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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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selbst anboten.
    Und acht Briefe schließlich stammten von Menschen, die Geld offerierten.
    Die achtunddreißig Briefe der ersten drei Gruppen zerriß Thomas Lieven in viele kleine Stücke.
    Von den verbleibenden Offerten erregten zwei wegen ihrer absoluten Gegensätzlichkeit das besondere Interesse Thomas Lievens.
    Der eine Brief war mit einer nicht sehr guten Maschine auf nicht sehr gutes Papier geschrieben worden – in nicht sehr gutem Deutsch. Der Absender bot »… gegen eine Verzinsung, wo für mich interessant ist, Beträge bis zu Schweizer Franken 1 000 000«. Unterzeichnet war die Offerte: »Pierre Muerrli, Häusermakler«.
    Der andere Brief war in kleiner, zierlicher Schrift mit der Hand geschrieben. Der gelbliche Bogen aus feinstem Bütten trug in der Mitte des oberen Randes eine kleine goldene Krone mit fünf Zacken.
    Der Text lautete:
    Château Montenac, 8. Mai 1957
    Sehr geehrter Herr!
    In Zusammenhang mit Ihrer Annonce in der Neuen Zürcher Zeitung bitte ich – nach telefonischer Anmeldung – um Ihren Besuch.
    H. de Couville
    Sinnend legte Thomas die so ungleichen Bogen nebeneinander, sinnend betrachtete er sie. Sinnend holte er aus der Westentasche die goldene Repetieruhr und ließ die silberhellen Schläge ertönen – eins, zwei, drei … und noch zwei Schläge: halb vier Uhr.
    Pierre Muerrli, überlegte Thomas, war gewiß ein sehr reicher Mann, wenn auch ein sehr geiziger. Er kaufte schlechtes Papier und schrieb auf einer alten Maschine.
    Dieser H. de Couville schrieb zwar mit der Hand, aber auf bestes Papier. Ob er ein Graf war? Ein Baron?
    Mal sehen …
     
    Das Château Montenac lag in einem mächtigen Park auf dem Südhang des Zürichberges. In Serpentinen führte ein breiter Kiesweg zu dem kleinen, kaisergelb gestrichenen Palais mit den grünen Fensterläden empor. Thomas parkte seinen Wagen vor einer mächtigen Auffahrt.
    Ein ungemein hochmütiger Diener stand plötzlich vor ihm: »Monsieur Ott? Ich bitte, mir zu folgen.« Er führte ihn ins Haus, durch mehrere prunkvolle Räume und zuletzt in ein prunkvolles Arbeitszimmer.
    Hinter einem zierlichen Schreibtisch erhob sich hier eine schlanke, elegante junge Frau von etwa 28 Jahren. In weichen Wellen fiel ihr kastanienbraunes Haar bis fast auf die Schultern. Hellrosa glänzte der große Mund. Schräggeschnitten waren die braunen Augen, hochgestellt die Backenknochen. Lange, seidige Wimpern besaß die Dame, samtweiche, goldgetönte Haut.
    Thomas verspürte einen Stich. Damen mit schrägen Augen und hohen Backenknochen hatten in seinem Leben Verheerungen angerichtet. Dieser Typ, dachte er, beträgt sich immer gleich. Abweisend. Kühl. Überheblich. Aber wenn man ihn dann näher kennenlernt – dann gibt’s kein Halten mehr!
    Die junge Dame sah ihn ernst an: »Guten Tag, Herr Ott. Wir haben miteinander telefoniert. Bitte, nehmen Sie Platz.«
    Sie setzte sich und kreuzte die Beine. Das Kleid glitt etwas zurück. Auch noch lange, schöne Beine! dachte Thomas.
    »Herr Ott, Sie suchen eine Beteiligung. Sie sprachen von erstklassigen Sicherheiten. Darf ich wissen, worum es sich dabei handelt?«
    Das geht denn doch ein bißchen weit, dachte Thomas. Kühl sagte er: »Ich denke, damit muß ich Sie nicht belästigen. Wenn Sie freundlicherweise Herrn de Couville sagen möchten, daß ich da bin. Er hat mir geschrieben.«
    »Ich habe Ihnen geschrieben. Ich heiße Hélène de Couville. Ich erledige alle Geldgeschäfte für meinen Onkel«, erklärte die junge Dame überkühl. »Also, Herr Ott, was nennen Sie eine erstklassige Sicherheit?«
    Thomas neigte lächelnd den Kopf: »Neu aufgelegte Aktien der DESU -Werke, hinterlegt in einem Depot der ›Schweizer Zentralbank‹. Nominalwert: eine Million. Börsenkurs der Altaktien: zwohundertsiebzehn …«
    »Welche Verzinsung bieten Sie?«
    »Acht Prozent.«
    »Und an welche Summe denken Sie?«
    Herrgott, diese kühlen Augen, dachte er und sagte: »Siebenhundertfünfzigtausend Schweizer Franken.«
    »Bitte?«
    Zu seinem Erstaunen sah Thomas Lieven, daß Hélène de Couville plötzlich nervös wurde. Die Zungenspitze glitt über die hellroten Lippen. Die Wimpern flatterten ein wenig. »Ist das nicht eine – hm, etwas hohe Summe, Herr Ott?«
    »Wieso bitte? Bei
dem
Börsenwert der Aktien?«
    »Gewiß … ja … aber …« Sie stand auf. »Es tut mir leid, ich glaube, da muß ich doch meinen Onkel holen. Verzeihen Sie, bitte, einen Augenblick.«
    Er stand auf. Sie verschwand. Er setzte sich wieder. Er

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