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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Schild rief in ihm immer Schuldgefühle hervor, so als wüsste Mr. Keene etwas über ihn, das er selbst nicht wusste.
    Dann verwirrte Mr. Keene ihn noch mehr mit der Frage: »Wie wär’s mit einem Eiscremesoda?«
    »Ähm …«
    »Oh, auf Kosten des Hauses. Ich nehme um diese Tageszeit immer eins. Es schenkt Energie – ist’ne gute Sache, wenn man nicht gerade Probleme mit seinem Gewicht hat, und ich würde meinen, das ist bei uns beiden nicht der Fall. Meine Frau sagt immer, ich würde aussehen wie ein Strich in der Landschaft. Dein Freund Ben Hanscom, ja, der müsste auf sein Gewicht achten. Welche Sorte, Eddie?«
    »Na ja, meine Mutter hat gesagt, ich soll nach Hause kommen, sobald …«
    »Ich finde, du siehst wie der Schokolade-Typ aus. Ist dir Schokolade recht?« Mr. Keenes Augen funkelten, aber es war ein trockenes Funkeln, als würde die Sonne in der Wüste auf Glimmer scheinen. Das dachte jedenfalls Eddie, ein Fan der Western von Max Brand und Archie Joceylen.
    »Klar«, gab Eddie nach. Die Art, wie Mr. Keene die Nickelbrille auf dem messerscharfen Nasenrücken hochschob, machte ihn kribblig. Mr. Keene schien zugleich nervös und insgeheim zufrieden zu sein. Er wollte nicht mit Mr. Keene ins Büro gehen. Es ging nicht um das Eis. Nein. Aber worum es auch immer gehen mochte, Eddie hatte so eine Ahnung, dass es keine besonders guten Nachrichten sein würden.
    Vielleicht will er mir sagen, dass ich Krebs habe oder so was Ähnliches, dachte Eddie ängstlich. Vielleicht Leukämie. Diesen Kinderkrebs …
    Oh, sei doch nicht so blöd, antwortete er sich selbst, wobei er versuchte, im Geist wie Stotter-Bill zu klingen. Bill war Eddies Held, er hatte Jock Mahoney verdrängt, der samstagmorgens im Fernsehen den Range Rider spielte; trotz der Tatsache, dass er nicht ordentlich sprechen konnte, schien Big Bill immer alles im Griff zu haben. Sei nicht blöd, er ist Apotheker und kein Arzt. Aber er blieb nervös.
    Mr. Keene hatte die Klappe in der Theke geöffnet und winkte Eddie mit einem knochigen Finger zu. Eddie folgte widerwillig.
    Ruby, die Kassiererin, die an einer Seite des langen, schmalen Drugstores neben der Registrierkasse saß, las in einer Filmzeitschrift. »Machst du uns zwei Eiscremesoda, Ruby?«, rief Mr. Keene. »Einmal Schoko, einmal Kaffee.«
    »Klar«, sagte Ruby und steckte ein silbernes Kaugummipapier als Lesezeichen in die Zeitschrift.
    »Bring sie dann ins Büro.«
    »Okay.«
    »Komm, mein Junge. Ich beiß dich schon nicht.« Und dann zwinkerte Mr. Keene tatsächlich, was Eddie völlig verblüffte.
    Eddie war noch nie hinter der Verkaufstheke gewesen, und die vielen Flaschen, Gläser und Pillen versetzten ihn in Erstaunen. Wäre er allein gewesen, hätte er sich gern länger hier aufgehalten und Mr. Keenes Mörser und Stößel, seine Waagen und Gewichte und die vielen Gläser mit verschiedenen Kapseln genau betrachtet. Aber Mr. Keene hielt ihm die Tür zu seinem Büro auf, und Eddie trat ein. Als die Tür wieder geschlossen war, spürte Eddie, wie ihm die Kehle eng wurde, und er kämpfte gegen dieses warnende Vorzeichen an. Unter den Einkäufen war ja auch ein neues Asthma-Spray, und er konnte lange inhalieren, sobald er hier wieder draußen war.
    In einer Ecke von Mr. Keenes Schreibtisch stand ein Glas Lakritzstangen. Er bot Eddie eine an.
    »Nein danke«, sagte Eddie höflich.
    Mr. Keene setzte sich auf seinen Drehstuhl hinter dem Schreibtisch und nahm sich eine Stange. Dann öffnete er eine Schublade des Schreibtischs, holte etwas heraus und stellte es neben das große Glas mit Lakritzstangen: ein Asthma-Spray. Unbehagen machte sich in Eddie breit. Mr. Keene lehnte sich in seinem Stuhl so weit zurück, dass sein Kopf fast den Wandkalender berührte. Auf dem Kalenderblatt für Juli waren irgendwelche Pillen abgebildet. SQUIBB, stand drauf. Und …
    … und einen schrecklichen Augenblick lang, als Mr. Keene gerade den Mund öffnete, erinnerte sich Eddie an den Vorfall im Schuhgeschäft, als er ein kleiner Junge war und seinen Fuß in die Röntgenmaschine gesteckt hatte. Seine Mutter hatte ihn damals ganz außer sich vor Angst angeschrien. In diesem schrecklichen Moment dachte Eddie, dass Mr. Keene gleich sagen würde: »Eddie, neun von zehn Ärzten sind der Ansicht, dass Asthmamedizin Krebs verursacht, ebenso wie die Röntgenmaschinen, die man früher in Schuhgeschäften hatte. Vielleicht hast du schon Krebs, und ich dachte, das solltest du wissen.«
    Aber was Mr. Keene dann wirklich sagte, war

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