Es sterben immer drei
ein paar Hasen abballert. Weder Jochen noch sonst irgendjemand in seinem Bekanntenkreis besaßen diese Art von Ausrüstung. Das würde sich herumsprechen. Nur Organisationen mit guten Kontakten zu entsprechenden Kreisen konnten so ein Profigerät illegal auftreiben.
Ungeachtet der Tatsache, dass er Valerie erst kürzlich als Schlampe denunziert hatte, pries er sie nun als unerschrockene Kämpferin für Recht und Ordnung. Das hätte sogar den Respekt der Mafia geweckt. Die Tatsache, dass der Killer ein viel zu starkes Geschoss für ein Mädchen wie Valerie, ja viel zu stark für jeden Menschen, benutzte, zeige deutlich, dass diese Hinrichtung eine Warnung an alle sei, sich nicht mit dem organisierten Verbrechen anzulegen. Was die Tötungsart, der genau gezielte Schuss in die Stirn, ebenfalls beweise. Wie jeder wisse, brächten Profikiller süditalienischer Herkunft mit dieser Methode nur hochgeschätzte Gegner zur Strecke. Solche, die man bedauerlicherweise aus dem Weg räumen müsse, da sie die Geschäfte störten, für die man aber eine gewisse Hochachtung empfinde.
Welcher Mafioso ihm das erklärt habe, wollte Stella wissen.
Er war nicht mal beleidigt. Dafür brauche man nur Zeitung zu lesen, klärte er sie auf. Außerdem hatte Luis sich lange mit seinem Freund, dem Polizeireporter in Mailand, über das Thema unterhalten. Italiener durchschauten die Feinheiten der Mafiakultur quasi gesellschaftsbedingt.
Vor seinem geistigen Auge sah Otto schon die Schlagzeile: Deutsche Journalistin von Mafia ermordet. Wenn das nicht eine Riesengeschichte war, dann gab es keine. Leider blieb die Meldung dieser Story der Tagespresse und dem Internet vorbehalten,er als Chefredakteur einer Wochenzeitschrift konnte nur mit einer genauen Analyse der Ereignisse seine Leserschaft bei Laune halten. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Polizei alle Puzzlesteine zusammenfügen und die ersten Verhaftungen vornehmen würde. Bis dahin musste Stellas sorgfältig recherchierte Hintergrundgeschichte fertig sein. Valeries mutige Recherchen und die Mafia als Täter waren ein Scoop. Punkt.
Stella hörte sich Ottos Ausführungen beim Abendessen an und widersprach ihm erst mal nicht. Aber schon, dass sie seine Begeisterung nicht teilte, ärgerte ihn. »Wer soll es denn sonst gewesen sein? Jochen?«
»Das wäre eine Möglichkeit.«
»Mach dich nicht lächerlich. Hier in meinem Haus wurde der Computer mit dem kompromittierenden Material gestohlen. Dass sie Irma nicht umgebracht haben, ist doch der beste Beweis dafür, dass wir nur gewarnt werden sollten«, spann Otto seine Theorie noch weiter aus. Er schüttelte sich leicht bei dem Gedanken, ins Visier der Mafia geraten zu sein, aber gleichzeitig war er auch stolz auf sich. Das Gefühl erinnerte ihn angenehm an seine früheren Glanzzeiten als investigativer Reporter. Endlich befand er sich wieder einmal an einer Kriegsfront außerhalb seines Büros.
Irma versuchte zwar, mit dem Einleitungssatz »Mafia, so ein Blödsinn!« Otto doch noch von der weniger aufsehenerregenden Fährte zu überzeugen. Aber ein Chefredakteur lässt sich prinzipiell nicht vorhalten, Blödsinn zu reden. Stella trat Irma unter dem Tisch auf den Fuß, um sie zum Schweigen zu bringen, doch es half nichts. Irma quasselte sich um Kopf und Kragen. Am Ende stand sie als emotionaler, irrationaler weiblicher Dummkopf da, der keine Ahnung von logischen Zusammenhängen hatte und das Denken lieber Männern wie Otto oder Luis überlassen sollte.
Stella amüsierte sich heimlich über ihre Mutter, die alte Emanze, die immer noch in jede Falle hineinlief, die ein Mannihr in den Weg stellte. Es war fast rührend, mit anzusehen, wie Irma glaubte, sie könnte mittels einer Diskussion Otto zum Umdenken bewegen. Sie dachte, es ginge um die Sache, aber natürlich ging es einem Mann von Ottos Kaliber nie um die Sache. Es ging ihm ums Gewinnen. Also beharrte er stur auf seiner Meinung und hörte Irma irgendwann einfach nicht mehr zu. Irma hatte das Alphatier in ihm geweckt und das war immer eine schlechte Idee. Schließlich schmiss sie ihre Serviette auf den Tisch und ging beleidigt ins Bett. »Harter Brocken, deine Mutter«, sagte Otto anerkennend. Einen guten Fight wusste er immer zu schätzen, vor allem, wenn er dabei die Oberhand behielt. »Aber natürlich ist das völliger Kokolores, was sie da erzählt. Jochen soll Valerie umgebracht haben. Aus Eifersucht. Das ist Blödsinn.«
»Nicht, solange niemand weiß, wer der Vater ihrer
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