Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
geweckt, die er lieber aus seinem Kopf verbannt hätte. Einige Male hatte er das Bett mit Daisy und ihrer Geliebten Rose geteilt. Auch zu anderen Zeiten in seinem Leben, so in Europa, hatte er seine sexuelle Begierde mit mehr als einer Frau zur gleichen Zeit gestillt. Doch solch dekadente Dinge waren ihm lange nicht mehr in den Sinn gekommen – nicht, seit er Francesca begegnet war. Die Langeweile und das wachsende Desinteresse an Sex – die immer wieder der Grund für derartige Ausschweifungen gewesen waren – hatten sich praktisch in Luft aufgelöst. Und nun fühlte er sich wie gelähmt. Daisy hatte seine schlimmsten Ängste in Worte gefasst, Ängste, die er nicht einmal sich selbst gegenüber eingestanden hätte. Einst war da diese dunkle Seite seiner Sexualität gewesen, und jetzt musste er befürchten, dass er sie bloß unterdrückt hatte, sie aber niemals wirklich verschwinden würde.
Er war entsetzt.
Daisy lachte leise und berührte ihn am Arm. „Du bist der sinnlichste Mann, den ich kenne, aber diese dunkle Seite wirst du niemals ablegen können, weil sie es ist, die dich ausmacht. Warum gibst du dir dann solche Mühe, einer Frau, die dich nicht mal liebt , ein so absurdes Versprechen zu machen, das du ohnehin nicht wirst halten können?“
Der Zorn erwachte so heftig, dass Hart selbst darüber erschrak. „Raus hier!“ Sein Herz raste, während er sie am Arm packte und zur Tür schob. „Du bist zu weit gegangen“, sagte er mit leiser, bedrohlicher Stimme. „Pack deine Sachen, Daisy, und verlasse sofort mein Haus!“
Vor Schreck versteifte sie sich und wurde leichenblass. „Aber du weißt, ich habe recht! Du weißt, Francesca wird dich schon bald langweilen! Und was wirst du dann machen? Dann wirst du mir kommen oder zu Rose oder zu einer anderen Frau. Ist es nicht so?“
„Edwards!“, rief er. „Bringen Sie Miss Jones hinaus!“
Edwards kam zu ihm geeilt und errötete abermals. „Miss Jones?“
Daisys Miene war mit einem Mal wie versteinert. „Vielleicht irre ich mich, vielleicht wirst du Francesca ja so weit verderben, dass sie deine Bedürfnisse befriedigt. Sie ist eine sehr neugierige Frau, also wer weiß? Vielleicht wirst du ihr zeigen können, dass sie ebenfalls eine dunkle Seite hat.“
Er ging zurück in sein Büro und warf die Tür hinter sich zu. Erst dann lockerte er seine Krawatte und atmete wieder durch. Doch es kam ihm vor, als sei keinerlei Luft in diesem Zimmer, das ihn mit einem Mal zu erdrücken schien. Er stürmte ans Fenster, doch die frische Luft, die einen Hauch von Salz mit sich trug, half nicht wirklich. Nach Atem ringend klammerte er sich an der Fensterbank fest.
Sie hatte recht.
Er war ein Bastard im wahrsten Sinne des Wortes, ein sexuell pervertierter Mann, der keinerlei Moral kannte, ein Mann mit einer hässlichen Vergangenheit. Und das hatte sie eben bewiesen, denn sosehr er sich auch anstrengte, konnte er doch nicht die Bilder vertreiben, die ihn nun verfolgten.
Hart legte die Hände vors Gesicht. Was war er doch für ein Narr gewesen, wenn er glaubte, er könne sich ändern. Er wollte sich ja ändern, er wollte ein anderer Mann werden, der besser und edler war – und das alles für eine Frau, die ihn nicht mal lieb te.
Für eine Frau, die nicht ihn, sondern seinen eigenen Bruder lieb te.
Aber da war noch etwas anderes, was ihm Angst machte. Er wollte nicht Francesca mit sich in die Gosse ziehen, in die er über kurz oder lang unweigerlich zurückkehren würde.
Zwei Streifenpolizisten und ein Junior Detective waren am Tatort, als Francesca mit Bragg, Inspector Newman und Chief Farr dort eintraf. John Sullivans Wohnung war in einer Seitenstraße der Eighth Avenue in einem besonders elenden Viertel gelegen.
Francesca warf einen Blick in das Zimmer, in dem zwei Etagenbetten, ein Ofen, ein Waschbecken und ein klappriger Tisch mit vier Stühlen standen. Sie entdeckte Sullivans Leichnam sofort und erstarrte in ihrer Bewegung. Bragg rempelte sie an, da sie so abrupt stehen geblieben war, und legte einen Arm um sie. „Herr Jesus“, stieß er aus.
Kates Ehemann lag neben dem Tisch auf dem Fußboden, eine Hälfte seines Kopfs war weggeplatzt, als habe man eine Wassermelone zerschlagen. „Oh mein Gott?“, sagte sie erschrocken und drehte sich um.
Bragg hielt sie noch einen Moment lang in seinen Armen.„Du kannst draußen bleiben“, sagte er leise. „Lass das die Polizei machen.“
„Wie ist er getötet worden?“, fragte sie, nachdem sie mit Mühe
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