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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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mich noch nicht entscheiden. Ich muß noch einmal mit dem Engländer reden.«
    Dasselbe Spiel hatte Thomas Lieven mit Lovejoy getrieben. Auch diesen hatte er immer wieder vertröstet und darauf hingewiesen, daß sein Konkurrent mehr bot, immer noch mehr. Auf diese Weise war bei beiden Herren zuletzt ein Angebot von je 10 000 Dollar zu erreichen gewesen. Thomas wollte es dabei bewenden lassen.
    Den beiden Herren hatte er ernst erklärt: »Es muß bis zu Ihrer Abreise absolut geheim bleiben, daß ich
Ihnen
die Tasche verkauft habe, sonst sind Sie Ihres Lebens nicht sicher. Die Übergabe muß darum an einem unauffälligen Ort stattfinden.«
    Loos hatte sich für einen Umkleideraum im Reich des Herrn dos Santos entschieden. Er erklärte Thomas: »Toller Kerl, der Schneider! Macht Ihnen in drei Tagen einen tadellosen Maßanzug aus bestem englischem Stoff.« Er klopfte an seinen Ärmel. »Greifen Sie mal an!«
    »Tatsächlich, ausgezeichnet.«
    »Wir lassen alle hier arbeiten.«
    »Wer ist alle?«
    »Sämtliche Agenten, die in Lissabon wohnen.«
    »Und dann nennen Sie das einen unauffälligen Ort?«
    Loos zeigte sich begeistert von der eigenen Schlauheit: »Gerade! Verstehen Sie nicht? Keiner der lieben Herren Kollegen würde sich träumen lassen, daß ich dienstlich hier bin!«
    »Aha.«
    »Außerdem habe ich José hundert Escudo gegeben.«
    »Wer ist José?«
    »Der Zuschneider. Wir sind hier ungestört.«
    »Haben Sie das Geld?«
    »Selbstverständlich. In diesem Kuvert. Und die Listen?«
    »In dieser Tasche.«
    Danach sah sich der Major sechs Listen mit einhundertsiebzehn Adressen an und Thomas Lieven ein Kuvert mit zweihundert 50-Dollar-Noten. Beiden schien zu gefallen, was sie sahen.
    Der Major schüttelte Thomas die Hand. »Meine Maschine geht in einer Stunde. Viel Glück, alter Schurke. Ich habe Sie richtig liebgewonnen. Vielleicht sehen wir uns wieder.«
    »Hoffentlich nicht.«
    »Na dann – Heil Schicki!« Loos hob den rechten Arm.
    »Wie bitte?«
    »So sagen die Herren von unserer Mission hier. Der Kerl soll doch mal Schicklgruber geheißen haben. Sind lauter prima Kameraden hier unten, wirklich. Sollten Sie näher kennenlernen.«
    »Ach nein doch, danke.«
    »Überhaupt keine Nazis!«
    »Natürlich nicht«, sagte Thomas Lieven. »Gute Reise, Herr Lehmann. Und grüßen Sie unbekannterweise den Herrn Admiral von mir.«
    4
    Im Hinblick auf die besondere politische Lage Portugals zeigen wir keine Wochenschau
    gab eine Tafel im Foyer des Lissaboner Filmtheaters »Odeon« bekannt.
    Aber den deutschen Film »Feuertaufe« zeigte das »Odeon«!
    In einer Loge traf Thomas Lieven während der Vieruhrvorstellung mit dem englischen Agenten Lovejoy zusammen. Während sich auf der Leinwand deutsche Stukas über Warschau hermachten, wechselten noch einmal eine schwarze Tasche und 10 000 Dollar den Besitzer. Während Bomben explodierten, Häuser in die Luft flogen und zackige Marschmusik erklang, brüllte Lovejoy, um den Schlachtenlärm zu übertönen, in Thomas Lievens Ohr: »Ich habe eigens dieses Kino ausgesucht. Hier können wir uns ruhig unterhalten, es versteht uns kein Mensch. Intelligent, was?«
    »Sehr intelligent!«
    »Der Nazi wird zerspringen!«
    »Wann fliegen Sie nach London?«
    »Noch heute abend.«
    »Na, dann gute Reise.«
    »Wie, bitte?«
    »Ich sagte: Gute Reise!« schrie ihm Thomas ins Ohr.
     
    Die echten Listen hatte er natürlich längst in kleine Stücke gerissen und im Badezimmer seines Appartements fortgespült. In der schwarzen Originaltasche, die im Tresor des Parque-Hotels ruhte, wartete die dritte Ausfertigung der falschen Listen mit den Namen von einhundertsiebzehn teuren Verblichenen auf den Major Maurice Débras.
    Débras war in Madrid. Am 3. September wollte er in Lissabon eintreffen. Er hatte mit Thomas besprochen: »Vom 3. September an warten wir allabendlich ab 22 Uhr im Speisesaal von Estoril aufeinander.«
    Jetzt also noch den Major erledigen, dachte Thomas Lieven, während er am Abend des 3. September mit der Schnellbahn nach Estoril hinausfuhr, und dann untergetaucht in einer kleinen Pension bis zum 10. September!
    Am 10. September lief sein Schiff, die »General Carmona«, aus. Es war besser, überlegte Thomas, wenn er bis dahin möglichst unsichtbar blieb. Denn es war anzunehmen, daß bis dahin zumindest die Herren in Berlin herausgefunden haben würden, was er ihnen angetan hatte.
    Daß Débras etwas merkte, war ziemlich unwahrscheinlich. Der Major wollte sofort weiter nach

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