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Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Titel: Es wird schon nicht das Ende der Welt sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Lewis
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erklärte ihr, dass es in der Wüste einige wilde Pferde gab. Im Laufe der Jahre waren sie von den Farmen weggelaufen und nun zogen sie frei herum. Ich sagte ihr, dass die eine ziemliche Plage waren und dass wir sie hassten – wenn wir konnten, schossen wir sie ab. Das kapierte sie nicht, deshalb musste ich ihr erklären, wie die sich während des Viehtriebs unter die Rinder mischten und die Zäune kaputt machten und so Sachen. Aber sie hatte zu viel damit zu tun, auf die Straße zu gucken, sie hörte nicht richtig zu.
    Schließlich, nachdem wir fast eine Stunde durch die Wüste geschlichen waren, kamen wir zwischen den Bäumen und Büschen raus in offeneres Gelände. Vor uns lag Simpson’s Dam – so eine Art großes Loch in der Wüste, das eigentlich voller Wasser hätte sein sollen. War es aber nicht, wegen der Dürre. Man konnte an einer Flutlinie um den See herum sehen, wie hoch das Wasser normalerweise stand, jetzt stand es allerdings wesentlich tiefer. So sah das aus, glaub ich, wenn ein Teich austrocknete und zu einer Pfütze wurde, nur größer.
    Wie ein grauer Zahn ragte Arthurs Stein neben dem Simpson’s Dam aus dem Boden. Ich zeigte darauf und sagte der Pommie, sie solle da runterfahren. Sie hielt neben dem Stein an und sprang raus, damit sie ihn sich genau anschauen konnte. Mit der Hand strich sie drüber, wie wenn sie Buzz streichelte. Ich erzählte ihr, dass mein Großvater Timber Creek nach Arthurs Tod gekauft hatte. Dad meinte, damals war das noch eine ziemlich wilde Gegend gewesen. Nicht lange vor Arthurs Tod war ein Haufen weißer Typen in die Wüste gekommen, um sämtliche Blackfellas abzuknallen. Ich glaub, das hatte irgendwie damit zu tun, dass ein Blackfella einen Gin-Jockey getötet hatte.
    Die Pommie wusste nicht, was ein Gin-Jockey war. Es war irgendwie peinlich, ihr das zu erklären. Gin-Jockey nannten wir Weiße, die schwarze Frauen vögelten. Die Pommie machte ganz große Augen und sagte, sie würde nicht verstehen, wo das Problem war. Ich glaub, sie kapierte gar nichts. Ich erklärte ihr, wie schlimm das war, ein Gin-Jockey zu sein – irgendwie eklig. Sie schüttelte den Kopf und sagte, sie finde, das Wort Gin-Jockey sei schlimm und eklig. Ich nickte. Ich dachte, sie hätte verstanden, was ich meinte, aber da irrte ich mich. Sie sagte, es spiele keine Rolle, ob man schwarz war oder weiß, Leute konnten zusammen sein, mit wem sie wollten. Ich sagte ihr, sie hätte es nicht begriffen. Sie sagte: »Wenn du Mick und Gil Smith magst, warum kannst du dann nicht auch eine schwarze Frau mögen?« Ich zuckte mit den Schultern. Mick war nun mal Dads Kumpel, mit denen war das also was anderes.
    Egal, ich machte mit meiner Geschichte weiter und erzählte ihr davon, wie Arthur Simpon nicht hatte mitmachen wollen, als die weißen Typen in die Wüste rausgefahren waren, um die Blackfellas zu töten. Deswegen hatte er es ziemlich schwer gehabt. Die Pommie sagte, wie es sich anhörte, sei er ein netter Mann gewesen. Sie wollte mehr wissen, aber ich wusste nicht mehr darüber. Sie war echt interessiert, ich sagte also, sie solle Dad fragen.
    Wir machten einen kleinen Spaziergang um Simpson’s Dam herum. Die Pommie stellte noch mehr Fragen über meine Familie, so Sachen wie, wie alt Dad gewesen war, als der die Station von Großvater übernommen hatte und ob ich sie eines Tages übernehmen würde. Ich sagte, ich glaube schon, dass ich das tun würde. Und da hat sie gefragt, was passiert wäre, wenn Jonny noch leben würde. Ich zuckte die Achseln und sagte, das wisse ich nicht. Wahrscheinlich hätte er übernommen, aber ich vermute, wir hätten die Station zusammen geführt. Es gab genug Arbeit für zwei, locker.
    Als wir zu einem aufgedunsenen Kadaver am Ufer kamen, voller Fliegen und stinkend, keuchte die Pommie, als ob sie eine Menschenleiche gefunden hätte. Sie wollte wissen, was passiert war. Ich zuckte die Achseln, Vieh starb nun mal, genau wie Leute. Viel Regen hatten wir nicht gehabt, vielleicht war diese Kuh also völlig dehydriert gewesen. Sie machte ein Foto von dem Kadaver und wir gingen weiter. Und da hat sie mich dann nach dem Viehtrieb gefragt. Sie wusste nicht mal, was ein Viehtrieb war, ich musste also ganz vorn anfangen. Wenn man Viehzüchter war, sagte ich, war das einfach das Beste – und das gab es nur ein Mal im Jahr. Dann trieben wir das ganze Vieh an sämtlichen Wasserstellen der Station zusammen, kastrierten einige der Rinder, gaben ihnen Brandzeichen und entschieden,

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