Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
Vom Netzwerk:
dann geschädigt sein, mehr: Keiner würde jemals merken, was da für ein Ding gedreht worden war. Tja, so einfach funktioniert so etwas, wenn so etwas funktioniert …
     
    Als Thomas Lieven, alias Wilfried Ott, Stunden später die Halle seines Hotels betrat, sah er Hélène de Couville in einem Sessel sitzen.
    »Hallo, welche Freude!«
    Unendlich langsam blickte Hélène von ihrer Modezeitschrift auf. Unendlich gelangweilt äußerte sie: »Oh, guten Tag.«
    Sie trug ein braunes Pepitakleid an diesem kühlen Tag und eine Jacke aus kanadischem Naturnerz. Es gab keinen Mann in der Hotelhalle, der sich nicht immer wieder nach ihr umgeschaut hätte. Thomas sagte: »Sie haben sich ein bißchen verspätet, aber ich bin sehr glücklich, daß Sie doch noch gekommen sind.«
    »Herr Ott, nehmen Sie zur Kenntnis: Ich komme nicht zu Ihnen, sondern zu einer Freundin, die hier wohnt.«
    Thomas sagte: »Wenn es heute nicht geht, dann vielleicht morgen vormittag zum Apéritif?«
    »Morgen verreise ich an die Riviera.«
    Thomas schlug die Hände zusammen: »Ist das ein Zufall! Wissen Sie, daß ich morgen auch an die Riviera fahre? Ich hole Sie ab. Sagen wir, um elf?«
    »Ich werde selbstverständlich nicht mit Ihnen fahren. Da kommt meine Freundin.« Sie stand auf. »Leben Sie wohl – wenn Sie können.«
    Am nächsten Vormittag, sieben Minuten nach elf, fuhr Hélène de Couville in einem kleinen Sportwagen aus dem Parktor des Château Montenac – und an Thomas vorbei.
    Er verneigte sich, sie sah zur Seite. Er setzte sich in seinen Wagen und fuhr ihr nach.
    Bis Grenoble geschah nichts Berichtenswertes.
    Knapp hinter Grenoble blieb Hélènes Wagen stehen. Sie stieg aus. Er hielt neben ihr.
    »Etwas mit dem Motor«, sagte sie.
    Er untersuchte den Motor, konnte aber keinen Defekt finden.
    Hélène war bereits in ein nahe gelegenes Haus gegangen, um nach einem Mechaniker zu telefonieren. Der kam auch bald und erklärte, die Benzinpumpe wäre »völlig im Eimer«; der Wagen müsse abgeschleppt werden, die Reparatur dauere mindestens zwei Tage.
    Thomas war davon überzeugt, daß der Mechaniker log, um eine teure Rechnung schreiben zu können, aber er war selig, auf einen Lügner gestoßen zu sein. Er lud Hélène ein, die Reise in seinem Wagen fortzusetzen.
    »Sie sind sehr freundlich, Herr Ott«, antwortete sie nach langem Zögern.
    Ihr Gepäck wurde umgeladen. Der Lügner bekam von Thomas heimlich ein aristokratisches Trinkgeld.
    Die nächsten 100 Kilometer sprach Hélène ein einziges Wort. Als Thomas einmal nieste, sagte sie: »Wohlsein!«
    Nach weiteren 100 Kilometern gab sie bekannt, daß sie in Monte Carlo mit ihrem Verlobten verabredet sei.
    »Der Arme«, sagte Thomas. »Er wird wenig von Ihnen haben.«
    In Monte Carlo brachte er Hélène wunschgemäß in das »Hôtel de Paris«. Hier lag eine Nachricht für sie. Ihr Verlobter war in Paris festgehalten, er konnte nicht kommen.
    »Ich nehme sein Appartement«, erklärte Thomas.
    »Sehr wohl, Monsieur«, sagte der Rezeptionschef und steckte die 5000-Franc-Note ein.
    »Aber wenn mein Verlobter doch noch kommt …«
    »Dann soll er sehen, wo er bleibt«, sagte Thomas, zog Hélène beiseite und flüsterte: »Das ist überhaupt kein Mann für Sie. Sehen Sie nicht, daß hier die Vorsehung am Werk ist?«
    Da mußte die junge Dame plötzlich lachen.
    Sie blieben zwei Tage in Monte Carlo, dann fuhren sie nach Cannes. Hier stiegen sie im »Hôtel Carlton« ab. Thomas machte sich ein paar schöne Tage. Er fuhr mit Hélène nach Nizza, St. Rafael, St. Maxim und St. Tropez. Er schwamm mit ihr im Meer. Er mietete ein Motorboot, fuhr Wasserski mit ihr. Er lag neben ihr am Strand.
    Hélène lachte über dieselben Dinge wie er, dieselben Speisen schmeckten ihr, dieselben Bücher liebte sie, dieselben Bilder.
    Als sie nach sieben herrlichen Tagen seine Geliebte wurde, stellte er fest, daß sie sich wirklich auf
jedem
Gebiet verstanden. Und dann geschah es: in der ersten Stunde des achten Tages …
    Mit feuchtschimmernden Augen lag Hélène de Couville auf dem Bett ihres Schlafzimmers. Thomas saß neben ihr. Sie rauchten beide. Er streichelte ihr Haar. Verwehte Musik klang in den Raum. Nur eine kleine Lampe brannte.
    Hélène seufzte und rekelte sich: »Ach, Will, ich bin so glücklich …« Sie nannte ihn Will. Wilfried erinnerte sie zu sehr an Richard Wagner, meinte sie.
    »Auch ich, mein Herz, auch ich.«
    »Wirklich?«
    Da war er wieder, dieser seltsame, grübelnde Blick in ihren schrägen

Weitere Kostenlose Bücher