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Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Titel: Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Brackston
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überwältigende Gefühl in ihrem Inneren reine Wut. Wut auf die Ungerechtigkeit des Schicksals. Wut auf die leichtsinnigen Marotten von Prinzessinnen. Wut auf die nichtsnutzigen Versprechen fescher Männer.
    Sie war sogar so wütend, dass sie sich zur Wehr setzte, als zwei von Ferdinands Soldaten durch eine verborgene Tür in den Gang traten und versuchten, sie zu retten.
    »Lasst mich los, ihr Grobiane!«, schrie sie, als die beiden sie ihren Bewachern entreißen wollten.
    »Aber Fräulein«, sagte der, der ihr am nächsten war. »Du musst mit uns kommen, leise, bitte! Wir sind hier auf Befehl von General   …«
    »Was? Oh, ja, ja, dann los. Wir haben nicht genug Zeit für seinen vollen Namen«, entgegnete sie hastig und wieder ganz bei Sinnen.
    Die Wärter lieferten sie kampflos aus, und der betende Pfaffe zog gemächlich weiter und schien gar nicht zu merken, was hinter ihm vorging. Eine andere Gestalt wurde aus dem Dunkel herbeigezerrt und von den Wärtern übernommen, die ihren Weg im Gefolge von Pater Wagner fortsetzten. Die Soldaten halfen Gretel durch einen unbequemen, engen Tunnel.Gerade als sie schon fürchtete, von Platzangst überwältigt zu werden, erreichten sie eine Tür und traten in einen schicken, luxuriös ausgestatteten Raum. Ferdinand stand vor dem Kamin.
    »Fräulein Gretel, ich freue mich sehr, dass du Gelegenheit gefunden hast, zu uns zu stoßen.«
    »Nicht so sehr wie ich. Ihr hättet mich wegen des Priesters und der ganzen Prozession vorwarnen können. Ich hätte beinahe Zustände gekriegt.«
    »Eine notwendige List, für die ich Abbitte leiste.«
    »Hat Pater Wagner nicht gewusst, was los war? Er schien zu glauben, Ihr wäret wegbeordert worden.«
    »Es ist besser, wenn so wenig Personen wie möglich von deiner   … Freilassung erfahren. Noch besser wäre es, wenn manche glauben würden, dass die Exekution wie geplant durchgeführt worden ist.«
    »Und gehört zu diesen manchen Leuten auch der König?«
    »Ach, Seine Majestät ist nicht mehr so klar bei Verstand wie früher. Die Königin wünscht, ihm die Sorge um mögliche Rendezvous der Prinzessin Charlotte zu ersparen.«
    »Verstehe. Aber wird er das nicht merken? Ich meine, da draußen hat sich schon ein rechter Pulk versammelt. Es wird Ausschreitungen geben, wenn die Exekution ausfällt. Selbst König Julian dürfte ein Aufruhr nicht entgehen.«
    »Allerdings. Weshalb ich auch Maßnahmen ergriffen habe, um dergleichen vorzubeugen. Bitte, sieh selbst.« Er deutete auf ein Südfenster.
    Gretel blickte hinunter auf den Schlosshof. Selbst in der Sicherheit von Ferdinands privater Unterkunft kostete es sie Nerven, darüber nachzudenken, was sie dort sah und dass sie kurz davorgestanden hatte, selbst für die Belustigung der mitleidlosen Menge sorgen zu dürfen. Während sie hinausblickte, trat Pater Wagner ins Freie, immer noch gefolgt von der Wärterschar. Wie es schien, schleiften sie die unglückselige Gestalt mit sich, die so derb an Gretels Stelle manövriert worden war. Der arme Kerl schien das Bewusstsein verloren zu haben, sodass die Wärter ihn mehr oder weniger die Stufen zum Schafott hinauftragen mussten.
    »Aber wer ist das?«, fragte Gretel. »Sagt mir nicht, Ihr schickt an meiner Stelle eine andere unschuldige Seele in den Tod.«
    »Sei unbesorgt, mein liebes Kind.«
    »Aber das ist nicht richtig! Ich meine, es wäre auch nicht richtig, wäre das ich, aber   … das kann ich nicht zulassen!«
    »Deine moralische Entrüstung gereicht dir zur Ehre, aber du darfst ganz beruhigt sein. Niemand wird an deiner Stelle leiden müssen. Schau genau hin.« Ferdinand stand inzwischen neben ihr, deutete zum Fenster hinaus und forderte sie wortlos auf zu tun, was er gesagt hatte.
    Gretel traute sich kaum und blinzelte aus fast geschlossenen Augen hinunter in den Hof. Der Priester hatte seine Gebete abgeschlossen und entfernte sich von dem Todeskandidaten. Das Opfer war so kraftlos, dass die Wärter gezwungen waren, es auf den Block zu legen und dort festzuhalten. Der Scharfrichter hob seine gewaltige Axt. Gretel wollte den Blick abwenden, konnte aber nicht. Die Menge draußen und die kleinere Zuschauerschar in Ferdinands Räumlichkeiten holte kollektiv Luft. Die Axt sauste herab. Gretel stieß einen beschämend mädchenhaften Schrei aus. Keuchen erhob sich, als sich Blut aus dem offenen Hals ergoss und der Kopf geräuschlos in den bereitstehenden Korb fiel. Gleich darauf erschütterte Jubelgeschrei die Wände des Hofes. Der

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