Es muss nicht immer Mord sein
fragte mich, woher sie das wußte, aber dann
fiel mir wieder ein, daß Pat mir erzählt hatte, der Fall habe in den Zeitungen
gestanden. Ich knabberte nachdenklich mein geröstetes Fladenbrot mit Olivenmus.
»Wie geht’s eigentlich Dave?« fragte Jools.
Ich hatte sie nicht mehr gesehen, seit Dave und
ich auf der Isle of Wight gewesen waren, also setzte ich sie detailliert ins
Bild.
»Jetzt mal halblang, das ist die Isle of Wight,
Sophie. Bei dir hört sich das an wie Korfu oder so was«, sagte Jools und fügte
hinzu: »Das muß echt Liebe sein.«
»Na ja, da bin ich mir nicht so sicher, aber
näher war ich in diesem Jahr jedenfalls nicht dran. Wir sind fantastisch
miteinander ausgekommen, ich hab’ seine Tante wirklich gemocht, ich glaub’,
seine Tante hat mich auch gemocht. Versteht sich von selbst, daß er seither
nicht mehr angerufen hat und ich immer noch nicht weiß, wo ich dran bin.«
»Widersteh’ der Versuchung nachzufragen«, sagte
Jools weise.
»Yeah. So verzweifelt bin ich noch nicht. Ich
weiß sowieso, was er sagen würde. Er würde sagen, daß er mehr Freiraum braucht.
Warum sagen Männer das immer, wenn sie eigentlich meinen, daß sie die Beziehung
beenden wollen? Ich meine, als Jerry das zu mir gesagt hat, stellte sich
heraus, daß er 3 000 Meilen gottverdammten Freiraum mehr meinte. Einen ganzen
Ozean, genaugenommen.«
Kapitel Neunzehn
Am Sonntag
nachmittag klopfte Liz an meine
Tür und fragte, ob ich Lust auf einen Ausflug in den Zoo hätte. Ich hatte
versucht, genügend Enthusiasmus zusammenzubringen, um eine Runde durch den Park
zu joggen. Mein Telefon weigerte sich beharrlich zu klingeln, und ich war
wütend auf mich selbst, weil ich in der Erwartung, Dave werde anrufen, keine
Pläne fürs Weekend gemacht hatte, also war ich froh über die Ausrede dafür, aus
dem Haus zu gehen. Es war ein wunderschöner, milder Sommertag, der eine
Abwechslung gegenüber dem drückend schwülen Wetter bedeutete, das wir in
letzter Zeit gehabt hatten.
Ich war Liz im Lauf der Woche nur flüchtig
begegnet, und so hatten sich meine Befürchtungen, daß aus ihr eine
aufdringliche Nachbarin werden könne, ein wenig gelegt. Sie war eine angenehme
Gesellschaft, die keine großen Anforderungen stellte — genau das, was ich im
Moment brauchte — , zeigte eine echte Begeisterung für Momente wie die
Fütterung der Pinguine und schaffte es so, mich aus meiner selbstmitleidigen
Muffligkeit herauszulocken. Ich sah ihr zu, wie sie in dem Teil des Zoos, der
eigentlich als >Bauernhof< für die Kinder gedacht war, ein Lämmchen
streichelte. Ihrer Persönlichkeit fehlte es so vollkommen an Zynismus, daß ich
neugierig darauf wurde, mehr über ihren Hintergrund zu erfahren.
Sie wurde schüchtern und zurückhaltend, wenn sie
über ihre Familie sprach, aber ganz allmählich begann sich ein Bild
abzuzeichnen. Sie war das einzige Kind ziemlich betagter Eltern. Sie hatten in
einem Lebensmittelladen namens Family Value Store gewohnt, den ihr Vater
in einem kleinen Marktflecken in East Anglia besaß. Er war offenbar eine Säule
der örtlichen Gemeinschaft und Vorsitzender des Conservative Club gewesen. Sie seien dort sehr glücklich gewesen, sagte sie.
»Und warum seid ihr dann alle nach London
umgezogen?« fragte ich.
Wir saßen bei einer Tasse Tee in einem Café und
hofften, einen Blick auf die Elefanten zu erhaschen, die aus irgendeinem Grund
nicht gewillt zu sein schienen, aus ihrem Haus zu kommen und dem versammelten
Publikum ihre massige Gestalt zu präsentieren. Gelegentlich steckte einer den
Rüssel aus der Tür, schnüffelte an der Sommerluft und begab sich dann zurück
ins Elefantenhaus.
Liz blickte auf.
»Ach, es wurde alles ein bißchen zuviel für ihn,
den Laden zu führen und alles. Er bewarb sich um einen Job als Abteilungsleiter
im Großmarkt — du weißt schon, eine feste Anstellung mit Pension und allem. Wir
zogen nach London. Nach Hackney. Mama wohnt dort immer noch.«
»Wie lang ist das her?« fragte ich.
»Wir sind nach London gekommen, als ich zwanzig
war. Also habe ich hier mehr als mein halbes Leben verbracht.«
»Du bist über vierzig?« prustete ich; ich hatte
gerade den Mund voll Tee. »Aber du siehst viel jünger aus.«
»Tatsächlich?« sagte sie.
»Ich dachte, du wärst ungefähr in meinem Alter«,
sagte ich und übertrieb dabei ein bißchen nach unten.
»Oh, nein«, sagte Liz. Sie war offensichtlich
überrascht. »Ich bin alt genug, um deine Mutter zu sein.«
»Allenfalls,
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