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Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Titel: Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Brackston
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Düstere Wolken am Himmel drohten mit einem Gewitter, das nicht recht in Gang kommen wollte. Gretel schenkte sich einen großzügigen Weinbrand ein, nahm ihn mit auf die kleine Veranda auf der Rückseite des Hauses und ließ den Blick über den Garten schweifen. Er war nicht gepflegt, sondern blieb sich selbst überlassen. Die Sträucher wucherten vor sich hin, lieferten aber Sichtschutz und Schatten   – wodurch sie, soweit es Gretel betraf, ihren Daseinszweck erfüllten. Hier und da fügten Rosen einen kleinen Farbtupfer hinzu. Frühlingsblumen hatten sich zu hübschen Teichen aus Gelb und flammendem Rot ausgebreitet. Einen Rasen im Sinne des Wortes gab es nicht, wohl aber einen breiten Streifen aus Unkraut und Gräsern, der etliche Maulwürfe und eine Natternfamilie beherbergte.
    Gretel ließ die Verandatür weit offen stehen, staubte einen alten Liegestuhl ab und ließ sich hineinsinken. Sie hatte gerade an ihrem Weinbrand genippt, als ein lautes Hämmern an der Eingangstür erklang.
    »Was denn jetzt?« In der Hoffnung, wer immer da war, würde aufgeben und sie in Ruhe lassen, wartete sie eine Weile. Sie hatte anstrengende Tage hinter sich, und die Geschäftszeit war vorbei. Außerdem rechnete sie nicht mit Besuch. Es konnte so oder so nichts so dringend sein, dass es nicht bis morgen warten konnte.
    Das Hämmern setzte erneut ein.
    »Pack dich fort!«, rief Gretel durchs Haus. »Wir haben geschlossen!«
    Erneutes Gehämmer.
    »Zum Teufel!«, grollte Gretel vor sich hin, kauerte sich in ihrem Liegestuhl zusammen und weigerte sich, sich in Bewegung zu setzen.
    Sie wartete. Die Stille zog sich dahin. Hatte sie den Besucher vertreiben können? Sie spitzte die Ohren, lauschte auf Geräusche, die auf weitere Angriffe auf ihre neue Tür schließen ließen, aber da war nichts. Stattdessen hörte sie Schritte, die neben dem Haus der Grundstücksgrenze folgten.
    »Herrgottsakrament«, schimpfte sie hörbar flüsternd mit sich selbst. »Wer immer da ist, weiß, dass ich hier draußen bin.«
    Gretel verharrte mucksmäuschenstill, um ihre Position nichtpreiszugeben. Auf der anderen Seite der dschungelartigen Hecke ertönten ein Keuchen und Kampfgeräusche, gefolgt von gedämpften Schreien. Dann brach eine Gestalt polternd und krachend durch die Hecke und bahnte sich einen Weg zwischen Haselnusssträuchern und Buchen, stürmte durch Brombeergestrüpp und Nesseln und fiel schließlich schwer vor Gretels Füße. Sie sprang auf, so schnell ihr Gewicht und der Liegestuhl es zuließen. Der Mann, der vor ihr lag, stöhnte laut auf, als er durch die Flora rollte, nur um sich gleich darauf erst den Bauch und dann die Kehle zu halten, jämmerlich zu wimmern und sein Leben auszuhauchen.
    »Also wirklich!«, empörte sich Gretel. Den Weinbrand noch immer in der Hand, schaute sie auf den Mann hinunter und stupste ihn vorsichtig mit einem Fuß an. Sie hatte genug Leichen zu sehen bekommen, um eine solche zu erkennen, wenn sie in ihrem Garten auftauchte. Sie kippte den Schnaps hinunter, ging widerstrebend neben dem Eindringling in die Knie und suchte nach dem Puls. Sie war keineswegs überrascht, als sie keinen finden konnte. Mit einer Anstrengung, die ihr ein Grunzen entlockte, schob und drückte sie an dem toten Mann herum, bis er auf den Rücken rollte und sein Gesicht im schwachen Lichtschein lag.
    Nun war es Gretel, die hörbar nach Luft schnappte. So düster es auch war, so sehr die Züge in Todesqualen verzerrt, es gab keinen Zweifel, wessen Gesicht da leblos zu ihr emporstarrte. Ihre Stimme war heiser vor Schreck, als sie ausrief: »Du liebe Zeit! Herr Peterson!«

8
    E ine Stunde später war Gretels Garten Schauplatz einer makabren kleinen Gesellschaft. Herr Peterson, kalt und fahl, lag noch dort, wo er zusammengebrochen war. Feldobergendarm Strudel stolzierte wichtigtuerisch einher, gab Anweisungen und machte sich Notizen. Etliche weniger hochgestellte Gendarmen maßen dies und das. Zwei von ihnen störten die Nattern in ihrem Nest und lösten so zehn Minuten Panik und Chaos aus. Einer spießte sich am mächtigen Brombeergewächs auf, musste gerettet und mit Jod abgetupft werden. Hänsel stand da, starrte die Leiche durch eine schützende Wolke Zigarrenrauch hindurch an und erklärte den Anblick für abstoßend, zeigte sich aber unfähig, sich davon loszureißen. Gretel saß wieder in dem Liegestuhl, umklammerte festen Griffes ein zweites, noch größeres Glas Weinbrand und übertünchte mit ihrer gelassenen Miene eine gewisse

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