Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
Zimmer beaufsichtigte.
„Es tut mir leid“, entschuldigte er sich. „Ich dachte, ich könnte nach der Beerdigung sofort heimkommen, aber es hat sich eine neue und womöglich sehr wichtige Spur ergeben, die uns zum Schlitzer führen könnte“, erklärte er, während er die Krawatte abnahm.
Sie versuchte, ihn anzulächeln, doch es wollte ihr nicht gelingen. „Ich weiß, deine Arbeit kommt an erster Stelle. Du musst dich dafür nicht entschuldigen“, erwiderte sie.
Sein Herz verkrampfte sich unwillkürlich. Sie war noch immer die schönste Frau, die er je gesehen hatte – auch jetzt, da sie in einem Rollstuhl saß und das Leuchten aus ihren smaragdgrünen Augen gewichen war. Hätte sie vor vier Jahren nicht genauso verständnisvoll sein können? Er wandte sich ab und eilte nach nebenan ins Umkleidezimmer. Der Schmerz inseiner Brust wurde noch stärker. Als sie heirateten, hatte sie für seine Arbeit keinerlei Verständnis aufbringen können. Sie hatte sich schlichtweg geweigert zu akzeptieren, wie wichtig seine Arbeit war und welche Prioritäten er setzen musste – so wie er nicht ihre Bedürfnisse hatte anerkennen wollen und es als völlig selbstverständlich ansah, dass sie seine Frau war.
Nicht zum ersten Mal verspürte er den absurden Wunsch, die Zeit zurückzudrehen und dann alles richtig zu machen, was anfangs falsch gelaufen war.
Er legte sein Jackett und die Krawatte auf einen Stuhl. Als er die Manschettenknöpfe öffnete, betrachtete er sein Spiegelbild. Es gab kein Zurück, für ihn existierten nur die Gegenwart und die Zukunft. Vor einem Monat hatte er noch die Scheidung gewollt, heute dagegen schien alles offen für ihn. Seine Gefühle waren nie chaotischer gewesen als in diesem Moment. Er wollte, dass die beiden Mädchen glücklich waren und nie aus seinem Leben gingen. Und er wollte Leigh Anne jeden Schmerz und jede Qual ersparen. Wenn es ihm bloß gelingen würde, sie zu trösten. Doch ein Blick genügte, und er wusste, wie unglücklich sie war. Wie sollte er es schaffen, dass sie wieder glücklich war, wenn sie ihm nicht einmal die Chance gab, es zu versuchen?
Wenn er es gekonnt hätte, dann hätte er alles zum Guten gewendet, ihre Ehe eingeschlossen. Doch er wusste ja nicht einmal, wo er anfangen sollte!
Im Geiste sah er Leigh Anne im Ballkleid, sah, wie sie tanzten und sie dabei in seinen Armen lag. Leigh Anne auf dem Bett der Mädchen, wie sie ihnen ein Märchen vorlas, zu jeder Seite eines der Kinder. Leigh Anne in seinem Bett, wie sie vor Lust stöhnte und ihn sehnsüchtig in sich aufnahm.
Er warf sein Hemd zur Seite und merkte, dass die schönen Erinnerungen ihn nur unnötig erregt hatten. Seit dem tragischen Unfall hatte sich nichts geändert. Sie schien jegliches Interessean körperlicher Liebe verloren zu haben, während die bis dahin das Einzige gewesen war, was sie beide verbunden hatte. Er klammerte sich am Rand des Frisiertischs fest und fragte sich, ob er es überhaupt noch wagen würde, sie zu lieben. Er wusste, er konnte ihr solche Lust bereiten, und es kam ihm so vor, als sei das sogar die einzige Möglichkeit, um überhaupt noch zu ihr durchzudringen.
Doch er war ein Feigling, der keine verführerische Geste zu machen wagte.
„Rick, ich weiß, du hattest einen anstrengenden Tag, aber … oh, entschuldige“, sagte Leigh Anne und wurde rot. Sie war ihm ins Umkleidezimmer nachgekommen und hatte jetzt den Blick verschämt auf ihren Schoß gerichtet.
Er wandte sich vom Spiegel ab und sah sie an. Ihre Reaktion auf seinen nackten Oberkörper irritierte ihn. „Was gibt es?“
Den Blick weiter gesenkt, schüttelte sie den Kopf, als könne sie nicht reden. Gleichzeitig versuchte sie, den Rollstuhl zu wenden, um aus dem kleinen Umkleidezimmer zu fahren. „Es ist nichts“, fügte sie an und fuhr im nächsten Moment mit dem Stuhl gegen die Wand.
Rick packte die Handgriffe. „Lass mich dir helfen“, sagte er und sah sie weiter an.
Ihm fiel auf, dass sie die Augen geschlossen hielt und ihre Wangen immer noch gerötet waren.
Ohne nachzudenken legte er eine Hand auf ihre Schulter, woraufhin Leigh Anne zusammenzuckte, als habe er sie verbrüht. „Lass mich dir einfach nur helfen“, wiederholte er, sich durchaus darüber im Klaren, dass es seine Nacktheit war, die sie aus irgendeinem Grund verstörte. Mit finsterer Miene schob er sie zurück ins Schlafzimmer.
„Danke“, erwiderte sie kaum hörbar.
Er ging um sie herum, um sie anzusehen, und atmete tiefdurch in der
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