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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Lucie …«
    Thomas erinnerte sich gut an Lucie. Das schöne blonde Mädchen aus Köln hatte jahrelang als Marlocks Freundin in London gelebt. Dann mußte etwas Schwerwiegendes vorgefallen sein – niemand wußte genau zu sagen, was –, denn von einem Tag zum anderen war Lucie Brenner nach Deutschland zurückgekehrt.
    »Scheußlich von mir, Sie damit zu belästigen, Lieven«, klagte Marlock jetzt, dem Jüngeren, mit Anstrengung zwar, aber doch immer noch direkt in die Augen blickend. »Ich dachte bloß, wenn Sie schon in Brüssel sind, könnten Sie vielleicht schnell den Sprung nach Köln hinüber machen und mit Lucie reden.«
    »Nach Köln? Warum fahren Sie nicht selber? Sie sind doch ebenfalls Deutscher …«
    Marlock sprach: »Ich würde sehr gern nach Deutschland fahren, aber die internationale Lage … Zudem, ich habe Lucie damals sehr verletzt, ich bin ganz ehrlich …« – Marlock sagte gern und oft, daß er ganz ehrlich sei – »… ganz ehrlich, ja. Da war eine andere Frau. Lucie hatte jedes Recht, mich zu verlassen. Sagen Sie ihr, ich bitte sie um Verzeihung. Ich will alles gutmachen. Sie soll zurückkommen …«
    In seiner Stimme schwang nun jene Rührung, die in den Stimmen der Politiker schwingt, wenn sie von ihrer Sehnsucht nach Frieden sprechen.
    2
    Am Morgen des 26. Mai 1939 traf Thomas Lieven in Köln ein. Vom »Dom-Hotel« wehten große Hakenkreuzfahnen. Überall in der Stadt wehten Hakenkreuzfahnen. Der »Stahlpakt« wurde gefeiert. Thomas sah viele Uniformen. Auf den Teppichen der Hotelhalle knallten Stiefel aneinander wie Schüsse.
    Im Zimmer stand ein Bild des »Führers« auf dem Schreibtisch. Thomas lehnte seinen Rückflugschein daran. Er nahm ein heißes Bad. Dann kleidete er sich um und rief Lucie Brenner an.
    Als der Hörer am andern Ende der Leitung abgehoben wurde, ertönte ein verdächtiges Knacken, das Thomas Lieven jedoch entging. Dem Superagenten von 1940 war im Jahr 1939 die Existenz von Abhörgeräten noch völlig unbekannt.
    »Brenner!«
    Da war sie wieder, die verrauchte, aufregend heisere Stimme, an die er sich noch so gut erinnerte.
    »Fräulein Brenner, hier spricht Lieven. Thomas Lieven. Ich bin gerade in Köln angekommen und …« Er unterbrach sich. Er hatte zwar nicht das neuerliche Knacken in der Leitung, wohl aber ihren unterdrückten Aufschrei wahrgenommen.
    Charmant lächelnd fragte er. »War das ein Freudenschrei?«
    »O Gott«, hörte er sie sagen.
    Knack, machte es wieder.
    »Fräulein Brenner, Marlock bat mich, Sie zu besuchen …«
    »Der Schuft!«
    »Aber nicht doch …«
    »Der elende Schuft!«
    »Fräulein Brenner, so hören Sie doch! Marlock will Sie durch mich um Verzeihung bitten. Darf ich zu Ihnen kommen?«
    »Nein!«
    »Aber ich habe ihm versprochen …«
    »Verschwinden Sie, Herr Lieven! Mit dem nächsten Zug! Sie wissen ja nicht, was hier los ist!« Knack, machte es in der Leitung, ohne daß Thomas Lieven darauf achtete.
    »Nein, nein, Fräulein Brenner, Sie sind es, die nicht weiß, was los ist …«
    »Herr Lieven …«
    »Bleiben Sie daheim, ich bin in zehn Minuten bei Ihnen!« Er legte auf und zog am Knoten seiner Krawatte. Sportlicher Ehrgeiz hatte ihn gepackt.
    Ein Taxi brachte Thomas – selbstverständlich mit steifem Hut und peinlich gerolltem Regenschirm – hinaus nach Lindenthal. Hier wohnte Lucie Brenner im zweiten Stock einer Villa am Beethovenpark.
    Er klingelte an der Wohnungstür. Von jenseits erklang dumpfes Geflüster. Mädchenstimme, Männerstimme. Thomas wunderte sich, aber nur ganz wenig. Denn Mißtrauen wohnte vorerst nicht in seiner heiteren Seele.
    Die Tür ging auf. Lucie Brenner wurde sichtbar. Sie trug einen Morgenrock und anscheinend wenig darunter. Sie war außerordentlich erregt. Als sie Thomas erkannte, ächzte sie: »Wahnsinniger!«
    Danach ging alles sehr schnell.
    Zwei Männer wurden hinter Lucie sichtbar. Sie trugen Ledermäntel und sahen aus wie Schlächter. Der eine Schlächter stieß Lucie grob beiseite, der andere Schlächter packte Thomas am Revers.
    Vergessen waren Selbstbeherrschung, Ruhe und Zurückhaltung! Mit beiden Händen packte Thomas die Schlächterfaust und drehte sich in einer tänzerisch anmutigen Bewegung. Plötzlich hing der Schlächter höchst verblüfft über Thomas Lievens rechter Hüfte. Eine kleine, ruckartige Verbeugung vollführte unser Freund. Ein Gelenk knackte. Der Schlächter schrie gellend auf, flog sausend durch die Luft und landete krachend auf dem Dielenboden. Hier

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