ES NERVT ! Ist gesunder Menschenverstand heilbar? (German Edition)
man durchaus streiten, denn der dient in erster Linie dazu, das Auge zu erfreuen und die Abstaub-Utensilien produzierende Industrie am Leben zu erhalten. Ohne deren Produkte dürften diese Artikel eigentlich gar nicht verkauft werden. Das wäre sogar ein sinnvolles Zusatzgeschäft, so ein Deko-Blumensträußchen aus Porzellanersatz gleich mit dem farblich passenden Staubwedel anzubieten. Als Paket für 1,80 € anstatt dem Einzelpreis von je 1,00 €. Und da wäre immer noch genug daran verdient.
Über Unbrauchbares kann man allerdings nicht streiten und genau das ist es, was diese Shops so nervig macht und letzten Endes auch Arbeitsplätze kostet, oder schafft, sofern man in China lebt.
Was wird da nicht alles feilgeboten, das auf den ersten Blick auch noch durchaus sinnvoll erscheint, denn eine Kaffeemaschine, das oben zitierte Messer-Set oder eine Mikrowelle, sind eigentlich aus keiner Küche mehr wegzudenken. Und der Nachwuchs ist sicherlich begeistert, wenn er einen funkferngesteuerten Truck im Maßstab 1:12 bekommt, der neben vor- und rückwärtsfahren, auch noch blinken, hupen, mit den Scheibenwischern winken und in 15 Sprachen dieser Welt „Platz da, jetzt komme ich“ sagen kann. Zwar nicht auf Deutsch, aber dafür in Englisch, Chinesisch (Landessprache des Herstellers), Russisch, Tschechisch und in elf weiteren osteuropäischen Dialekten. Batterien inklusive.
Alles zusammen kostet keine 20 Euro und die Freude ist groß, denn Geiz ist ja bekanntlich geil, wenn man mit vollen Einkaufstüten zu Hause einläuft und sich sofort daran macht, die Neuanschaffungen in den täglichen Gebrauch zu übernehmen. Der Junior verschwindet mit seinem 40-Tonner im Kinderzimmer, und noch bevor man die Chance hat, den Karton der Kaffeemaschine zu öffnen, steht der Kleine schon wieder in der Küche und schreit „Mama, ich hab nur einmal gehupt und jetzt sind die Batterien leer“. Macht ja nix, ein Griff in die Schublade, zwei nagelneue Duracells herausgeholt, sich kurz gewundert, warum die genauso viel kosten wie der komplette Laster und schon hört man das fröhliche LKW-Horn für mindestens weitere zehn Minuten. Genau so lange braucht man auch, um festzustellen, dass die Kaffeemaschine nur Filtertüten verträgt, die mit einer chinesischen Norm versehen sind und selbst bei Melitta nur auf Anfrage und mit Mindestabnahmezahl von 100.000 Exemplaren produziert werden. Aber Not macht ja erfinderisch, mit Hilfe von etwas Klebeband, einer Schere und vier Filtertüten Modell „1×4“ – jetzt ist auch klar, warum die Dinger so heißen, man braucht vier Stück – ist ruckzuck ein Behältnis gebastelt, was das Kaffeepulver aufnimmt und einigermaßen in die Maschine passt. Mit ein bisschen Übung schafft man das in Zukunft sicher in weniger als drei Minuten.
Also los geht’s, das braune Heißgetränk hat man sich jetzt wahrlich verdient, Stecker rein, Schalter auf „on“ und … ein Riesenknall sorgt für Ablenkung. Zumal dem „Rumms“ ein deutlich hörbares Splittergeräusch folgt. Danach hört man zwar keinen Schmerzensschrei, aber schnelle Kinderschritte die sich rasch in Richtung Dachboden entfernen. Der Blick ins Wohnzimmer bringt Gewissheit, was man zwar geahnt, aber nicht gehofft hatte. Der Truck ist offenbar ungebremst in die Glasvitrine gerauscht und hat sie zum wirtschaftlichen Totalschaden transformiert. Dem Modellauto ist erstaunlich wenig passiert, also doch etwas qualitativ Hochwertiges, aber die Glastür liegt in 1000 Scherben auf dem Parkettboden verteilt. Wobei ca. 20 Teile nicht wirklich liegen, sondern eher stecken.
Zum Glück ist niemand verletzt, also macht man sich auf die Suche nach dem Kamikazepiloten, der mittlerweile tränenüberströmt sein Dachbodenversteck wieder verlassen hat und unter Schluchzen berichtet, dass er gerade die Höchstgeschwindigkeit erreicht hatte und just in dem Moment, als er bremsen und nach links abbiegen wollte, die Fernbedienung den Dienst quittierte. Ein kurzer Test bestätigt die Glaubwürdigkeit der Aussage und der Führerschein muss nicht entzogen werden, von anderen Repressalien ganz zu schweigen. Er hilft sogar freiwillig das Chaos zu beseitigen und voller Stolz sieht Muttern, wie vorsichtig und verantwortungsvoll der Jüngste mit den Glassplittern umgeht. Und das ohne die Ermahnung „sei vorsichtig, dass Du Dich nicht schneidest“. Ein schönes Gefühl und somit hat der Schaden auch was Gutes. Darauf einen Kaffee!
Zurück in der Küche, stellt man dann fest,
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