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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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unterwegs. Ab und zu fuhr ein Lieferwagen vorbei, das war auch schon alles. Ich sah Jake Pinnette die Straße überqueren, in jeder Hand ein Gewehr. Er traf Andy Criss, und sie gingen rüber zu einer der Bänke, die um das Kriegerdenkmal herumstanden – du weißt schon, dort wo der Kanal unter die Erde verschwindet.
    Petie Vanness und Al Nell und Jimmy Gordon saßen auf den Stufen vor dem Gerichtsgebäude, aßen Sandwiches und Obst aus ihren Lunchpaketen und tauschten eifrig ihr Essen untereinander aus wie Kinder auf dem Schulhof. Alle drei waren bewaffnet. Sogar Jimmy Gordon hatte eine Springfield aus dem Ersten Weltkrieg bei sich, die größer als das ganze Bürschchen aussah.
    Ein Junge ging auf den Up-Mile Hill zu – ich glaube, es war Zack Denbrough, der Vater deines Freundes, der jetzt Schriftsteller ist -, und Kenny Borton rief ihm aus dem Fenster des Christlichen Leseraums zu: ›Mach, dass du hier wegkommst, Junge, hier wird’s bald’ne Schießerei geben!‹ Zack sah ihn an und rannte dann los, als wäre der Teufel hinter ihm her.
    Überall waren Männer mit Schusswaffen – sie standen in Hauseingängen, saßen auf Treppen oder schauten aus den Fenstern. Greg Cole saß ein Stück links von mir die Straße runter in einem Hauseingang; seine 45er lag in seinem Schoß, und neben sich hatte er etwa zwei Dutzend Patronen aufgebaut wie Zinnsoldaten. Bruce Jagermeyer und Olaf Theramenius, der Schwede, standen im Schatten unter dem Vordach des Bijou.«
    Mr. Keene sah mich an, aber er blickte durch mich hindurch. Jetzt funkelten seine Augen nicht mehr; sie waren verschleiert, wie die Augen eines Mannes es nur werden, wenn er sich an die besten Zeiten seines Lebens erinnert … an seinen ersten Homerun, an die erste große Forelle an seiner Angel oder an das erste Mal mit einer willigen Frau.
    »Ich erinnere mich, dass ich den Wind hörte, mein Sohn«, sagte er verträumt. »Ich erinnere mich, dass ich den Wind hörte und wie die Uhr am Gerichtsgebäude zwei schlug. Bob Tanner tauchte plötzlich hinter mir auf, und ich war so aufgeregt, dass ich ihm fast’nen Kopfschuss verpasst hätte.
    Er nickte mir nur zu und ging dann rüber zum Kurzwarenladen Vannock’s.
    Man hätte meinen können, dass die Leute sich wieder zerstreuten, als es zehn nach zwei wurde und nichts geschah, dann Viertel nach und zwanzig nach zwei. Aber das war nicht der Fall. Alle blieben, wo sie waren. Denn …«
    »Denn alle wussten, dass die Bande kommen würde, stimmt’s?«, sagte ich. »Es stand völlig außer Frage.«
    Er strahlte mich an wie ein Lehrer, der über die Antwort eines Schülers entzückt ist. »Stimmt genau«, sagte er. »Wir wussten es. Wir brauchten nicht darüber zu sprechen, keiner brauchte zu sagen: ›Na ja, ich warte bis zwanzig nach, und wenn sie bis dahin nicht aufgetaucht sind, geh’ ich wieder an meine Arbeit.‹ Alles blieb ruhig, und so gegen fünf vor halb drei tauchten die beiden Autos – eines war rot, das andere dunkelblau – auf dem Up-Mile Hill auf und fuhren auf die Kreuzung zu. Ein Chevrolet und ein LaSalle. Die Brüder Conklin, Patrick Caudy und Marie Hauser saßen im Chevrolet, die Bradleys, Malloy und Kitty Donahue im LaSalle.
    Mitten auf der Kreuzung trat Al Bradley dann so plötzlich auf die Bremse, dass Caudy ihm fast hinten draufgefahren wäre. Die Straße war zu ruhig, und das fiel Bradley auf. Er war vielleicht nichts weiter als ein wildes Tier, aber ein Tier hat eine feine Witterung, wenn es jahrelang wie ein Wiesel im Maisfeld gejagt worden ist.
    Er öffnete die Tür des LaSalle, stellte sich aufs Trittbrett und blickte kurz in die Runde. Dann machte er Caudy eine Geste, die ›Zurück!‹ bedeutete. Caudy rief: ›Was ist, Boss?‹ Ich hörte es ganz deutlich – es war das Einzige, was ich sie sagen hörte, nur diese drei Wörter von Caudy: ›Was ist, Boss?‹ Und ich erinnere mich an einen Sonnenstrahl, der von einem Kompaktspiegel reflektiert wurde – Marie Hauser puderte sich die Nase.
    In diesem Moment kamen Lal Machen und sein Gehilfe Biff Marlow aus Machens Geschäft gerannt. ›Hände hoch, Bradley, ihr seid umzingelt!‹, brüllte Lal, und noch bevor Bradley den Kopf wenden konnte, ballerte Lal schon los. Seine ersten Kugeln verfehlten ihr Ziel, aber dann traf er Bradley in die Schulter. Sofort schoss Blut hervor, und die Wucht des Schusses hätte ihn auf die Straße geschleudert, wenn er sich nicht an der Tür des LaSalle festgehalten hätte und dann ins Auto zurückgesprungen

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