Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)
niedrigen Decke bücken. Er ergriff eine Flasche, die eine Mischung aus Bier und Rum enthielt, wie Gretel vermutete, soff geräuschvoll und hielt Greteldas Steingutgefäß hin. Gretel nahm es, stählte sich innerlich gegen den Trollsabber und kippte etwas von der schäumenden Flüssigkeit hinunter. Sofort fing ihre Kehle zu brennen an, und in ihrem Kopf drehte sich alles, als das feurige Gebräu seinen Zweck erfüllte. Der Alkoholexplosion folgte ein fauliger Nachgeschmack, und dann, nur Sekunden später, war plötzlich alles auf eine nicht ganz unangenehme Weise vernebelt. Sie nahm noch einen Schluck und gab dem Troll die Flasche zurück.
Der Troll, sichtlich erfreut, dass sie mithalten konnte, grinste breit. Gretel wäre froh gewesen, hätte er kein dahingehendes Bedürfnis verspürt. Sie riss sich zusammen und kam zu dem Schluss, dass es vielleicht doch möglich war, die Kreatur zur Kooperation zu überreden.
»Wohnt Ihr schon lange hier, Herr Troll?«
Der Troll schaute sich in seinem Heim um, als sähe er es zum ersten Mal.
»Lange Zeit Trollhaus. Troll machen Haus viel Jahre.« Er studierte Gretels Gesicht. »Groß-fett Frau mag?«
»Oh, es ist wirklich hübsch. Mir gefällt, was Ihr mit den …« Verzweifelt sah sie sich nach etwas um, das einen Kommentar wert wäre. »… Hockern gemacht habt.«
Der Troll sah geknickt aus.
»Und der Kamin«, fuhr sie fort. »Entzückend.«
Der Troll nickte.
»Troll hier schläft«, erklärte er. »Neben Feuer. Warm. Gut Schlafplatz.«
Mit Erstaunen sah Gretel, dass die Kreatur sie mit etwas bedachte, was sich nur als bedeutsames Zwinkern interpretieren ließ. Sie unterdrückte ein Schaudern und nutzte ihren Vorteil.
»Herr Troll, ich brauche dringend Eure Hilfe.«
Der Troll, der nie zuvor in seinem Leben um Hilfe gebeten worden war, schaute angemessen baff aus der Wäsche.
»Ja«, fuhr Gretel fort. »Darum bin ich so viele Meilen gereist, um Euch zu finden. Es ist so: Es gibt da eine Person, die mir sehr am Herzen liegt …« Als sie in den Zügen des Trolls etwas ausmachte, das Eifersucht recht nahe kam, versicherte sie ihm eilends: »Nur eine ältere Dame aus dem Bekanntenkreis.«
Der Troll entspannte sich wieder.
»Und diese liebenswürdige Frau ist todunglücklich, weil drei ihrer geschätzten Katzen verschwunden sind.«
Der Troll setzte eine finstere Miene auf. Ob es daran lag, dass er nicht alles verstanden hatte, oder an der Erwähnung von Katzen, konnte Gretel nicht erkennen.
Als er nichts sagte, fuhr sie fort: »Habt Ihr vielleicht Gerüchte gehört? Irgendwelches Gerede über jemanden, der die Katzen von jemand anderem gestohlen hat?« Gretel ermahnte sich im Stillen, ihre Befragungstechnik aufzupolieren. Sie war aus der Übung.
Der Troll nahm einen herzhaften Schluck, gab Gretel die Flasche und nickte bedeutsam. Sie nippte vorsichtig daran, worauf der Troll die Stirn runzelte, grunzte und mit einer doppelfingrigen Hand wedelte, um ihr zu verstehen zu geben, dass sie anständig trinken sollte. Seufzend tat Gretel, worum sie gebeten wurde.
Zufrieden entriss ihr Gastgeber ihr die Flasche und setzte sie selbst wieder an den Hals.
»Die Katzen?«, fragte Gretel mehr als nur ein bisschen benebelt.
»Troll isst Katzen nur in Winter. Nicht in Frühjahr«, sagte er.
Gretel war nicht sicher, ob die Angelegenheit damit vollständig geklärt war, auch wenn die Information beruhigend sein mochte.
»Oh, ich wollte auf keinen Fall andeuten, dass Ihr selbst … ich wollte eigentlich nur wissen, ob Ihr von jemandem gehört habt, der an Katzen interessiert ist.«
»Troll gehört. Troll weiß manchmal Dinge.«
Gretel nickte, um die Bestie zum Weiterreden zu ermutigen, doch die reichte ihr nur wieder einmal die Flasche.
»Ah, verstehe«, sagte sie und trank einen weiteren Schluck, ehe sie die Flasche zurückgab. »Ihr seid wieder dran. Und nicht schummeln.«
Da lachte der Troll, ein grässliches, schleimtriefendes Geknatter von einem Lachen. Er trank hastig und leerte die Flasche mit großem Gewese. Dann stemmte er sich ein wenig unsicher auf die Beine und holte Nachschub. Als er wieder auf seinem Hocker saß, fragte Gretel ihn noch einmal.
»Die Katzen, Herr Troll?«
»Jemand will Katzen.« Er nickte. »Hübsche Katzen.«
»Ja? Sprecht weiter, nur weiter …«
Ihr Flehen förderte ein Lächeln zutage, das sich so gemächlich über das Trollgesicht ausbreitete, wie eine Schnecke sich auf einen Kopfsalat stürzen mochte. Wieder gab er ihr die
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