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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Atem ging schnell und etwas pfeifend, und aus irgendeinem Grund musste Henry dabei immer an eine Nähmaschine denken. Hinter der Tür konnte er den leisen Ton von Koontz’ Fernseher hören, und er wusste, dass Koontz die Nachtfilme auf Kanal 38 anschaute, Texas Driver dazu trank und vielleicht etwas aß. Koontz liebte am meisten Sandwiches mit Erdnussbutter und Zwiebeln. Als Henry das zum ersten Mal gehört hatte, war ihm fast übel geworden, und er hatte gedacht: Und dann heißt es, alle Verrückten seien eingesperrt.
    Diesmal kam die Stimme nicht vom Mond.
    Sie kam unter dem Bett hervor.
    Und Henry erkannte sie sofort. Es war die Stimme von Victor Criss, dessen Kopf vor siebenundzwanzig Jahren irgendwo unter Derry abgerissen worden war. Das Frankenstein-Monster hatte ihm den Kopf abgerissen, Henry hatte es gesehen; und dann hatte er gesehen, wie die Blicke des Monsters umherschweiften, wie es ihn mit seinen wässrig gelben Augen anstarrte. Ja, das Frankenstein-Monster hatte Victor ermordet, und dann hatte es Belch ermordet, aber Victor war jetzt wieder da, wie die fast geisterhafte Wiederholung einer Schwarz-Weiß-Sendung aus den Fünfzigern, als der Präsident noch glatzköpfig war und Buicks noch runde Scheinwerfer hatten.
    Und nun, da es geschehen war, da die Stimme erneut zu ihm sprach, stellte Henry fest, dass er keine Angst hatte, dass er ganz ruhig war. Sogar erleichtert.
    »Henry«, sagte Victor.
    »Vic!«, rief Henry. »Was machst du da unten?«
    Benny Beaulieu schnarchte und murmelte etwas im Schlaf. Jimmys nähmaschinenartige Atemzüge verstummten für kurze Zeit. Im Flur wurde der Ton von Koontz’ kleinem Sony-Fernseher leiser gestellt, und Henry sah direkt vor sich, wie Koontz mit etwas zur Seite geneigtem Kopf lauschend dastand, eine Hand am Lautstärkeknopf des Fernsehers, die andere an der Geldrolle in der rechten Tasche seiner weißen Hose.
    »Du brauchst nicht laut zu reden, Henry«, sagte Vic. »Ich kann dich auch hören, wenn du nur denkst. Und sie können mich überhaupt nicht hören.«
    Was willst du, Vic?, fragte Henry.
    Er bekam lange Zeit keine Antwort und dachte schon, dass Vic vielleicht wieder verschwunden war. Im Flur hatte Koontz den Fernseher wieder etwas lauter gestellt. Dann war ein schabendes Geräusch unter dem Bett zu hören, und die Federn quietschten, als ein dunkler Schatten sich herausschob. Vic schaute zu ihm hoch und grinste. Henry grinste zurück, obwohl ihm etwas unbehaglich zumute war. Vic sah jetzt selbst ein bisschen wie das Frankenstein-Monster aus. Eine dicke rote Narbe zog sich rings um seinen Hals – vermutlich war sie beim Wiederannähen des Kopfes zurückgeblieben. Seine Augen hatten eine unheimliche graugrüne Farbe, und die Hornhaut schien auf einer wässrigen, klebrigen Substanz zu schwimmen.
    Vic war immer noch zwölf.
    »Ich will dasselbe wie du«, sagte Vic. »Ich will es ihnen heimzahlen!«
    Heimzahlen, wiederholte Henry Bowers verträumt.
    »Aber zuerst musst du hier rauskommen, um es tun zu können«, sagte Vic. »Du musst nach Derry zurückkehren. Ich brauche dich, Henry. Wir alle brauchen dich.«
    Dich können sie nicht verletzen, sagte Henry und begriff, dass er nicht nur Vic damit meinte.
    »Sie können mich nicht verletzen, wenn sie nur halb glauben«, sagte Vic. »Aber es gibt einige beunruhigende Anzeichen, Henry. Wir haben auch nicht gedacht, dass sie uns damals besiegen könnten. Doch der Fettkloß ist dir in den Barrens entwischt. Der Fettkloß und das Großmaul und das Flittchen sind uns damals nach den Horrorfilmen entwischt. Und dann die Steinschlacht, als sie den Nigger retteten...«
    Sprich nicht darüber!, befahl Henry, und einen Augenblick lang lag all jene diktatorische Härte in seiner Stimme, die ihn früher zum Anführer gemacht hatte. Dann duckte er sich ängstlich, weil er glaubte, dass Vic ihm etwas tun würde – bestimmt konnte Vic jetzt alles tun, was er wollte, denn er war ja ein Geist -, aber Vic grinste nur.
    »Ich kann sie erledigen, wenn sie nur halb glauben«, sagte er, »aber du bist am Leben, Henry. Du kannst sie dir schnappen, ob sie nun glauben, halb glauben oder überhaupt nicht glauben. Du kannst sie nacheinander erledigen oder alle auf einmal. Du kannst es ihnen … heimzahlen.«
    Heimzahlen, wiederholte Henry. Dann sah er Vic wieder zweifelnd an. Aber ich kann hier nicht rauskommen, Vic. Die Fenster sind vergittert, und Koontz hat heute Nachtdienst. Koontz ist der Schlimmste. Vielleicht morgen Nacht …
    »Mach

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