Es muss nicht immer Grappa sein
geh ich in den Baumarkt!«, entgegnete Harras.
»Priscilla-Anemone muss aber noch lange üben, bis sie wie Kiki Moreno aussieht«, kicherte Stella.
»Wer ist Priscilla-Anemone?« Jansen stand plötzlich im Großraumbüro.
»Das ist geheim«, grinste ich. »Sozusagen ein Betriebsgeheimnis.«
»Ein Journalist ist immer neugierig – also los!«, forderte er.
»Frag Sarah«, schlug ich vor.
»Sarah? Ich hab schon gemerkt, dass sie nicht besonders gut drauf ist. Und ihr seid sicher, dass ich nicht wissen sollte, was der Grund für ihren Zustand ist?«
Acht Augen schauten Jansen treuherzig an und vier Menschen nickten gleichzeitig.
»Priscilla-Anemone!«, sagte er kopfschüttelnd, tippte sich an die Stirn und verschwand.
Polizeiliche Orchideen
Zu Hause öffnete ich eine Flasche Wein und loggte mich in die Fotocommunity ein. Ich meldete mich an, verpasste mir einen Nick und konnte so in den Fotoalben von Dr. Friedemann Kleist stöbern.
Eine große Enttäuschung wartete auf mich. Der Oberbulle fotografierte ausschließlich Orchideen. Sie sahen zwar sehr hübsch aus, aber nach zwanzig Bildern erschienen sie mir alle ähnlich. Kleist hatte jedes einzelne Foto mit ausführlichen Beschreibungen versehen. Die botanischen Namen natürlich, das Vorkommen der Pflanzen und die Anordnung der Blütenblätter und des Labellums. Ich lernte, dass es etwa dreitausend echte Orchideenarten gab und etwa halb so viele Hybriden, also Kreuzungen. Kleist fotografierte nur die endemischen epiphytischen Orchideen – also Naturformen, die auf Bäumen wachsen. Und am liebsten solche aus Südamerika.
Nachts träumte ich dann, dass Friedemann Kleist eigentlich im indianischen Dschungel aufgewachsen und ein guter Bekannter des Häuptlings Zärtliches Krokodil war. Einen Traum weiter war Kleist der Häuptling, der den feigen Anschlag der Grabräuber überlebte, aber das Gedächtnis verloren hatte. Noch einen Traum weiter erkannte Zärtliches Krokodil – also Kleist – in Priscilla-Anemone die Person, die als Mann die Grabstelle der Ahnen geschändet hatte. Es gab ein schreckliches Handgemenge und Bluthund Pöppelbaum fotografierte alles. Ich stand daneben und freute mich, dass ich jetzt wusste, dass Kleist in Wahrheit das Zärtliche Krokodil war.
Trotzdem erwachte ich schweißgebadet und zitternd. Es war vier Uhr morgens. Langsam drehst du durch, Grappa, dachte ich.
Ich duschte, um wieder zur Besinnung zu kommen.
Gegen fünf Uhr legte ich mich noch mal ins Bett und kicherte eine Weile über Soaps, Krokodile und Orchideen. Dann schlief ich entspannt, bis es Zeit zum Aufstehen war.
Die russische Gattin
Die Pressesprecherin der TV-Firma stand meinem Wunsch, eine Reportage über die Produktion von Gute Tage – schlechte Tage zu schreiben, erfreulicherweise aufgeschlossen gegenüber. Sogar ein Praktikant sollte extra für mich abgestellt werden, damit ich nicht versehentlich in eine Szene stolperte.
»Ich bringe noch einen Kollegen mit«, kündigte ich an. »Er macht die Fotos.«
Auch das war kein Problem. Wir verabredeten uns für den Mittag. Ich hatte also Zeit genug, den Bluthund zu der Tour nach Köln zu überreden.
»Hast du heute schon was vor?«, fragte ich ihn durchs Handy.
»Wieso?«
»Weil ich mit dir was unternehmen will.«
»Aha.«
»Nun sei nicht so misstrauisch, Wayne. Es wird dir viel Spaß machen, glaub mir.«
»Nun sag schon.«
Ich sagte es.
»Seit wann schreibst du Reportagen über Fernsehserien? Ist eure Kulturtussi krank?«
»Es geht nicht um irgendeine Fernsehserie, es geht um Gute Tage – schlechte Tage. Ich will an deine Kiki ran. Und zwar ohne ihre Aufpasser.«
»Verstehe. Aber die Kleine ist doch am Set. Die wird kaum Zeit für dich haben«, meinte Wayne.
»Abwarten.«
»Und was soll ich dabei?«
»Wie wäre es mit Knipsen? Oder charmant sein oder so was Ähnliches. Außerdem: Alle Sternchen stehen stramm, kommt der Fuzzi mit der Cam. Sie kennt uns ja von der Sause im Potemkin und weiß, dass Gogol uns wohlgesinnt ist.«
»Nach der Lektüre deines Zeitungsartikels ist das bestimmt immer noch so«, entgegnete Pöppelbaum trocken. »Aber gut. Ich komme mit. Notfalls, um dich zu retten.«
»Sehr witzig!«
Mein zweites Telefonat an diesem Morgen galt Brinkhoff. Ich war neugierig, was die Vernehmung von Boris Gogol gebracht hatte.
»Über den Inhalt darf ich Ihnen nichts sagen«, meinte der Hauptkommissar.
»Dieser Satz wird mir fehlen, wenn Sie in Pension sind.«
Er lachte. »Na gut. Gogol tauchte
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