Es tut sich was im Paradies
mit allen nur erdenklichen begehrenswerten Attributen ausgestattet, und wenn ihre Träume sich nicht gerade mit Douglas Warrens Bild quälten, dann waren sie erfüllt von Visionen, die ihr eine unsagbar schöne Anne vorgaukelten.
Und als ob sie an diesen beiden Problemen noch nicht genug gehabt hätte, verfolgte sie außerdem beständig die Geschichte mit Pam und Mark, denn nun stand es für sie mit ziemlicher Sicherheit fest, daß Pam in Mark verliebt war. Was als Spiel angefangen hatte, war inzwischen Ernst geworden. Daß sie Mark heiraten würde, schien mehr als zweifelhaft, aber unter dem Bruch der Beziehungen würde sie ebenso leiden.
Die Mädchen besprachen diese Dinge nie miteinander, und das allein war schon nicht geheuer. Ein undurchdringliches Schweigen umgab Pams Verhältnis zu Mark, aber Pippa spürte, daß sich in ihrem Innern ein heftiger Kampf vollzog zwischen dieser Liebe und ihrem Drang nach Freiheit, nach einem heiteren, abenteuerlichen Leben ohne Bindungen. Pippa war jetzt nicht mehr die einzige, die schlecht schlief, mehrmals hatte sie Pam nachts aufrecht im Bett sitzen und unverwandt in den Mond starren sehen.
Kurz und gut, das Leben im >Friedlichen Paradies< entsprach momentan nicht im geringsten den Erwartungen, die man in seinen Namen setzen durfte.
Abends zündeten sie sich jetzt regelmäßig ein Kaminfeuer an, obwohl man es tagsüber noch leicht entbehren konnte. Ihre fröhlichen Entdeckungsreisen hatten seit jener unglücklichen Fahrt, die in Warrenmede endete, jäh aufgehört, aber sie hatten Holz in Hülle und Fülle, denn Mark hatte durch Freddy noch zusätzlich eine Fuhre schicken lassen. Er war sogar selbst erschienen, um die Scheite im Garten fein säuberlich aufzuschichten.
Im Augenblick saß Pippa hinten im Garten und hobelte Rüben für Amanda, während Mohr eifersüchtig zuschaute. Sie gab der Ziege eine Kostprobe zu knabbern, versicherte Mohr, daß solche Happen absolut nicht nach seinem Geschmack wären, und nahm sich zum soundsovielten Mal fest vor, weder an Dr. Horton noch an Douglas zu denken, was, wie gewöhnlich, der Auftakt für eine besonders intensive Beschäftigung mit beiden war.
Deshalb horchte sie mit einer gewissen Erleichterung auf, als das Gartentor klappte. Das mußten Pam und Mark sein, die eher zurückkamen, als sie erwartet hatte. Es wurde Zeit, daß sie sich ums Essen kümmerte. Sie saß noch da, als sich Mohr knurrend erhob und sich Schritte durchs Haus näherten. Sie klangen fest und gemessen, nicht wie das flinke Geklapper von Pams hohen Absätzen, gefolgt von Marks leichtem Tritt. Überrascht blickte sie auf und sah James in der Hintertür stehen.
»James!« schrie sie und ließ die Schüssel mit Rüben auf die Erde kollern, als sie auf ihn zustürzte, um ihn zu begrüßen. Er streckte ihr mit einer hastigen Bewegung beide Hände entgegen, in der schreckhaften Vorstellung, sie könnte ihm womöglich um den Hals fallen und ihn küssen, obwohl ihm andererseits die Vernunft sagte, daß sie dieses Kunststück ohne Trittleiter kaum fertigbringen würde.
»Oh, James, wie schön — wie wunderschön, dich zu sehen! Ruhig, Mohr, ruhig. Das ist doch James, der dich mir geschenkt hat.«
Nach der Anwandlung von Trübsinn und Verlassenheit schlug ihre Stimmung in helle Freude um. Das war James, ihr einziger Verwandter, jemand, der wirklich zu ihr gehörte und dem sie vertrauen konnte. Zwar streng in seiner Kritik, aber gerecht, und er hatte noch nie versagt, wenn sie in Not gewesen war. Sie sehnte sich so sehr nach einer verständnisvollen Seele, daß sie einen Moment ehrlich die Absicht hatte, James von all ihren Nöten zu erzählen.
Er musterte sie lange und aufmerksam.
»Du siehst ziemlich elend aus. Bekommt dir das Klima nicht? Es heißt immer, die Seeluft an der Nordküste strenge die Nerven besonders an. Du bist viel zu mager, das macht dich älter.«
Pippa lachte über seine wenig schmeichelhafte Begrüßung. Das war wieder typisch James, kein anderer hätte es so unverblümt ausgedrückt. Sie ergriff ihn bei den Händen und zog ihn ins Haus.
»Komm, wir wollen Tee trinken. Ich wünschte, ich hätte etwas Alkoholisches für dich. Freddy bewahrte immer eine Menge solches Zeug im Schuppen auf, aber er hat inzwischen ein neues Leben angefangen.«
»Freddy? Der Mann, der hier seinen Lastwagen unterstellt? Was hat er mit Alkohol auf deinem Grundstück zu schaffen?«
»Och, nur Schleichhandel«, antwortete Pippa, und James stutzte. Mr. Mannerings
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