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Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Titel: Es wird schon nicht das Ende der Welt sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Lewis
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ihm eine Flasche Kälbermilch anrühren, und dann fragte ich Liz, ob sie dem neuen Kalb einen Namen geben wollte – nur um Emily zu ärgern. Die hatte sich nämlich bestimmt schon einen Namen überlegt, irgendwas Blödes wie Adrian wahrscheinlich. Ich erwartete nicht, dass die Pommie auf was Besseres kam, aber sie sagte, wir sollten es Dingo nennen. Für eine Pommie war der Name ganz in Ordnung, fand ich.
    Bobbie lachte, als ich ihr erzählte, dass es Dingo hieß. Sie sagte, das arme Ding würde seine Vergangenheit nie vergessen können. Aber mir gefiel’s, weil das Kalb den Dingo-Angriff überlebt hatte – so gerade eben. Emily kam mit der Milch, und Dingo lag nur so im Dreck, sein hohler brauner Körper hob und senkte sich beim Atmen.
    Ich zeigte Liz, wie man einem Kalb das Saugen beibringt. Ich tropfte ein bisschen Milch auf meine Finger und steckte sie ihm ins Maul. Ich hätte nicht gedacht, dass sie es tun wollte, aber sie versuchte es mal. Als ihre Finger dann im Maul steckten, sagte ich ihr, sobald es daran saugte, müsse sie die Finger gegen die Flasche eintauschen. Beim ersten Mal passierte gar nichts. Ich dachte, es wäre vielleicht schon zu weit hinüber und interessierte sich nicht mehr für Milch. Sie versuchte es noch einmal, ihre Finger waren klebrig von Kälberspucke und Milch. Dingo lag einfach da mit leicht geöffnetem Maul. Ich sagte der Pommie, sie solle ein bisschen mit den Fingern wackeln, nur so als Erinnerung, dass sie da waren. Und sie sagte immer wieder: »Komm schon, Dingo«, als ob ihn das lebendig machen würde. Sie versuchte es ein drittes Mal – und ich wusste, dass er den Bogen raushatte, als sie aufkreischte. Sie zwicken ein wenig, wenn sie sich festsaugen. Die Pommie sagte, es fühle sich an, als würde er sie beißen, deshalb schob ich Dingo schnell die Flasche ins Maul. Und er trank.
    Ich sagte Liz, sie solle ihm in der Ecke vom Pferch einen schattigen Platz zurechtmachen. Wir mussten ihn eine Weile allein lassen, damit er sich ausruhte. Ich half ihr, ein paar Stücke Wellblech aus einer der Scheunen zu holen, ehe ich mit Buzz loszog.
    Die Pommie und Emily wollten bei Dingo bleiben, Buzz und ich waren also für uns, ganz wie es uns am besten gefiel. Keine Weiber. Es war ganz schön heiß, deshalb liefen wir nicht allzu weit zusammen. Ich hatte keine Lust auf einen Asthmaanfall, wir drosselten also die Geschwindigkeit, verfielen erst in einen Trab und dann in Schritttempo. Buzz war echt gut, er passte sich meiner Geschwindigkeit an. Als wir an einen schönen kleinen Flecken bei einem alten, toten Baum kamen, beschloss ich, mich in den Sand zu setzen. Buzz war nur einen Meter von mir entfernt, gerade eben außer Reichweite, und er kaute.
    Ich spielte ein bisschen mit dem Sand rum und spürte, wie er mir unter die Fingernägel kroch, dabei dachte ich an den Viehtrieb und daran, wie ich Dad und die anderen Jungs beeindrucken würde. Mir fiel wieder ein, wie es sich angefühlt hatte, als wir Sand in die Hand nehmen und auf Jonnys Sarg werfen mussten. Dann schaute ich auf zum Himmel und fragte mich, ob er mich wohl sehen konnte. Ich sagte ihm, er solle sich keine Sorgen wegen uns machen. Ich würde dafür sorgen, dass der Viehtrieb der beste aller Zeiten werden würde. Und da faltete Buzz sich dann zusammen und legte sich zu mir in den Sand. Er saß an meiner Seite. Und kaute. Ich war so glücklich, ich wünschte, die Pommie wäre da gewesen mit ihrem Fotoapparat, nur damit noch jemand anders von mir und Buzz wusste. Hoch über uns hockte eine Krähe auf einem nackten Ast des toten Baumes. Ich schaute zu ihr hoch und hoffte, dass Jonny mich sah, als ich Buzz die Arme um den Hals schlang und seinen Geruch einatmete. Er stupste mich zwei Mal mit dem Kopf an, beim zweiten Mal tat es echt weh, doch das machte nichts. Ich stand auf und rief: »Komm, Buzz, hier entlang!«, dabei rannte ich mit ihm an meiner Seite weiter hinaus in die Wüste. Es wurde Zeit, ernsthaft mit dem Training anzufangen, fand ich.
    Keine Ahnung, wie es ist, ein Flugzeug zu landen, oder wie es sich anfühlt, wenn man mit Haien taucht, wahrscheinlich ist es aber ein bisschen so wie das Gefühl, das man hat, wenn man einem Kamel was Neues beibringt. Könnte ich mir jedenfalls vorstellen.
    Es fühlte sich gut an, mit Buzz draußen in der offenen Wüste zu sein. Wenn ich mit ihm rannte, war es so, als wäre mein Asthma ein schlechter Traum gewesen, aus dem ich gerade aufgewacht war. Ich konnte ewig weiterrennen. Wie

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