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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Ben nahm alles an ihr mit den Augen eines Liebenden wahr: die leuchtenden Schottenkaros ihres Rockes, die wippenden roten Haare auf dem Sweatshirt, den hellen, zarten Teint, die kleine, fast verheilte Schnittwunde an ihrer Wade und das goldene Fußkettchen direkt über ihrem rechten Schuh, das in der Sonne funkelte. Aus irgendeinem Grunde überwältigte ihn besonders dieses letzte Detail so sehr, dass er sich am Geländer festhalten musste. Diese Gefühlsregung war gigantisch, undefinierbar und glücklicherweise sehr kurz; vielleicht war es eine Art sexueller Vorahnung, bedeutungslos für seinen Körper, in dem die Hormondrüsen noch traumlos schliefen, und doch so grell aufleuchtend wie ein Blitz in einer klaren, heißen Sommernacht.
    Ein unartikulierter Laut kam aus seinem Mund. Er ging die Treppe hinab wie ein schwacher alter Mann, blieb unten stehen und blickte ihr nach, bis sie nach links abbog und hinter einer hohen Hecke verschwand, die den Schulhof vom Gehweg trennte.

4
     
    Er stand nur einen Augenblick da, dann fiel ihm Henry Bowers ein, während die anderen Kinder noch in kreischenden Gruppen an ihm vorbeistürmten, und er lief um das Gebäude herum. Er überquerte den Spielplatz, stieß die Ketten der Schaukeln an und lief über das schmale Brett der Wippe. Er verließ das Schulgelände durch die kleine Hinterpforte zur Charter Street und ging dann nach links weiter, ohne das Steingebäude, in dem er während der letzten neun Monate jeden Werktag verbracht hatte, auch nur eines Blickes zu würdigen. Er stopfte das Zeugnis in seine Gesäßtasche und fing an zu pfeifen. Die nächsten acht Blocks legte er zurück, ohne dass – so schien es ihm – seine Schuhsohlen den Boden berührten.
    Heute war um die Mittagszeit Schulschluss gewesen; seine Mutter würde frühestens um sechs nach Hause kommen, denn freitags ging sie von der Fabrik aus immer direkt zum Einkaufen. Der Rest des Tages gehörte ihm.
    Er ging in den McCarron Park und setzte sich eine Zeit lang unter einen Baum. Dort träumte er vor sich hin und flüsterte von Zeit zu Zeit: »Ich liebe Beverly Marsh«, wobei ihn jedes Mal ein leichter romantischer Schauder durchlief. Einmal, als Jungen zum Baseballspielen in den Park gerannt kamen, flüsterte er auch: »Beverly Hanscom«. Danach drückte er sein Gesicht ins Gras, bis seine glühenden Wangen etwas abgekühlt waren.
    Kurz darauf stand er auf und durchquerte den Park in Richtung Costello Avenue. Von dort waren es nur fünf Blocks bis zur öffentlichen Bücherei, zu der es ihn – wie er vermutete – schon die ganze Zeit über hingezogen hatte. Fast gelang es ihm, den Park unbemerkt zu verlassen, aber dann entdeckte ihn ein Sechstklässler namens Peter Gordon und rief: »He, Titte, willste mitspielen? Wir brauchen noch’nen guten Läufer für rechts!« Ein schallendes Gelächter folgte diesen Worten, dem Ben mit eingezogenem Kopf so schnell wie möglich zu entkommen versuchte.
    Dennoch schien heute ein Glückstag für ihn zu sein; an einem anderen Tag hätten die Jungen ihn vielleicht verfolgt, möglicherweise nur, um ihn zu erniedrigen, um ihn im Dreck herumzuwälzen und abzuwarten, ob er weinte. Aber heute waren sie so in ihr Spiel vertieft, dass sie ihn nicht weiter beachteten.
    Drei Blocks weiter die Costello Avenue hinunter entdeckte er etwas Interessantes, vielleicht sogar etwas Gewinnbringendes: Unter einem Heckenzaun lag eine alte Papiertüte, aus der Glas hervorlugte. Ben schob die Tüte mit dem Fuß auf den Gehweg und fand darin vier Bierflaschen und vier große Limoflaschen. Seine Glückssträhne schien anzudauern. Die großen Flaschen brachten pro Stück fünf Cent Flaschenpfand, die Bierflaschen jeweils zwei Cent. Das waren insgesamt achtundzwanzig Cent, die unter einer Hecke darauf warteten, von irgendeinem Kind eingelöst zu werden. Von einem Glückskind.
    »Das wäre dann wohl ich«, sagte Ben freudestrahlend und hatte nicht die leiseste Ahnung, was ihn an diesem Tag noch erwartete. Ben hob die Tüte auf und brachte sie einen Block weiter in den Supermarkt auf der Costello Avenue, wo er sie abgab, sich das Geld dafür geben ließ und dann Süßigkeiten kaufte.
    Er stand am Fenster des kleinen Süßigkeiten-für-einen-Penny-Shops, zeigte auf diese und jene Süßigkeit und war wie immer verzückt von dem Geräusch, das der Mechanismus des sich öffnenden Türchens erzeugte, wenn der Ladenbesitzer es auf kleinen, in Laufschienen versenkten Rollen beiseiteschob. Für sein Geld bekam

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