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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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sd-ausweis nr 11 165 serie blau – beide ausgestellt von sd-sturmbannführer walter eicher – bitte sofort feststellen ob verhaftete tatsächlich im auftrag des sd arbeiten – ende – ende –
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    »De Lesseps? Bergier?« Sturmbannführer Walter Eicher lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück und lief rot an. Wütend brüllte er in den Telefonhörer, den er am Ohr hielt: »Jawohl, ich kenne die beiden! Jawohl, sie arbeiten für uns! Geben Sie nach Marseille durch, daß man die Herren festhalten soll. Wir kommen und holen sie ab.«
    Der französische Beamte am anderen Ende der Leitung bedankte sich höflich für die Auskunft.
    »Nichts zu danken. Heil Hitler!« Eicher knallte den Hörer in die Gabel und brüllte: »Winter!«
    Aus dem Nebenzimmer kam sein Adjutant gestürzt. Die Herren gingen ihrer makabren Tätigkeit im vierten Stock einer pompösen Villa der Avenue Foch zu Paris nach. Der Mann, der Winter hieß, schnarrte: »Sturmbannführer?«
    »De Lesseps und diese alte Tunte, Bergier, sind in Marseille hochgegangen«, fauchte der Mann, der Eicher hieß.
    »Um Gottes willen, wieso?«
    »Weiß ich noch nicht. Zum Verzweifeln ist das. Arbeiten wir hier eigentlich
nur
mit Idioten? Stellen Sie sich vor, wenn Canaris etwas davon erfährt! Das wäre doch ein Fressen für ihn! SD kauft das unbesetzte Frankreich aus!«
    Das Reichssicherheitshauptamt und die Abwehrorganisation des Admirals Canaris haßten einander wie ein böser Hund eine böse Katze. Die Befürchtungen des Sturmbannführers Eicher bestanden zu Recht. Er knurrte: »Lassen Sie den schwarzen Mercedes nachsehen, Winter. Wir fahren nach Marseille runter.«
    »Heute noch?«
    »In einer Stunde, Mensch. Damit wir morgen früh da sind! Wir müssen die beiden Idioten rausholen, bevor sie quatschen!«
    »Jawohl, Sturmbannführer!« brüllte Winter. Er schmiß die Tür hinter sich ins Schloß. Immer derselbe Ärger. Ein Scheißberuf ist das. Jetzt kann ich wieder der süßen Zouzou absagen. Zwölf Stunden mit dem Ollen im Wagen. Die Nacht um die Ohren. Zum Heulen.
     
    Vierundzwanzig Stunden später hielt Chantal Tessier in Marseille im Hinterzimmer des Cafés »Brûleur de Loup« eine Betriebsversammlung ihrer Bande ab, bei der es, gelinde gesagt, stürmisch zuging.
    Die französischen Schleichhändler und spanischen Paßfälscher, die leichten Mädchen aus Korsika und die Verschwörer und Totschläger aus Marokko, die alle in den vorderen Lokalitäten ihren Geschäften nachgingen, blickten immer wieder mißbilligend zu der Tür im Hintergrund, an welcher eine Tafel mit der Aufschrift baumelte:
    GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT
    Eine laute geschlossene Gesellschaft war das! Endlich öffnete sich die Tür, und die Kaffeehausgäste (per saldo 500 Jahre Zuchthaus, kulant gerechnet) sahen den ihnen allen wohlbekannten Bastian Fabre in eine Telefonzelle neben der Theke treten. Er machte einen verstörten Eindruck …
    Bastian wählte die Nummer des Restaurants »Chez Papa«. Olive, der Wirt, meldete sich. Bastian wischte sich den Schweiß von der Stirn, zog nervös an seiner schwarzen Zigarre und sagte hastig: »Hier Bastian. Ist der Mann bei dir, der mich gestern nachmittag besucht hat?« Er hatte Thomas aufgefordert, den Ausgang der Sitzung in »Chez Papa« abzuwarten.
    Olives Stimme klang überschattet. »Der ist da, ja. Spielt Poker mit meinen Gästen am Stammtisch. Gewinnt dauernd.«
    »Ruf mir den Mann mal an den Apparat.« Bastian nahm einen tiefen Zug aus der Zigarre und öffnete die Zellentür, um den Rauch hinauszulassen. Dieser verdammte Pierre – er verdiente es einfach nicht, daß man sich um ihn Sorgen machte.
    Vor vierundzwanzig Stunden erst hatte der Kerl diese Brüder vom Geheimdienst herbeigerufen, und die
ganze
schöne Sore war abgeholt worden. Gott sei Dank, nicht die ganze schöne Sore, dachte Bastian. Während Thomas ans Telefon gegangen war, hatte er mit Chantal schnell noch ein paar Pretiosen und eine erkleckliche Menge Goldmünzen beiseite geräumt … Aber was war das schon, verglichen mit dem millionenschweren Rest? Man durfte gar nicht daran denken …
    »Hallo, Bastian! Na, mein Alter, wie steht’s?«
    Bastian hörte voller Grimm, wie gleichmütig die Stimme dieses vertrottelten Kerls klang. Er sagte: »Pierre, ich bin dein Freund – trotz allem. Darum einen Rat: Verschwinde. Aber augenblicklich. Es ist keine Minute zu verlieren.«
    »Nanu, warum denn?«
    »Hier auf der Betriebsversammlung geht alles hinten hinaus. Chantal

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