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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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da sagte er doch, sein Kumpel Lesseps säße unten in Bandol mit ’ner Riesenladung. Ich also mit drei Kameraden nix wie runter nach Bandol! Habe da meine Freunde, verstehst du? Ich kriege raus, daß Lesseps mit ein paar Eisenbahnern mauschelt. Hat Schiß vor Kontrollen. Will die Sore unter der Kohle von der Lokomotive verbuddeln, mit der er nach Paris fährt. Im Tender, kapiert?«
    Bastian bemühte sich, einen heiseren Lachanfall unter Kontrolle zu bringen. Dann fuhr er fort: »Das haben wir ihn erst mal tun lassen. Dann haben wir ihm ’ne schnuckelige Puppe besorgt für den Abend – der Gockel ist ja Gott sei Dank leichter zu bedienen als sein Freund Bergier. Na, und die Kleine hat ihn weisungsgemäß ordentlich auf Trab gebracht. So ordentlich, daß er am nächsten Morgen noch besoffen und knieweich an die Bahn kam!«
    »Hach«, sagte Chantal und fuhr mit ihren roten Krallenfingern leidenschaftlich durch Thomas Lievens Haar.
    »Beneidenswert«, kommentierte Bastian traurig diese Szene. Er nahm sich zusammen. »Na ja, und während Herr de Lesseps anderweitig beschäftigt war, spielte ich mit den Kameraden ein bißchen Eisenbahn. Mein Hobby, ich sagte es schon. Gibt so viele Kohlentender auf einem Bahnhof. Sieht einer wie der andere aus.«
    »Ließ Lesseps seinen Tender denn nicht bewachen?«
    »Doch. Von zwei Eisenbahnern.« Bastian hob die Hände und ließ sie fallen. »Er hat jedem von ihnen einen Goldbarren geschenkt. Da schenkten wir jedem von ihnen noch zwei – wir hatten es ja –, und die Chose war geritzt …«
    »Die Macht des Goldes«, sagte Chantal und biß Thomas ins linke Ohrläppchen.
    »Chantal!«
    »Ja, Süßer?«
    »Steh mal auf«, bat Thomas. Sie erhob sich verwirrt und trat neben Bastian. Der legte einen Arm um ihre Schulter. So standen sie reglos, zwei eben noch fröhliche, nun erschrockene Kinder. Und es funkelten die Barren, es glänzten die Münzen, es glitzerten Ketten, Ringe und Steine.
    Auch Thomas stand auf. Maßlos traurig sagte er: »Mein Gott, das Herz tut mir weh, weil ich euch jetzt die Freude verderben, euch eure Überraschung kaputtmachen muß. Aber das geht natürlich nicht.«
    »Was geht natürlich nicht?« fragte Bastian. Seine Stimme klang flach und trocken.
    »Daß wir das Zeug behalten. Wir müssen es Cousteau und Siméon abliefern.«
    »Wa-w-wahnsinnig.« Bastians Unterkiefer fiel herab. Er sah Chantal an wie ein ratloser Bernhardiner. »Er ist wahnsinnig geworden!«
    6
    Chantal stand da und rührte sich nicht. Nur ihr linker Nasenflügel zitterte … Ruhig sagte Thomas: »Ich komme von Siméon und Cousteau. Ich habe mit den beiden eine klare Abmachung getroffen. Sie bekommen die Listen der Spitzel und Kollaborateure, dazu alles, was Bergier und Lesseps hier unten zusammengeraubt, erpreßt und geplündert haben. Wir erhalten das Geld in den drei Schrankkoffern, die wir aus Bergiers Schlafzimmer geholt haben. Das sind immerhin auch fast 68 Millionen.«
    »68 Millionen Franc!« schrie Bastian auf und rang die Hände. »Francs! Francs! Wo der Scheinfranc täglich weiter runterrutscht!«
    »Und dafür gibst du das hier her?« Ganz leise, fast flüsternd, sprach Chantal und wies auf das Bett. »Da liegen mindestens 150 Millionen an Wert, du Idiot!«
    Thomas wurde wütend. »Es sind französische Werte! Werte, die Frankreich gehören, die Frankreich gestohlen worden sind. Das Geld in den Koffern ist Gestapo-Geld, das können wir beruhigt behalten. Aber das hier, der Schmuck, das Kruzifix, das Gold aus der Staatsbank … Gott im Himmel, muß
ich
euch an eure patriotischen Pflichten erinnern, ich, ein Boche?«
    Heiser sagte Bastian: »Das ist unsere Sore.
Wir
haben sie geklaut. Die Gestapo schaut in den Mond. Ich finde, wir haben genug fürs Vaterland getan!«
    Bastian und Thomas stritten weiter. Sie regten sich immer mehr auf dabei. Chantal hingegen wurde immer ruhiger, gefährlich ruhig.
    Die Arme in die Seiten gestemmt, die Daumen im Ledergürtel, so wippte sie mit dem rechten Schuh, und ihr linker Nasenflügel zitterte. Sehr leise fiel sie zuletzt Bastian ins Wort: »Reg dich nicht auf. Das ist deine Wohnung. Der kleine Idiot muß hier mal erst rauskommen – und Cousteau und Siméon rein.«
    Thomas zuckte die Schultern und ging zur Tür. Mit einem Sprung stand Bastian vor ihm. Er hielt einen schweren Revolver in der Hand. »Wo willst du hin?«
    »Chez Papa. Telefonieren.«
    »Noch einen Schritt, und ich leg’ dich um.« Bastians Atem kam rasselnd. Klick, machte der

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