Es muß nicht immer Kaviar sein
hat ihren Rücktritt angeboten.«
»Um Gottes willen!«
»Sie hat geweint …«
»Ach, Bastian, wenn du wüßtest, wie peinlich mir das alles ist …«
»Unterbrich mich nicht, Trottel. Sie hat gesagt, daß sie dich liebt – daß sie dich versteht … Darauf ist ein großer Teil der Bande weich geworden …«
»Ah, l’amour! Vive la France!«
»… aber nicht alle. Da ist eine Gruppe um den hinkenden François. Du kennst ihn doch, Pferdefuß nennen wir ihn …«
Thomas kannte ihn nicht, er hatte aber von ihm gehört. »Pferdefuß« war das älteste Mitglied der Bande, er verdankte den Namen zu gleichen Teilen seinem Hinken, seiner Gewalttätigkeit und seinen Methoden bei der Eroberung eines weiblichen Wesens.
»… Pferdefuß ist dafür, dich umzulegen …«
»Charmant.«
»… er hat nichts gegen dich, sagt er, aber dein Einfluß auf Chantal ist verheerend. Du weichst sie auf …«
»Na, na!«
»… du bist der Untergang unserer Bande. Um Chantal zu schützen, sagt er, muß man dich umlegen … Pierre, hau ab! Mach, daß du wegkommst.«
»Im Gegenteil.«
»Was?«
»Hör mal genau zu, Bastian«, sagte Thomas Lieven. Das tat sein Freund, kopfschüttelnd zuerst, zweifelnd sodann, einverstanden zuletzt. Er knurrte: »Na schön, wenn du dir das zutraust. Also dann in zwei Stunden. Aber alles auf deine Verantwortung!« Er hängte auf und ging zurück in das verqualmte Hinterzimmer, in welchem der hinkende François, genannt Pferdefuß, gerade leidenschaftlich dafür plädierte, diesen Jean Leblanc oder Pierre Hunebelle, oder wie er auch immer heißen mochte, in ein besseres Jenseits zu befördern.
»… im Interesse von uns allen«, sagte er eben und stieß dabei die Spitze eines ungemein dünnen, ungemein scharfen Klappmessers in die Tischplatte. Dann fuhr er Bastian an: »Wo warst du?«
»Ich habe mit Pierre telefoniert«, antwortete dieser ungerührt. »Er lädt uns alle zum Essen ein. In zwei Stunden. In meiner Wohnung. Er meint, wir könnten dann alles in Ruhe besprechen.«
Chantal schrie auf. Plötzlich redeten alle durcheinander. »Ruhe!« brüllte der hinkende François. Es wurde still.
»Mut hat der Kerl«, sagte François beeindruckt. Dann lächelte er böse. »Na schön, Kollegen, laßt uns hingehen …«
10
»Meine Herren, ich begrüße Sie«, sagte Thomas Lieven. Er küßte der bleichen Bandenchefin, die am Ende ihrer Nervenkraft angelangt war, die Hand.
Die fünfzehn Ganoven drängten in Bastians Wohnung, grinsend zum einen Teil, verbissen und drohend zum anderen. Sie erblickten eine festlich gedeckte Tafel. Mit Hilfe von Olive hatte Thomas sie errichtet – auf Bastians großem Eisenbahntisch. Die Berge, Täler, Brücken, Flüsse und Bahnhöfe hatte er entfernt, aber ein Schienenstrang lief auch noch auf dem weißen Tischtuch von einem Ende der Tafel zum andern, vorbei an Gläsern, Tellern und Bestecken.
»Wohlan«, sprach Thomas händereibend. »Wenn ich die Herrschaften bitten dürfte, Platz zu nehmen. Chantal an der Tête, ich muß aus bestimmten Gründen am anderen Ende der Tafel sitzen. Bitte, meine Herren, machen Sie es sich gemütlich. Verschieben Sie Ihre Mordabsichten noch ein Weilchen.«
Miteinander flüsternd, murmelnd und noch sehr argwöhnisch setzten sich die Männer. Vor Chantals Platz stand eine Vase mit roten Treibhausrosen.
Thomas hatte an alles gedacht …
Olive und zwei seiner Kellner servierten den ersten Gang, Käsesuppe. Thomas hatte sie in der Küche von »Chez Papa« zubereitet. Auch das Geschirr und das Besteck stammten aus der Kneipe. »Gesegnete Mahlzeit«, wünschte Thomas. Er saß am Ende des Tisches. An seinem Platz standen geheimnisvolle Gegenstände. Niemand konnte sie erkennen, da Servietten darüber gedeckt waren. Unter diesen Tuchhügeln endete der Schienenstrang.
Schweigsam verzehrten die Herren die Suppe. Immerhin: Sie waren Franzosen, und sie wußten gutes Essen zu würdigen.
Menu • 8. Dezember 1940
Ein groteskes Essen rettet Thomas Lievens Leben.
Käsesuppe
Kaninchenragout mit breiten Nudeln
Überraschungspastete mit Champignonsauce
Käsesuppe:
Man nehme reichlich geriebenen Parmesankäse, weiche ihn in Milch ein und verquirle ihn gründlich. – Man rühre den geriebenen Käse dann vorsichtig, weil er leicht gerinnt, in kochende Fleischbrühe ein, nehme die Suppe vom Feuer und ziehe sie mit Eigelb ab.
Kaninchenragout:
Man nehme ein großes junges, gut abgehäutetes Kaninchen und zerhacke es in mittlere
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