Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
für witzig zu halten, da er lauthals zu lachen begann. „Ob er sie noch liebte? Das glaube ich kaum, Miss. Er hasste sie, er hasste alles an ihr, vor allem die Tatsache, dass sie eine solche Schlampe war, die ihn einfach verlassen hatte. Ständig sprach er davon, dass er den Tag nicht abwarten könne, an dem sie die Quittung dafür bekommen würde.“
Sie waren am Polizeipräsidium angekommen, saßen aber weiter in seinem Daimler. Francesca gingen unzählige Gedanken gleichzeitig durch den Kopf, und sie spürte, dass es auch inBragg arbeitete. Schließlich drehte sie sich zu ihm um. „Hältst du es für einen Selbstmord?“
„Es sieht ganz danach aus, aber in ein paar Stunden werden wir es mit Sicherheit wissen.“ Ihre Blicke trafen sich.
„Er hat sie gehasst, Bragg.“
„Ich weiß, ich habe es mitangehört.“
„Könnte Sullivan der Schlitzer gewesen sein?“
Bragg lächelte flüchtig. „Wie kommst du zu diesem Schluss?“
„Er hat Kate gehasst.“
„Und deshalb denkst du, John Sullivan war der Schlitzer?“ „Wir müssen zurück in die Wohnung und nachsehen, ob er einen Anzug im Schrank hängen hat.“
„Es gab dort keinen Schrank, und an den Wandhaken hing nirgends ein Anzug. Die wenigsten Arbeiter besitzen überhaupt einen Anzug.“
„Ja, du hast sicher Recht.“ Sie starrte mit finsterem Blick nach draußen.
Er berührte leicht ihre Hand. „Warum sollte er sie leben lassen, als er sie das erste Mal überfiel? Und warum sollte er zuerst Francis überfallen? Aus welchem Grund sollte er Margaret Cooper umbringen? Und warum sollte er erst nach alledem zu seiner Frau zurückgehen und sie dann umbringen, wenn sie diejenige war, die er so mit Leib und Seele hasste?“
„Bragg, diese Fragen stelle ich mir auch. Aber überleg einmal Folgendes: Vielleicht waren die Überfälle die Folge von Wutanfällen, aber ohne die Absicht, ein Leben zu nehmen. Dann steigerte sich seine Wut jedoch immer weiter, und er tötete Margaret Cooper. Sein kranker Verstand empfand den Mord als etwas Gutes, also begab er sich noch einmal zur eigentlichen Zielscheibe seines Zorns – zu seiner Frau.“
„Das ist eine überzeugende Theorie“, meinte Bragg. „Undjetzt hat er sich vor Trauer um seine Frau das Leben genommen?“
„Oder aus Schuldgefühlen“, sagte sie. Auf einmal erkannte sie die elegante schwarze Kutsche mit sechs Pferden, die am Ende der Straße geparkt war. Sie erschrak. „Oh nein! Ich versprach Hart, dass ich auf Raouls Rückkehr warte, ehe ich irgendwo hingehe! Im Eifer des Gefechts habe ich das völlig vergessen.“
„Dann ist Raoul jetzt dein Fahrer?“
Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, um seine Reaktion einschätzen zu können und entsprechend seiner Laune zu antworten. Doch seine Miene verriet nichts. „Ich glaube, Hart sieht in ihm mehr meinen Leibwächter als alles andere.“
„Das will ich hoffen“, erwiderte Bragg. „Raoul war einer der Rough Riders im Krieg um Kubas Unabhängigkeit. Er gehörte zu einer geheimen Einheit, und er ist ein sehr begabter Mann.“
„Hart hat davon noch nie etwas erwähnt“, sagte Francesca verblüfft.
Bragg zuckte mit den Schultern und stieg aus dem Automobil aus. Als er herumkam, um ihr die Tür aufzuhalten, erklärte er: „Du solltest diese Situation zu deinem Vorteil nutzen. Raoul könnte sich für deine verschiedenen Abenteuer als sehr nützlich erweisen.“
Sie lächelte ihm dankend zu und stieg ebenfalls aus. „Wirst du heute Abend auch bei meiner Schwester zu Gast sein?“
„Nein“, sagte er, ohne zu zögern.
„Verstehe“, murmelte sie. „Ich bin sicher, über kurz oder lang wird Leigh Anne auch wieder das Haus verlassen wollen.“
Ehe sie sich zum Eingang des Präsidiums begeben konnten, kam eine Frau die Treppe herabgestürmt. „Miss Cahill! Miss Cahill! Warten Sie bitte!“, rief sie aufgeregt.
Francesca eilte ihr ein Stück weit entgegen und fragte sich, was der Grund für Francis O’Learys Panik sein könnte. „Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte sie besorgt.
Francis hatte geweint. Noch immer liefen ihr Tränen über die Wangen, und Augen und Nase waren gerötet. „Wie könnte irgendetwas in Ordnung sein? Wenn mein Verlobter im Gefängnis sitzt und die Polizei ihn nicht freilassen will?“, schluchzte sie. „Wie kann man ihn bloß verdächtigen? Wie kann jemand nur denken, er könnte der Schlitzer sein?“ Wieder kamen ihr Tränen. „Helfen Sie mir bitte, damit er nach Hause gehen kann! Er ist
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