Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
geht es dir überhaupt?“
Er zögerte. „Würdest du Leigh Anne wirklich einen Besuch abstatten?“
„Ja, sicher. Das sagte ich ja bereits, und ich würde es wirklich gern machen.“ Sie erhob sich von ihrem Stuhl. „Sie macht sicher eine schwierige Zeit durch.“
„Eine extrem schwierige sogar. Und ich fühle mich völlig hilflos. Ich weiß einfach nicht, was ich für sie tun kann.“
„Sag ihr, du liebst sie. Sag ihr, du hast sie schon immer geliebt und du wirst sie auch immer lieben“, erwiderte Francesca ruhig.
Er machte einen verächtlichen Laut. „Das sagst du jetzt so einfach!“
„Aber es ist doch das, was du fühlst …“
„Ich weiß nicht mehr, was ich fühle, und ich bin es leid, zu entscheiden, was genau ich fühle“, sagte er lautstark.
Überrascht sah sie ihn an.
„Tut mir leid“, entschuldigte er sich sofort für seinen Ausbruch. „Das war unangemessen.“
„Ich werde sie morgen besuchen“, versprach Francescaund berührte ihn leicht.
Er brachte ein Lächeln zustande. „Danke.“
Sie nahm seine Hand und drückte sie, als ein Polizist ins Büro geeilt kam. „Commissioner, Sir! Newman schickt mich – wir haben eine Spur!“ Der Mann war völlig außer sich.
Francesca ließ Braggs Hand los. „Und?“, fragte er.
„Wir haben Sullivan gefunden. Es gibt nur ein Problem.“ Er holte tief Luft. „Er ist tot.“
15. KAPITEL
Freitag, 25. April 1902
13 Uhr
Hart ging noch einmal die Präsentation durch, mit der er sein wachsendes Monopol im Handel mit Goldbarren aus Hongkong untermauern wollte, als sein persönlicher Assistent zu ihm kam. „Sir?“ Edwards hatte einen hochroten Kopf.
Hart konnte sich den Grund dafür nicht erklären und lehnte sich gelassen in seinem Sessel nach hinten. „Führen Sie Sir Lawrence herein.“
Edwards, ein junger Mann mit blondem Haar, wurde noch eine Spur röter. „Der Botschafter ist noch nicht hier. Da ist eine Frau … eine Lady, die Sie sprechen möchte.“
Da Edwards und alle übrigen Bediensteten wussten, dass sie Francesca ohne die sonst üblichen Formalitäten zu ihm durchlassen durften, war er ein wenig irritiert. „Hat diese Lady auch einen Namen?“
„Ja, Sir.“ Edwards schnappte nach Luft. „Miss Jones.“
Hart war äußerst überrascht, und das, wo es üblicherweise äußerst schwierig war, ihn überhaupt in Erstaunen zu versetzen. Lediglich Francesca besaß die Fertigkeit, das immer wieder aufs Neue zu schaffen. Allerdings war sie auch völlig unberechenbar, was mit einer der Gründe war, warum sie ihn so faszinierte. Er hielt einen Moment lang inne. Daisy war noch nie in sein Büro gekommen, und das sollte sie auch nicht. Eine Geliebte oder auch eine ehemalige Geliebte hatte nichts in der Nähe seines Geschäfts zu suchen. Es ging ihm nicht um Moral und Anstand, auch wenn das für einen anderen Mann vielleicht gute Gründe sein mochten. Hart dagegen hatte schlicht keine Zeit, sich durch irgendwelche Anliegen aufhalten zu lassen, wenn er in seine Geschäftsangelegenheiten vertieft war.
Es war fast einen Monat her, seit er sie zum letzten Mal gesehen hatte. Er schickte ihr die versprochene finanzielle Unterstützung, und er bezahlte ihre Rechnungen. Warum sie nun plötzlich in der Bridge Street auftauchte, war ihm ein Rätsel. „Schicken Sie sie herein“, sagte er schließlich.
Daisy betrat sein Büro und sah noch immer so bezaubernd aus, wie er sie in Erinnerung hatte. Sie schien zu schweben, als könne ihr schlanker, sinnlicher Körper die Schwerkraft aufheben. Mit kühlem Blick musterte er sie so objektiv, wie er es bei jeder Frau machte, die ihm begegnete. Es gab nur eine Frau, der es gelungen war, diese Barriere auf Anhieb und völlig mühelos zu überwinden, und diese eine Frau war Francesca. Bei ihr war es ihm nie möglich, eine gewisse Distanz und Nüchternheit zu wahren, wenn es um sie, ihr Aussehen, ihr Auftreten oder ihre Angelegenheiten ging.
Daisy war unbestritten eine schöne Frau, und hätte er nicht kurz vor der Hochzeit gestanden, dann würde er sich ihrer Schönheit noch immer erfreuen. Schließlich gab es keinen Grund, das nicht zu tun. Doch jetzt war er verlobt und mit seinen Gedanken so unablässig bei seiner Zukünftigen, dass er nicht das geringste Verlangen nach anderen Frauen verspürte.
Er stand auf und ging ihr entgegen, gab ihr einen höflichen Handkuss, ohne dabei ihre Haut zu berühren. „Guten Tag, Daisy. Ich muss sagen, du hast es geschafft, mich mit deinem Besuch zu
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