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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Siméon geschenkt. Die Leute sind pleite. Zum Teufel, sie haben mir leid getan, weißt du … Laß uns sagen, daß die halbe Million mein Anteil war. Hier, der ansehnliche Rest von zwei Millionen und zwanzigtausend Franc ist für dich und deine Mitarbeiter …«
    Chantal küßte ihn auf die Nasenspitze. Sie überwand seinen Anfall von Menschenliebe eigentlich mit verdächtiger Leichtigkeit: »Mein Gentleman! Bist du süß … Jetzt hast du gar nichts mehr von der Chose!«
    »Ich habe dich«, sagte er freundlich. Und übergangslos: »Chantal, warum läßt du mich beschatten?«
    »Beschatten? Ich? Dich?« Sie riß die Katzenaugen auf. »Chéri, was ist das für ein Unsinn?«
    »Einer deiner Kerle ist direkt in mich hineingerannt.«
    »Oh, sicher nur Zufall … Mein Gott, warum bist du bloß so furchtbar mißtrauisch? Was soll ich denn noch tun, damit du mir endlich glaubst, daß ich dich liebe?«
    »Einmal die Wahrheit sagen, du Luder. Aber ich weiß, das ist ein ganz und gar unerfüllbares Ansinnen«, antwortete er.
     
    Als der Paris-Expreß pünktlich um 15 Uhr 30 am 7. Dezember 1940 auf Gleis III in den Gare St. Charles einlief, sah ein Mann von 37 Jahren aus dem herabgelassenen Fenster eines Erstklaßabteils. Paul de Lesseps hatte ein mageres Gesicht mit scharfen Zügen, kalte Haifischaugen und aschblondes, schütteres Haar.
    Suchend glitt sein Blick über den Bahnsteig. Dann sah er den rundlichen, auffällig gekleideten Anwalt Bergier, der neben einem kleinen Koffer stand.
    Paul de Lesseps hob eine Hand.
    Jacques Bergier hob eine Hand.
    Der Zug hielt. Bergier eilte auf den Waggon seines Freundes zu. Danach ging alles sehr schnell. Ehe ein einziger Passagier aussteigen konnte, traten aus der Menge dreißig Kriminalbeamte in Zivil von beiden Seiten an die Waggons heran und hoben zwei lange Seile auf, die zu beiden Seiten der Schienen gelegen hatten. So konnte keine Tür des Zuges mehr geöffnet werden, wenn die Beamten es nicht wollten.
    Ein Kriminalkommissar sprach Bergier an und verhaftete den kreidebleichen Anwalt unter dem dringenden Verdacht des Gold- und Devisenschmuggels. Den Koffer mit den sieben Goldbarren hielt Bergier noch in der Hand.
    Indessen waren zwei weitere Beamte von beiden Enden in den Waggon gestürmt und nahmen Paul de Lesseps in seinem Abteil fest.
    Zur gleichen Zeit schritten drei Hausdiener in der grünen Uniform ihres Standes durch einen Gang im vierten Stock des »Hôtel Bristol«. Zwei von ihnen sahen aus wie Leute aus Chantal Tessiers Bande, der dritte sah aus wie Thomas Lieven. Die Uniformen paßten ihnen nicht besonders gut.
    Ohne Schwierigkeit öffnete der Hausdiener, der aussah wie Thomas Lieven, die Tür eines bestimmten Appartements. Mit einer bei Angehörigen ihres Standes selten zu erlebenden Hurtigkeit holten die Herren drei riesige Koffer aus dem Schlafzimmer des Appartements, schleppten sie zum Personalaufzug, fuhren mit ihrer Last in den Hof hinab, wuchteten die Koffer in den Laderaum eines Lieferautos der Großwäscherei »Salomon« und fuhren ungehindert davon. Allerdings nicht zu der erwähnten Großwäscherei, sondern zu einem Haus in der Rue Chevalier à la Rose …
     
    Eine Stunde später betrat ein freudestrahlender Thomas Lieven, wieder normal gekleidet, die Wohnung von Jacques Cousteau am Boulevard de la Corderie. Cousteau und Siméon erwarteten ihn. Aus der Aktentasche des lieblichen Herrn Bergier zog Thomas jene Listen, auf denen Spitzel, Kollaborateure und Seelenverkäufer mit genauen Namen und Adressen angeführt waren. Er schwenkte die Blätter triumphierend durch die Luft. Unverständlicherweise rührten Cousteau und Siméon sich kaum.
    Beunruhigt fragte Thomas: »Was ist denn los? Haben Sie die beiden?«
    Cousteau nickte. »Im Präsidium.«
    »Die sieben Barren?«
    »Haben wir auch.«
    »Na und?«
    »Aber sonst haben wir nichts, Monsieur Hunebelle«, sagte Cousteau langsam. Seine Augen ließen Thomas nicht mehr los. Auch Oberst Siméon musterte Thomas sehr seltsam.
    »Was heißt das: sonst haben Sie nichts? Lesseps muß doch ein Vermögen an Gold, Devisen und sonstigen Wertsachen bei sich gehabt haben!«
    »Ja, das sollte man glauben, nicht wahr?« Cousteau knabberte an seiner Unterlippe.
    »Er hatte
nichts
bei sich?«
    »Nicht ein Gramm Gold, Monsieur Hunebelle. Nicht einen Dollar, keine Pretiosen. Ist das nicht drollig?«
    »Aber – aber – er wird es versteckt haben! Im Waggon oder sonstwo im Zug. Er wird mit Eisenbahnern zusammengearbeitet

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