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Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Titel: Es wird schon nicht das Ende der Welt sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Lewis
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verstanden? Lebenslänglich. Und was zum Teufel haben wir dann von dir? Du weißt, wie das ist. Heutzutage sind die Gesetze anders – die hören auf die Blackfellas. Du krümmst ihm ein Haar und die buchten dich ein und schmeißen den Schlüssel weg.«
    Ich erinnere mich nicht, es getan zu haben, aber als Dad Mum geschubst hatte, musste ich die Tür zu meinem Zimmer aufgemacht haben, als Dad sein Gewehr auf den Fußboden warf, stand ich nämlich im Esszimmer. Er brüllte irgendwie – keine Worte, die irgendwie wiederzuerkennen gewesen wären, eher so ein echt lautes Stöhnen. Dann drängelte er sich an Mum vorbei, damit er aus dem Haus konnte. Mum rannte hinter ihm her. Ich konnte sie rufen hören: »Derek! Derek! Komm zurück. Bitte. Wir müssen reden …« Der Motor vom Pick-up startete, und ich hörte die Reifen quietschen, als er vom Hof raste. Ich lief rüber zur Tür und sah, wie Mum versuchte, hinter ihm herzurennen, aber irgendwie rutschte sie aus und blieb in Dads Staubwolke auf dem Boden liegen.
    Ich stürzte raus, um ihr zu helfen. Sie war so was wie ein zusammengeknülltes Stück schmutziges Papier, wie was, was man auf der Müllkippe fand. Sie weinte auch. Schluchzte. Ein bisschen so wie bei Jonnys Beerdigung. Ich fragte sie, ob sie okay war, doch sie antwortete nicht. Sie stand einfach auf und ging langsam zurück ins Haus. Sissy war noch immer am Esszimmertisch. Als ob sie es nicht wagen würde, sich von der Stelle zu rühren. Sie starrte vor sich hin, und obwohl sie keinen Laut von sich gab, liefen ihr Tränen die Backen runter. Mum setzte sich neben sie. Ich blieb eine Weile da stehen, wusste aber nicht, was ich machen sollte, also ging ich wieder in mein Zimmer.
    Ich setzte mich auf mein Bett und wünschte, ich wäre irgendwo mit Jonny, nur wir beide und die Sterne, weit weg von Timber Creek und Sissys Bauch. Ich nahm sein Rinderlogbuch, eine Handvoll Soldaten und sein liebstes Matchboxauto, einen Toyota, total abgegriffen und verbleicht. Auf dem Rücken rutschte ich in die Dunkelheit unter Jonnys Bett und drückte seine Sachen fest an meine Brust.

21
    ALS ICH DIE AUGEN AUFMACHTE, war es dunkel. Das Haus war still, abgesehen vom Surren der Klimaanlage und hin und wieder einem Knarren. Ich hatte vergessen, wo ich war, also stieß ich mir den Kopf an der Unterseite von Jonnys Bett, als ich mich aufsetzen wollte. Ich jaulte auf, halb vor Schmerz, halb vor Verwirrung. Als mir dann wieder einfiel, wo ich war, schwenkte ich die Beine zur Seite und schlängelte mich unter dem Bett raus.
    Die Schritte, die ich in meinem Traum gehört hatte, waren real gewesen, es waren Dads. Ich machte die Tür von meinem Zimmer ein Stück weit auf und sah ihn und Mum am Esszimmertisch sitzen. Er musste sich beruhigt haben und wieder nach Hause gekommen sein.
    Ich beobachtete, wie Dad sich das Gesicht rieb und den Kopf schüttelte. Ob er umgekehrt war, ehe er zu den Smiths gekommen war, oder ob er sie nur nicht finden konnte, wusste ich nicht. Mum redete, so ganz leise, und sie sah traurig aus. Ich konnte nicht alles verstehen, was sie sagte, aber es musste um Sissy und Gil gehen. Ich fühlte, wie sich mein Magen zusammenzog, als mir klar wurde, dass sie ein bisschen so aussahen wie damals, als Jonny seinen Unfall gehabt hatte. Eine Weile später sagte Dad dann laut Gil Smith , als ob er ein neues Wort zu lernen versuchte. Mum seufzte. Dad saß einfach nur da – mit offenem Mund. Und da sagte Mum dann: »Die Leute werden reden.« Dad sagte: »Gil Smith?« Mum nickte und sagte, das käme hin. »Das Timing stimmt.« Dad schüttelte den Kopf. Mum glaubte, die Leute würden tratschen. Dad starrte vor sich hin. Mum fand, sie müssten es den Leuten erzählen – sie sagte, die Buschtrommeln würden Überstunden machen, wenn es rauskam. Dad antwortete nicht. Sie saßen beide nur da und guckten einander nicht an.
    Nach ein oder zwei Minuten sagte Dad: »Ich kann dieses wilde Baby nicht unter meinem Dach haben, Sue. Kann ich nicht. Es muss weg.« Mum sagte, wir könnten es ja vielleicht geheim halten. Sie meinte, es müsste ja niemand wissen, dass es ein Gin war. Gil war schließlich blond und hatte hellere Haut als die meisten Blackfellas, das Baby könnte also weiß sein. Aber Dad schüttelte den Kopf. Er meinte, es spiele keine Rolle, welche Farbe das Baby habe, wahrscheinlich wären Mum und er sowieso die Letzten, die die Wahrheit erfuhren, und ihn würde es nicht überraschen, wenn der Rest des Territorys schon gehört

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