Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
nur gegeben, um ihr Einkommen aufzubessern? Schließlich taten das die meisten Väter für ihre Kinder.
Auf der anderen Seite hätte Daisy ihn in große Verlegenheit bringen können. Dass er geleugnet hatte, von ihr zu wissen, bewies das zur Genüge. War die Verlegenheit groß genug gewesen, um sie zu ermorden?
Das war eine gewagte Schlussfolgerung, doch Francesca spürte, dass sie dicht an der Lösung des Falls war. Sie musste herausfinden, warum Daisy von zu Hause fortgelaufen war. Das war das fehlende Puzzlestück.
Am besten zog sie Bragg zu Rate. Vielleicht konnten sie gemeinsam einen Plan ausarbeiten, wie der Richter unter Druck zu setzen war. Und natürlich musste sich die Polizei mit der Bank in Albany in Verbindung setzen. Außerdem brannte sie darauf zu erfahren, was es mit dem Messer auf sich hatte, das man gestern bei Hart gefunden hatte. Die Untersuchung sollte inzwischen abgeschlossen sein. Sie ging in Richtung Straße und hob den Arm, um Raoul, der ein Stück weiter weg geparkt hatte, ein Zeichen zu geben, dass sie zur Abfahrt bereit war.
Während ihr Blick noch immer auf die Kutsche und ihren Fahrer gerichtet war, nahm Francesca aus dem Augenwinkel eine behandschuhte Hand wahr, die etwas Dunkles hielt und sich hob. Doch es war zu spät. Schmerz schoss ihr durch den Hinterkopf und zugleich die Erkenntnis, dass sie überfallen worden war. Danach herrschte nur noch Dunkelheit um sie herum.
17. KAPITEL
Donnerstag, 5. Juni 1902
18.00 Uhr
Francesca lag im Haus ihrer Schwester auf dem Sofa, und Rourke fühlte bereits zum dritten Mal ihren Puls. Unter ihren schmerzhaft pochenden Hinterkopf hatte er ihr einen Eisbeutel geschoben. Kaum hatte man sie niedergeschlagen, war ihr Raoul zu Hilfe geeilt, der den Angreifer noch fortlaufen sah. Doch statt ihn zu verfolgen, hatte er ihr in die Kutsche geholfen. Unglücklicherweise war der Schlag so heftig gewesen, dass sie für einen Moment das Bewusstsein verloren hatte und ihren Angreifer daher nicht identifizieren konnte. Doch innerhalb weniger Augenblicke hatte sie sich so weit erholt, dass Raoul ihr alles erzählen musste, was er gesehen hatte, und sie die nähere Umgebung absuchte, wo sie einen verbeulten silbernen Rasierbecher fand. Offenbar war das die Waffe, mit der sie niedergeschlagen worden war.
„Was machen deine Kopfschmerzen?“, fragte Rourke mit einem besorgten Lächeln, während sich Connie über sie beugte.
„Nicht mehr so schlimm wie vorher“, sagte sie. „Es geht mir gut, Con. Es war nur ein Schlag mit einem kleinen Becher. Kannst du Bragg benachrichtigen? Ich muss unbedingt mit ihm sprechen.“
„Es geht dir nicht gut!“, rief Connie, die bleich wie eine Alabaster-Statue war. „Rourke, sollte sie sich jetzt weiter mit diesem Fall beschäftigen?“
„Auf keinen Fall“, stimmte Rourke ihr entschieden zu. Er schloss seine schwarze Tasche, doch bevor er aufstehen konnte, griff Francesca nach seiner Hand.
„Ich muss mit Rick sprechen. Es ist dringend – und kannnicht war ten.“
„Francesca“, sagte er beruhigend und setzte sich wieder an ihre Seite. „Wenn du recht hast und mit diesem Rasierbecher niedergeschlagen wurdest, dann ist das sehr ernst. Du hast eine Schwellung an deinem Hinterkopf und könntest eine leichte Gehirnerschütterung haben. Sei froh, dass der Becher keinen Schnitt verursacht hat, der genäht werden müsste. Du solltest ruhen, doch du musst die nächsten zwölf Stunden wach bleiben.“ Er blickte zu Connie. „Jemand sollte heute Nacht bei ihr bleiben. Ich möchte nicht, dass sie einschläft. Sie darf viel trinken, aber nur etwas Leichtes essen – vielleicht etwas Toast mit Marmelade.“
„Neil und ich werden uns abwechseln“, sagte sie.
Aber Francesca hatte nicht die Absicht aufzugeben. „Raoul hat einen Blick auf meinen Angreifer erhascht. Er muss Bragg sagen, was er gesehen hat. Er glaubt, dass der Angreifer ein sehr schlanker Mann oder vielleicht sogar eine Frau war. Auf jeden Fall trug er oder sie einen weiten Mantel und einen Filzhut – und das im Juni!“ Sie fragte sich, ob Gillespie sie angegriffen hatte. Von der Figur her könnte das passen. Und immerhin hatte sie herausbekommen, dass er seiner Tochter das Geld gegeben hatte.
„Ich werde morgen Früh wiederkommen“, sagte Rourke und tätschelte Francescas Arm. „Francesca, es ist jetzt sechs Uhr. Du wirst die Identität deines geheimnisvollen Angreifers heute Abend nicht mehr lüften. Was auch immer du tun musst, kann morgen Früh
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