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Es muss nicht immer Mord sein

Es muss nicht immer Mord sein

Titel: Es muss nicht immer Mord sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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nachgedacht.
Ein Bild meiner Mutter in dem neuen Kleid, das sie für meine Abschlußfeier
gekauft hatte, huschte mir durch den Kopf. Mein Vater hatte in unserer knappen
Korrespondenz keinerlei Neugier, geschweige denn Stolz in bezug auf meine
Leistungen geäußert. Meine Finger zerknüllten den Umschlag in meiner Tasche.
    Ich fragte, ob Liz auf der Universität gewesen
sei. Sie kicherte.
    »Ich? Ach, nein! Dazu bin ich viel zu dumm.
Außerdem hätte das mein Vater nie erlaubt. Er hat mich gern im Auge behalten.«
    Das hörte sich eher nach einer viktorianischen
Kindheit an als nach einer zeitgenössischen.
    »Du hast also immer in einem Laden gearbeitet?«
erkundigte ich mich.
    »Nein«, sagte sie wehmütig. »Ich war Krankenschwester.
Das mußte ich allerdings aufgeben. Aus gesundheitlichen Gründen.«
    »Mein Freund ist Krankenpfleger«, sagte ich und
kam mir ein bißchen albern dabei vor, Dave meinen Freund zu nennen, aber
>jemand, mit dem ich kürzlich ins Bett gegangen bin, ist Krankenpflegen
hätte sich einfach zu lächerlich angehört.
    »Dave?« sagte sie und trank ihren Kaffee aus.
»Das wußte ich nicht. Komm, du willst doch nicht zur spät zur Arbeit kommen.«
    Ich lief zu Fuß zur U-Bahn-Station, ein wenig
verdutzt. Ich konnte mich nicht erinnern, Dave namentlich erwähnt zu haben. Liz
ging in die entgegengesetzte Richtung davon, um den 74er Bus zu erwischen.
     
    Ich hatte endlich daran gedacht, meine
frischgewaschenen Joggingshorts und das T-Shirt zur Arbeit mitzubringen, also
war es eine ziemliche Enttäuschung, daß Jools nicht anrief, um ein Treffen in
der Mittagspause vorzuschlagen. Ich beschloß, trotzdem in den >Garten
Eden< hinunterzugehen und mich mutig einer vollen Trainingsrunde zu stellen.
    Es stellte sich heraus, daß ich ein Instruktionsprogramm
absolvieren mußte, ehe man mich an die Maschinen ließ, und zu meinem Verdruß
wurde mir Fiammetta zugeteilt, ein flammenhaariger Drachen mit einem Körper wie
Madonna, der mir einen demütigenden Vortrag über das Verhältnis meiner Kraft zu
meinem Gewicht hielt und mich an jeder Maschine volle zwanzig Übungen
absolvieren ließ, wenn mir auch an meinem ersten Tag drei vernünftiger
erschienen wären. Ich bemerkte, daß Kirk, der blonde männliche Trainer, es mit
seinem Schützling weit lockerer angehen ließ, den ich nach wiederholten
verstohlenen Blicken in die wandgroßen Spiegel schließlich als den jungen Mann
vom Yen-Tisch erkannte. Wenn ich ihn im Anzug sah, hätte ich nie vermutet, daß
er so behaart war. Ich winkte ihm von der Drückbank aus ein bißchen zu und
wurde mit einer zähneknirschenden Grimasse belohnt, die ich den Anstrengungen
der Trizepsmaschine zuschrieb.
    Meine Trainingsrunde hatte so lange gedauert,
daß kaum noch Zeit blieb, mir im Restaurant einen Teller Nudelsalat zu
schnappen.
    Ich aß alleine und sah zu, wie die engagierten
Schwimmer ernsthaft ihre Bahnen zogen. Warum, fragte ich mich, gibt es in jedem
vollen Schwimmbecken immer einen Mann, der damit imponieren muß, daß er
demonstrativ im Butterflystil herumplatscht?
    Als ich meinen Tisch abräumte, hörte ich ein
vertrautes rauhes Gelächter, das von einem Tisch kam, der von Laub nahezu
verdeckt war. Ich ging hinüber.
    Dort saß Jools, zusammen mit einem kurzhaarigen
jungen Typen, der einen scheußlichen dunkelgrünen Anzug anhatte, der schon glänzende
Stellen hatte. Bei ihnen war ein weit älterer Mann in einem teuren, aber ein
bißchen auffälligen hellgrauen Anzug. Jools sah auf, und die Überraschung, die
in ihrem Gesicht aufflackerte, machte bald einer überschwenglichen Begrüßung
Platz.
    »Sophie, du siehst großartig aus!«
    »Ich hab’ die volle Runde durchgestanden«, sagte
ich. »Genaugenommen bin ich total fertig. Ich hatte Fiammetta...« Ich wollte
gerade sagen, daß die ihre Berufung als Trainerin der deutschen Mannschaft bei
der Olympiade von 1936 verpaßt hatte, als Jools mich unterbrach.
    »Kennst du schon Harry, dem das Eden gehört?«
fragte sie.
    Der graue Anzug stand auf. Ich schüttelte ihm
die Hand.
    »Und mein Kollege Frank.« Er blieb sitzen,
lächelte aber.
    »Sophie ist...« Ich war mir sicher, daß Jools
gleich verraten würde, daß ich Aushilfssekretärin war. Ich unterbrach sie.
    »Ich bin schon zu spät dran«, sagte ich
entschuldigend. »War nett, Sie alle zu treffen.«
     
    Ich verbrachte den Nachmittag am Telefon mit
Dan. Die Tatsache, daß sämtliche Kritiker Englands darauf setzten, daß sein
Roman den Booker Prize bekommen

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