Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es muss nicht immer Mord sein

Es muss nicht immer Mord sein

Titel: Es muss nicht immer Mord sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
Vom Netzwerk:
innerlich,
aber meine Stimme war eiskalt.
    »Ah...« Es war das erste Mal, daß ich Nat je um
Worte verlegen gesehen hatte. Es war das erste Mal, wurde mir plötzlich klar,
daß ich ihn nüchtern gesehen hatte.
    »Ich hab’ nur eine einzige Frage. Warum gerade
ich?« wollte ich wissen. »Wenn ich denn überhaupt Talent besitze, dann doch
wohl kaum zum Pornostar. Ich hab’ ja nicht mal nennenswerte Titten...«
    »Ich weiß, Schätzchen«, sagte Nat, als sei er
froh, etwas gefunden zu haben, über das wir uns einig waren, »aber glaub mir,
ich kenne den Markt. Japanische Geschäftsleute stehen auf blonde Frauen aus dem
Westen, aber die können einfach zu groß und gewissermaßen bedrohlich sein. Aber
du, Heines, bist in physischer Hinsicht perfekt für sie... Und dein Name, Miss
Fitt, der paßt sozusagen in meine...«
    »Tja, falls ich mal total am Boden sein sollte,
weiß ich ja nun, wo ich hingehen und ein paar Mäuse verdienen kann«, sagte ich.
Noch mehr davon konnte ich nicht ertragen. »Ins Vergnügungsviertel von Tokio.
Aber in der Zwischenzeit, Nat, können Sie ihr Video nehmen und es sich
sonstwohin stecken...«
    »Ist irgendwas, Kleines?«
    Mir fielen eine Menge brillanter und
schlagfertiger Sätze ein, mit denen ich mich von Nat verabschieden konnte, aber
erst hinterher. Im Moment schrie ich bloß: »Ach, fick dich doch ins Knie, du
schmieriger alter Sack!« Und als ich mir meine Plastiktüte voller Requisiten
schnappte und hinausstürzte, mußte ich mich an den zurückkehrenden schönen
Menschen vorbeidrängeln, weil ich nicht wollte, daß sie meine Tränen sahen.
     
    Vor der Bank rannte ich in Jools. Sie hatte
gerade ein Training hinter sich und war auf der Suche nach jemandem, der mit
ihr zu Mittag essen wollte.
    »Nicht heute«, sagte ich.
    »Nun komm schon. Ich hab’ da ein großartiges
Restaurant entdeckt, wo es toskanisches Essen gibt«, sagte sie.
    Martin hatte gesagt, ich könne mir so viel Zeit
nehmen, wie ich wollte. Was soll’s, dachte ich.
     
    »Kannst du dich noch an die Zeit vor dem
gegrillten Gemüse erinnern?« fragte ich, als wir uns setzten. »Ich meine, warum
hat die Menschheit Millionen Jahre nach Entdeckung des Feuers erst zirka 1989 beschlossen, rote Paprikaschoten den Flammen auszusetzen?«
    »Das ist eben italienisch, oder?« bot Jools an,
als sei das eine Erklärung.
    »Und wenn du das Gemüse nicht grillen kannst,
dann trockne es um Himmelswillen, vorzugsweise an der Sonne. Da hast du
beispielsweise Porcini«, sagte ich, während sich Jools über eine große,
handbemalte Keramikschüssel mit dampfendem Risotto hermachte, »und ich würde
meinen Kopf darauf verwetten, daß im Salat ein paar sonnengetrocknete Tomaten
lauern. Neulich habe ich bei Camisa’s in der Old Compton Street sogar
sonnengetrocknete Auberginen gesehen. Ich meine, der einzige Sinn einer
Aubergine besteht schließlich darin, daß sie saftig ist und fleischig und literweise
Olivenöl aufsaugt. Aber bring mich gar nicht erst auf Olivenöl. Als ich noch
ein Kind war, hat das nur eines bedeutet — einen angewiderten Gesichtsausdruck
und eine Menge Angeberei mit verdorbenen Mägen, die von Leuten kam, die reich
genug waren, um Ferien in Spanien gemacht zu haben. Jetzt hat sogar der
Supermarkt an der Ecke mehrere Sorten davon, und ist dir eigentlich schon mal
aufgefallen, daß man es nicht mehr über die Sachen gießt? Das Wort heißt
>beträufeln<. Man gießt nicht mehr, man träufelt. Und...«
    »Hast du dir irgendwas reingezogen?« fragte
Jools, die mein Redestrom erstaunte.
    »Nein.«
    »Du probst also bloß für deine Show?«
    »Nein. Sorry. Ich red’ mir bloß ein bißchen
Frust von der Seele. Nein, nach heute ist meine Karriere im Showbusiness
definitiv beendet, glaube ich.« Ich begann die sogenannten Probeaufnahmen zu
beschreiben.
    Mit einer halben Stunde Abstand schien das alles
bereits ziemlich amüsant. Als ich zum Ende kam, kringelte sich Jools vor
Lachen.
    »Ich hab’ diesen Nat gleich ein bißchen komisch
gefunden«, sagte sie.
    »Komisch wie haha oder komisch wie seltsam?«
fragte ich.
    Mir huschte eine flüchtige Erinnerung an meine
Englischlehrerin durch den Kopf, eine gestrenge Dame mittleren Alters, die es
mit dem Vokabular überaus genau nahm. Ich hatte sie in dem Wäldchen am Ende des
Schulsportplatzes, wo wir hingingen, um das Rauchen zu üben, und ich zur
Unterhaltung meiner Mitschüler die Lehrer nachmachte, immer imitiert.
    Jools und ich kicherten erneut los wie

Weitere Kostenlose Bücher