wir den Rest noch mit.«
»Nennt man Sie Kay oder Leopold?«
»Sagen Sie Poldi.« Er grinste.
Poldi führte uns nicht hinter die Kulisse, sondern in einen riesigen, abgedunkelten Regieraum, in dessen Wand unzählige Monitore eingebaut waren. Die Klimaanlage ließ die Temperatur unschön sinken. Mich fröstelte.
Der Praktikant deutete an, dass wir ruhig sein sollten. Der Regisseur schien unter Stress zu stehen, denn seine Anweisungen kamen ziemlich ruppig. Plötzlich brüllte er: »Die Maske soll kommen! Er
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