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Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Titel: Es wird schon nicht das Ende der Welt sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Lewis
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nicht viel zu mustern geben würde. Dann kam Elliots Stimme durchs Funkgerät. Reg meldete sich. Elliot meinte, sie bräuchten Dad drüben am Gum Tree. Er sollte ihnen sagen, was sie machen sollten. Elliot sagte, da lägen genauso viele tote Rinder, wenn nicht noch mehr. Reg fluchte, als er das hörte. Elliot sagte, die Crofts meinten, vielleicht ginge es schneller, eine Grube in der Wüste auszuheben – so weit weg vom See wie möglich – und sie da zu begraben, statt sie zu verbrennen. Reg holte tief Luft und sagte Elliot, er und Dad würden sofort nach Gum Tree rüberfahren.
    Ich hatte das Gefühl, die Augen platzen mir aus dem Kopf. Ich schaute auf und sah, wie die Pommie mich anstarrte, und ich merkte, sie hatte begriffen, wie ernst die Sache war. Sie sah so verängstigt aus, wie ich mich fühlte. Ich hoffte nur, dass niemand es mir ansehen würde. Lloyd, Reg und ich gingen rüber zum Feuer, um mit Dad zu reden. Als Dad hörte, was Reg zu sagen hatte, ließ er den Kopf hängen und guckte eine Weile auf den Boden. Ich fragte mich, ob er wohl zu dem Schluss kommen würde, dass alles keinen Sinn hatte. Aber dann sagte er: »Okay, gut, ist wohl das Beste, wir fahren rüber.« Ich sah, dass sein Gesicht härter geworden war. Sein Kinn reckte sich irgendwie nach vorn, wie wenn er wütend war. Ich glaub, er hatte nicht aufgegeben. Er sah mich an und sagte, er verlasse sich darauf, dass ich auf das Feuer aufpasste … »Lass es nicht aus den Augen, hörst du?«, sagte er. Ich nickte. Er sagte Lloyd, er solle so schnell er konnte fertig werden mit dem Ranholen der Kadaver, es höre sich nämlich so an, als ob der Schaufellader am Gum Tree Dam gebraucht werde. Dann stiegen er und Reg in einen Bullenfänger und rasten in die Wüste hinaus.
    Ich war froh, dass Dad mir die Verantwortung für das Feuer übertragen hatte. Das war ein total wichtiger Job. Unter gar keinen Umständen würde ich den vermasseln. Ich drehte immer wieder meine Runde und achtete darauf, dass nicht ein einziger Funken oder ein bisschen heiße Asche davonkamen. Ich sorgte dafür, dass jeder Huf und jedes Horn, jeder Schwanz, jedes Ohr und Auge, alles, verbrannte. Nichts, nicht mal die kleinste Spur der Dürre, sollte noch übrig bleiben.
    Lloyd ließ die letzte Ladung Kadaver auf das Feuer fallen, sprang vom Schaufellader und sagte mir, er würde nach Gum Tree fahren. Ich nickte. Er guckte mich an und fragte, ob ich das auch allein schaffen würde mit dem Feuer. Ich nickte wieder. Ich wusste, was ich tat. Ich sagte ihm, es sei heiß, aber das sei auch schon alles. Er boxte mich ein bisschen auf die Schulter und sagte, ich sei ein guter Junge.
    Er fuhr weg, und ich hörte, wie das Geräusch vom Schaufellader immer leiser wurde, bis ich gar nichts mehr hören konnte, nur noch das Knacken und Zischen der Kadaver im Feuer. Als ich mir den Haufen rauchender Beine und stinkender Körper anschaute und den grässlichen süßen Geruch von brennendem Fell einatmete, dachte ich an Mum und fragte mich, wo sie wohl jetzt war.

26
    ICH SCHAUTE ZUM HIMMEL HOCH und bekam die Sonne ins Gesicht, die noch mehr in meinen Augen brannte als der Rauch. Ich hoffte, Jonny hatte aufgepasst und da oben mit jemandem geredet, damit wir Regen kriegten – dass er im Himmel war, hieß ja noch längst nicht, dass er nicht helfen konnte.
    Liz kam und nahm die zweite Schaufel. Ich lächelte sie irgendwie an. Für eine Vegetarierin war sie ganz schön nützlich. Wir beide sagten nicht viel. Wir behielten nur das Feuer im Auge und versuchten, nicht daran zu denken, was da brannte. Es war schon fast dunkel, als Bobbies Pick-up wieder an der Wasserstelle ankam. Sie hatte uns Abendessen mitgebracht. Emily war bei ihr. Aber sie wollte nicht aussteigen. Ich glaub, sie hatte zu viel Angst nach dem, was sie am Morgen gesehen hatte. Bobbie sagte, Mum habe angerufen, sie war gut in Alice angekommen. Die Pommie fragte, wie es Sissy ging, und Bobbie erzählte ihr, dass eigentlich nicht viel passiert war – noch nicht.
    Ich fragte, ob Mum nach Hause kam. Ehrlich, wenn Sissy das Baby nicht kriegte, sollte sie einfach nach Haus kommen. Bobbie sagte, sie habe Mum nicht erzählt, wie schlimm es auf der Station sei – sie sah keinen Sinn darin, ihr Sorgen zu machen. Das kapierte ich nicht – wenn Mum es gewusst hätte, wäre sie ganz bestimmt nach Hause gekommen. Das sagte ich zu Bobbie. Und sie sagte: »Genau – Sissy braucht sie da.« Als ob das alles erklären würde. Sie stellte das

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