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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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von einem Zentimeter. Man entkerne dieses herausgelöste Fruchtfleisch, schneide es in mittelgroße Würfel und fülle es wieder in die Melone. Über diese Füllung gieße man einen herben Champagner – so viel, daß die Würfel gut bedeckt sind, aber nicht schwimmen.
    Danach wird der »Deckel« aufgesetzt, die Melone kalt gestellt und eiskalt serviert. Man kann diesen Nachtisch auf viele Arten variieren, etwa, indem man likörgetränkte Kirschen oder andere Früchte hinzufügt. Der Feinschmecker bevorzugt die oben beschriebene Art, weil dabei das natürliche Aroma der Melone am besten zur Geltung kommt.
    »Und Spielbankdirektor! Ich brauche nicht weiterzusprechen!«
    Dieses Gespräch irrt ab, dachte Thomas Lieven und sagte darum: »Gewiß nicht. Etwas allerdings würde mir großen Spaß machen …«
    »Nämlich?«
    »Ihr Spiel einen Abend lang zu finanzieren.«
    »Mein Herr!«
    »Wenn Sie gewinnen, teilen wir.«
    »Das geht nicht – das ist ausgeschlossen – ich kenne Sie doch überhaupt nicht …«, begann die Konsulin.
    Kleiner Zeitsprung. Zehn Minuten später: »Also meinetwegen – aber nur unter der Bedingung, daß wir wirklich teilen, wenn ich gewinne!«
    »Selbstverständlich.«
    Estrellas Augen begannen zu leuchten, unruhig ging ihr Atem, die Wangen röteten sich: »Wo bleibt denn der Nachtisch, ach, ich bin so aufgeregt, ich fühle ganz deutlich: Jetzt werde ich gewinnen – was ich will, gewinnen …«
    Eine Stunde später hatte die temperamentvolle Dame, welche die Deutschen und das Roulett haßte, zwanzigtausend Escudo verloren, also fast dreitausend Mark. Einer Maria Magdalena ähnlich kam sie erschüttert zu Thomas, der an der Bar saß: »O Gott, ich schäme mich so.«
    »Aber warum denn bloß?«
    »Wie soll ich Ihnen das Geld zurückgeben? Ich – ich bin im Moment ganz knapp …«
    »Betrachten Sie es als Geschenk.«
    »Unmöglich!« Jetzt sah sie wieder aus wie ein Engel der Rache, wie aus Marmor gemeißelt. »Wofür halten Sie mich! Es scheint, Sie haben sich in mir gründlich geirrt, mein Herr!«
    6
    Das Boudoir lag im Halbdunkel. Kleine Lämpchen mit roten Schirmen brannten. Auf einem Tischchen stand die Fotografie eines seriösen Herrn mit Zwicker und großer Nase. Der vor Jahresfrist verblichene Anwalt Pedro Rodrigues blickte, in Kleinformat und aus einem Silberrahmen, auf seine Witwe Estrella.
    »Ach, Jean – Jean, ich bin so glücklich …«
    »Und ich, Estrella, und ich. Zigarette?«
    »Laß mich an deiner ziehen …«
    Er ließ sie ziehen und sah gedankenvoll die schöne Frau an. Mitternacht war längst vorbei. In der großen Villa der Konsulin regte sich nichts mehr. Das Personal schlief.
    Sie schmiegte sich an ihn und streichelte ihn.
    »Estrella, Liebling …«
    »Ja, mein Herz?«
    »Hast du sehr viele Schulden?«
    »Wahnsinnig viele … Auf dem Haus liegen Hypotheken …, ich habe schon Schmuck versetzt. Ich hoffe doch immer, daß ich noch alles zurückgewinnen kann …«
    Thomas sah die Fotografie an: »Hat er dir viel hinterlassen?«
    »Ein kleines Vermögen … Dieses elende, dieses teuflische Roulett, wie ich es hasse!«
    »Und die Deutschen!«
    »Und die Deutschen, ja!«
    »Sag mal, chérie, von welchem Land bist du eigentlich Konsulin?«
    »Von Costa Rica. Warum?«
    »Hast du schon einmal einen costaricanischen Paß ausgestellt?«
    »Nein, nie …«
    »Aber doch sicherlich dein Mann?«
    »Ja, der schon … Weißt du, seit Kriegsbeginn ist überhaupt niemand mehr hergekommen. Ich glaube, es gibt gar keine Costaricaner mehr in Portugal.«
    »Liebling, hm, aber gewiß gibt es doch noch ein paar Paßformulare im Hause?«
    »Ich weiß es nicht … Als Pedro starb, habe ich alle Formulare und Stempel in einen Koffer gepackt und auf den Boden getragen … Warum interessiert dich das?«
    »Estrella, Schätzchen, weil ich gerne einen Paß ausstellen würde.«
    »Einen Paß?«
    Im Vertrauen auf ihre finanzielle Misere sagte er sanft: »Oder auch mehrere.«
    »Jean!« Sie war entsetzt. »Soll das ein Scherz sein?«
    »Mein Ernst.«
    »Was bist du bloß für ein Mensch?«
    »Der Kern ist gut.«
    »Aber – was sollten wir denn mit den Pässen anfangen?«
    »Wir könnten sie verkaufen, schönes Kind. Hier gäbe es viele Käufer. Und sie würden viel bezahlen. Und mit dem Geld könntest du … Ich brauche nicht weiterzusprechen …«
    »Oh!« Estrella holte tief Atem. Sie sah hinreißend aus, wenn sie tief Atem holte. Estrella schwieg. Estrella dachte nach –

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