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Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Titel: Es wird schon nicht das Ende der Welt sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Lewis
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Stuhl und sagte mir, ich solle mich setzen. Seine gefalteten Hände ruhten vor ihm auf dem Tisch. Wahrscheinlich hielt er sie so, damit sie sich nicht selbstständig machen und mir eine runterhauen konnten. Ich glaub, er war ziemlich wütend. Er sprach mit so einer echt leisen Stimme, als ob er sich total zusammenreißen musste, um nicht zu brüllen. Er sagte, ich würde erbärmlich dreckig aussehen, und wenn er mit mir fertig war, würde ich duschen müssen. Er sagte, wenn ich mir ab sofort in der Schule irgendeinen Fehltritt erlaubte, würde Bobbie mich tausend Zeilen schreiben lassen. Das wäre noch nicht alles, das wusste ich, er machte sich nur warm für das, was er wirklich sagen wollte.
    Dad guckte mich echt scharf an und sagte, Mum sei die ganze Nacht wach gewesen und habe sich Sorgen um mich gemacht. Ich sah die Wut in seinen Augen. Er schaute wieder auf den Tisch, als ob er da eine Liste liegen hätte, auf der die Sachen standen, die er loswerden wollte. Nach ein, zwei Sekunden sagte er, ich hätte die Station Geld gekostet. Er hatte Elliot und Lloyd aus dem Camp zurückgeholt, damit sie bei der Suche nach mir halfen. Und weil sie die ganze Nacht auf gewesen waren, müsste er ihnen jetzt den Tag frei geben, damit sie sich ausruhen konnten. Er meinte, Reg und seine Leute müssten deshalb mehr arbeiten, was mehr Geld kosten würde. »Du hast Glück, dass kein Vieh leiden musste wegen dieser Sache«, sagte er.
    Dad sagte, ich dürfe nicht beim Viehauftrieb mithelfen, bis ich so viele Extraaufgaben erledigt hatte, dass jede Stunde Sorge abgearbeitet war, die ich Mum bereitet hatte. »Nach meiner Rechnung sind das etwa zwölf Stunden, Daniel«, sagte er. Ich holte tief Luft und sagte: »Okay.« Dann wartete ich darauf, dass er was über Sissy und Gil sagte, doch das tat er nicht. Er meinte, ich könne von Glück sagen, dass er mich nicht mit nach draußen nahm und mich verprügelte. Das war’s. Er stand auf, setzte den Hut auf und ging raus. Ich glaub, ich war froh, dass er mich nicht verhauen hatte, aber ich denke, ich hätte mich besser gefühlt, wenn er es getan hätte.
    Den Rest des Tages versuchte ich, mich ruhig zu verhalten, mich unsichtbar zu machen, damit niemand so richtig merkte, dass ich da war. Ich duschte, und ich war so müde, dass mir die Augen immer wieder zufielen. Überall war es still. Die Jungs schliefen draußen im Wohnwagen und Mum ruhte drinnen. Bobbie sagte, Schule wäre heute nicht, weil alle die ganze Nacht auf gewesen waren. Sie sah müde aus. Wie ein fauler Waran schaukelte sie in ihrer Hängematte, und sie guckte, als wollte sie sagen: Sprich mich nicht an . Die Pommie ging wie immer ans Saubermachen und so. Emily nervte echt, sie war nicht müde. Sie hatte die ganze Nacht geschlafen und wusste nicht, was los war, deshalb stellte sie all diese Fragen, die auf meinen Schädel prasselten wie Käfer, die an ein geschlossenes Fenster fliegen. Ich wollte wissen, was mit Sissy passiert war. Ich sah sie den ganzen Morgen nicht, aber da war keiner, den ich fragen konnte.
    Beim Mittagessen war Mum dann raus aus ihrem Nachthemd und hatte ein Hemd und Hosen angezogen, alles war also wieder normal – abgesehen von Sissy. Sie watschelte aus ihrem Zimmer und setzte sich vorsichtig, so als ob sie jemand verhauen hätte. Ihr Bauchnabel pikte durch ihr T-Shirt wie ein komischer Daumen. Als ich sie ansah, warf sie mir so einen Blick zu, als würde sie mich echt hassen. Wohl weil ich sie und Gil verpetzt hatte. Ich glaub, wäre dieser dicke Bauch nicht gewesen, sie wäre um den Tisch herumgekommen und hätte mich erwürgt oder so. Ich konnte sie nicht anschauen. Elliot und Lloyd sagten, sie würden wieder an die Arbeit gehen, und obwohl Mum sagte, das müssten sie nicht, sagten sie, sie würden es trotzdem tun.
    Alle standen vom Tisch auf, nur ich und Mum nicht. Bobbie und Emily fuhren mit den Jungs nach Jaben Point und Sissy verschwand wieder in ihrem Zimmer. Vermutlich würde sie nie wieder mit mir reden. Ich wartete darauf zu hören, was meine Aufgaben waren, und fing an zu überlegen, was wohl Sissys Strafe sein mochte. Sie war nicht am Tisch sitzen geblieben, um sich anzuhören, was sie machen sollte. Mum schien wieder glücklich zu sein, also fragte ich sie, was Dad über Sissy und Gil gesagt hatte. Sie guckte mich an und fragte, was ich damit meinte. Also sagte ich: wegen des Babys . Sie kniff die Augen zusammen und ihr Mund klappte auf.
    Mum beugte sich vor und packte mich am Arm –

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